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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Mord an Hajo Peters ist nur der Endpunkt aller Morde. Das Neue an unserer Erkenntnis ist: i n diesem Fall muss es einen Fälscher geben, und zwar einen, der in der Lage ist, einen Storm-Roman zu fälschen. Spielen wir den Fall einfach mal unter diesem Gesichtspunkt durch. Also, Hajo Peters ermordet Edda Herbst in ihrem Haus. Eddas Fingerabdrücke finden sich auf dem Storm-Manuskript. Das spricht dafür, dass es in ihrem Besitz war und dass Peters es ihr geraubt hat. Wir wissen jetzt, das Manuskript ist gefälscht. Woher diese Fälschung kommt, bleibt eine offene Frage. Also weiter. Kargel entdeckt beim Erstellen des Gutachtens die Fälschung und wird ermordet, entweder vom Fälscher persönlich oder von jemandem, der um die Fälschung weiß. Dann wird Poth ermordet. Er hat das Original für die Zeitung aufbereitet. Bei der Abschrift überträgt er den Fehler. Als wir das Original bei ihm sicherstellen, ist dieser Fehler auf magische Weise verschwunden.«
    »Bleibt die Tatsache, dass Kargel und Poth mit Peters Waffe ermordet wurden«, wirft Stephan Mielke ein. »Wir haben die gesamte Kundenliste aus seinem Videoladen abgearbeitet. Einige haben geschworen, dass Peters ihnen die Waffe mal gezeigt hat. Sie soll immer in einer Schublade des Verkaufstresens gelegen haben.«
    »Vielleicht wusste Peters von der Fälschung!«, sagt Silvia Haman.
    »Ich glaube nicht, dass er zu einer fachgerechten Beurteilung in der Lage war«, antwortet Swensen.
    »Schnödes Vorurteil!«, erwidert Silvia Haman.
    »Oder gesunder Menschenverstand«, entgegnet Swensen.
    »Und mit welchem Motiv wurde Peters am Ende ermordet?«
    Silvia Haman sieht Swensen fragend an. Er steht stumm da, man sieht wie das Räderwerk in seinem Hirn arbeitet. Doch es läuft leer.
    »Du hast kein Motiv, mein Lieber!«, sagt Silvia Haman triumphierend.
    »Stimmt«, gibt Swensen nach einer Pause zu. »Aber ich bin fest davon überzeugt, dass alles irgendwie zusammenhängt. Wir sollten uns zuerst verstärkt um den Fälscher kümmern. Kannst du dich schlau machen, Stephan? Wieviel richtig gute Fälscher hat es in den letzten Jahrzehnten in Deutschland gegeben und wie viele kommen davon aus Schleswig-Holstein? Bei der Fälschung geht es immerhin um Theodor Storm. Welcher Bayer würde schon Storm fälschen.«
     
    * * *
     
    Swensen rangiert seinen Polo rückwärts in die Parklücke. Wenige Meter hinter dem Parkplatz zieht sich eine massive Ziegelmauer, deren oberes Ende mit Stacheldrahtrollen gesichert ist, zu beiden Seiten der Straße entlang. Einen Steinwurf nach rechts liegt das Eingangsgebäude der Justizvollzugsanstalt Kiel. Schon der Anblick reicht und Swensen wird es flau im Magen. Genau genommen reicht dafür bereits der Gedanke den Knast betreten zu müssen.
    Diese Enge und Abgeschlossenheit ist einfach erdrückend, denkt er, dazu diese stickige Luft, die man bis hier draußen riechen kann.
    Er klingelt an der Eingangstür.
    Mielke hatte gestern den ganzen Nachmittag die Datenbank nach einschlägigen Fälschern durchforscht. Neben einer Großzahl der obligatorischen Scheckbetrüger, Pass- und Kunstfälscher gibt es nur eine handvoll wirklich namhafter Dokumentenfälscher, unter anderem den allgemein bekannten Fälscher der Hitler-Tagebücher Konrad Kujau. Der hatte mit selbst gemischter Tinte und einem Vorrat alter DDR-Schulkladden lauter Banalitäten aus seinem eigenen Leben aufgeschrieben und sie als Hitlers Erlebnisse und Gedanken ausgegeben. Trotz der dilettantischen Ausführung kam es dazu, dass ein Reporter im Auftrag einer namhaften Illustrierten eine Riesensumme dafür bot und der Kram zu guter Letzt sogar noch veröffentlicht wurde, bevor der Schwindel aufflog.
    In Schleswig-Holstein hatte Mielke nur einen außergewöhnlichen Geldfälscher gefunden, einen gewissen Ludwig Rohde, der in den 70er-Jahren unter dem Spitznamen der ›Falsche Fünfziger‹ kurze Zeit traurige Berühmtheit in den Medien erlangt hatte. Dieser Mann hatte hier in der Kieler JVA eingesessen oder wie es so schön in der Knastsprache heißt: er war in die Faeschstraße eingeflogen und hatte dort über zehn Jahre abgerissen.
    Nach Mielkes Bericht rief Swensen kurzerhand den Direktor Bertold Eisenhauer an. Der konnte sich zwar nur vage an Rohde erinnern. Trotzdem vereinbarte Swensen einen Termin mit ihm.
    Das Licht der Morgensonne flutet gerade über das flache Dach des lang gezogenen Zellentrakts, blendet Swensen genau in dem Moment, als die Stahltür nach einem Summton aufspringt. Halb

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