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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Hoffnung stirbt zuletzt oder wie es so schön heißt?«
    »Nein, eher: es gibt keine Hoffnung, also nutze sie!«, verbessert Swensen mit einem Grinsen.
    »Wieso suchen Sie überhaupt einen Geldfälscher? Haben Sie Blüten sichergestellt?«
    »Ich suche eigentlich gar keinen Geldfälscher. Nur einen exquisiten Könner, dem man eine außergewöhnliche Fälschung zutrauen könnte.«
    »Keinen Geldfälscher?«
    »Nein, einen Romanfälscher. Vielleicht ist dieser Rohde ein verkanntes Allroundtalent? Gibt es von den Vollzugsbeamten oder Inhaftierten noch jemanden, der Rohde persönlich kennen könnte?«
    »Ich glaube schon, wenn mir von den Beamten auch kein Name auf der Zunge liegt. Lassen Sie mich nachdenken …, ja, Ludwig Ogorzow müsste Rohde mit Sicherheit noch kennen. Ogorzow ist ein mehrfach Lebenslanger, hat seine gesamte Familie massakriert und verwaltet die Gefängnisbibliothek, ich glaube auch schon zu Rohdes Zeiten. Rohde soll viel gelesen haben, steht in seiner Akte. Also Ogorzow müsste ihn ganz gut kennen.«
    »Kann ich mit dem Mann sprechen?«
    »Ich lasse Sie hinbringen!«
    Wenig später schreitet Swensen wieder einer grauen Uniform hinterher. Es geht ohne Worte über lange Flure, vorbei an unzähligen Zellentüren, durch eine Gittertür, die aufgeschlossen werden muss, durch einen kurzen Flur und weiter bis vor eine Tür mit einem abgeblätterten Emailleschild, auf dem in altdeutscher Schrift Bibliothek steht. Der Raum dahinter steht voll mit Bücherregalen. An einem Schreibtisch liest das Urbild eines Ganoven Zeitung. Swensen fühlt sich bei seinem Anblick an die Panzerknackerbande aus Entenhausen erinnert. Der eckige Glatzkopf dreht seinen muskulösen Boxerkörper auf dem Hocker in Richtung des unangemeldeten Besuchs und blickt ihn erstaunt an.
    »Hey, Ogorzow! Hier möchte dich ein Kommissar aus Husum sprechen!«, sagt die Uniform und zieht sich in die äußerste Ecke des Raumes zurück.
    Swensen schnappt einen zweiten Hocker, stellt ihn gegenüber von Ogorzow auf und setzt sich.
    »Ludwig Rohde«, sagt er und wartet ab.
    Der Glatzkopf schaut ihn feindselig an, sagt aber kein Wort. Swensen hält das aus, ohne ungeduldig zu werden.
    »Wer soll das sein?«, keift Ogorzow ihn plötzlich an.
    Swensen zieht die Fotos des Direktors aus der Innentasche seines Mantels.
    »Dieser Mann hier!«, sagt er und hält sie seinem Gegenüber unter die Nase.
    »Ach, der ›Falsche Fünfziger‹? Mensch, das ist doch schon ewig her!«, muffelt der Glatzkopf und schaut ins Leere, als wenn er nach einer Erinnerung Ausschau hält.
    »Ludwig Rohde!«, wiederholt Swensen.
    »Keine Ahnung mehr, wie der hieß! Hier sagte jeder nur ›Falscher Fünfziger‹ zu ihm.«
    »Wie war der denn so?« hakt Swensen nach einer Pause nach.
    »Ein kluger Mensch war der«, schwärmt Ogorzow bedächtig. »Ein richtig kluger Mensch und ein Künstler dazu. Zeichnen konnte der, das glauben Sie nicht. Und geschrieben hat der auch immer, wenn man ihn gesehen hat.«
    »Hat er viele Bücher ausgeliehen?«
    »Das kann man wohl sagen! Der war richtig süchtig danach! So was Verrücktes vergisst man nicht. Solange ich hier den Laden schmeiße, hat der ›Falsche Fünfziger‹ mehr Bücher ausgeliehen, als ein anderer Knacki vor und nach ihm. Nachdem er weg war, ist das hier richtig ruhig geworden.«
    »Wissen Sie noch, was er so alles gelesen hat? Fachbücher, Krimis, Romane, klassische Literatur?«
    »Nee Herr Kommissar, das weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Alles Mögliche, quer Beet. Da müsste ich nachsehen.«
    »Geht das noch?«
    »Ich hab die Ausleihkarten der Entlassenen immer in eine Schublade gelegt. Man kann ja nie wissen, ob man die noch mal braucht. Die meisten kommen wieder!«
    »Können Sie mir die raussuchen?«
    »Wenn’s sein muss!«, grummelt der Glatzkopf, tappt zu einem alten Holzschrank, zieht mehrere Schubladen auf und beginnt in einer herumzuwühlen. Er blättert in Unmengen von Pappkarten. Ab und zu stößt er einen Fluch aus. Dann wird Ogorzow fündig.
    »Das ist alles so’n altmodisches Zeug, was der ausgeliehen hat«, murmelt er, indem er Swensen die Karte reicht. »Das meiste ist von einem Theodor Storm, steht auf der Rückseite. Jetzt fällt mir das auch wieder ein. Der hat doch ’n Buch über so ein Gespenst auf’m weißen Gaul geschrieben, davon war der ›Falsche Fünfziger‹ völlig aus dem Häuschen.«
    »Der Schimmelreiter?«
    »Kann sein. Ja doch, so hieß das Buch, glaube ich. Hatte davon vorher noch nie

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