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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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dachte schon, Sie würden in absehbarer Zeit kein Wort mehr mit mir wechseln?«
    »Wer alle Wesen im Selbst sieht, hat keinen Grund zu hassen.«
    »Sie machen mich sprachlos, Herr Swensen. Sie rufen mich aber sicher nicht an um fromme Sprüche loszuwerden?«
    »Sie können mir vielleicht weiterhelfen.«
    »Ich? Sind Sie sicher?«
    »Ziemlich sicher, Frau Teske! In der Samstagausgabe Ihrer Zeitung gab es einen schwerwiegenden Fehler.«
    »Einen Fehler? Und deswegen rufen Sie mich an?«
    »Ja, vielleicht ist es nur ein schnöder Druckfehler, vielleicht auch mehr. Also, es handelt sich um die letzte Veröffentlichung des Storm-Romans. Dort wird an einer Stelle der Name Emil Nolde genannt. Den Namen Emil Nolde konnte Storm aber nicht kennen, denn den gibt es erst ab 1902.«
    »Heeh! Das bedeutet ja …, ich meine das könnte ja bedeuten, dass der Roman eine Fälschung ist. Wahnsinn! Sind Sie sicher? Das wäre der Knüller, wenn auch nicht gerade für unsere Zeitung!«
    »Wenn es so wäre, Frau Teske. Es gibt da nämlich ein Problem. Im Original ist dieser Fehler nicht vorhanden. Da steht nicht der Satz: beim Besuch des Meisters fiel ihm nämlich ein pfiffig junger Lehrling auf, mit Namen Emil Nolde, wie in der Zeitung abgedruckt, sondern dort steht der Name Emil Hansen, der wirkliche Geburtsname von Nolde.«
    »Hab ich das richtig verstanden? In unserer Zeitung ist es falsch abgedruckt, obwohl es im Original richtig steht?«
    »Genau! Und ich würde jetzt gerne wissen, wie das passieren konnte.«
    »Woher soll ich das wissen, Herr Swensen!«
    »Wer hat denn den Roman vom Original in die Druckvorlage übertragen.«
    »Das hat seinerzeit Rüdiger Poth gemacht, noch vor seinem Tod. Ich kann mich noch daran erinnern, dass er das unbedingt selbst in die Hand nehmen wollte. Seine Abschrift ist die Vorlage für den Abdruck gewesen.«
    »Gibt es diese erste Abschrift noch?«
    »Es hat damals einige Zeit gedauert, bis wir sein Passwort rausbekommen haben und seine gesamten Dateien auf Disketten abspeichern konnten. Das müsste sich also finden lassen.«
    »Würden Sie diese Disketten für mich so schnell wie möglich nach diesem Fehler durchsuchen?«
    »Da müsste ich erst den Chefredakteur informieren!«
    »Ich möchte unter keinen Umständen die Pferde scheu machen. Es würde mir extrem weiterhelfen, wenn das unter uns bleiben könnte.«
    »Wenn ich das mache, betrachte ich die alten Geschichten zwischen uns als beigelegt, Herr Swensen! Dann sind wir quitt!«
    »Der Mensch ist das, was er will, Frau Teske!«
     
    * * *
    Gleich nach der Kurve Norderstraße, Herzog-Adolf-Straße latscht ein Fußgänger mitten über die Fahrbahn. Swensen tritt intuitiv auf die Bremse und kommt mit quietschenden Reifen zum Stehen.
    Glücklicherweise hab ich g’rade die Bremsen richten lassen, denkt er, während der ältere Herr bleich vor Schreck vor seinem Kühler wild mit den Armen herumfuchtelt. Swensen, wo bist du nur mit deinen Gedanken. Der Typ ist zwar ohne zu gucken drauflos gelaufen, aber du warst auch nicht gerade voll bei der Sache.
    Ihn hatte das Telefonat mit Frau Teske beschäftigt. Seitdem wusste er, dass der Romanabdruck den Fehler mit Emil Nolde schon in der ersten Abschrift von Rüdiger Poth enthielt.
    »Kein Wunder, dass das so in Druck gegangen ist«, hatte Maria Teske gesagt, »die Zeitung konnte ja zum Vergleich nicht auf das Original zurückgreifen. Zudem bestätigte Kargels Gutachten die Echtheit. Da war hier niemand wirklich misstrauisch.«
    Der Mann räumt pöbelnd die Straße. Swensen entschuldigt sich noch mal mit einer Handgeste. Die Wirkung ist gleich null. Der Mann droht ihm mit der Faust Schläge an.
    Was nun Buddha, denkt Swensen, drückt genervt auf das Gaspedal und fährt davon.
    An der nächsten Ecke hat er den Vorfall schon vergessen. Er kommt zu dem Schluss, dass nur Rüdiger Poth den Namen umgeändert haben kann. Aber warum sollte er das tun? Ein Flüchtigkeitsfehler? Nein! Dazu sind die Namen zu verschieden! Vielleicht bloß aus rein populistischen Gründen, weil der Name Emil Hansen für die breite Leserschaft einfach kein Begriff ist?
    Er verwirft seinen Gedanken gleich wieder. Er hätte in dem Fall bestimmt in einer Fußnote darauf hingewiesen, dass Emil Hansen und Emil Nolde identische Personen sind. Da ist wieder das Gefühl, dass irgendetwas faul ist. Aber was? Das Original enthält keinen Fehler. Möglicherweise ist der Roman doch eine Fälschung und der Fehler war vor dem Gutachten von Kargel

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