Hafen der Träume: Roman (German Edition)
die Brauen. »Ist das ein Hinweis auf Ihre Fähigkeiten als Kapitän?«
»Nein, ein Vorschlag. Das Wasser ist kühl, aber nicht wirklich kalt. Wenn Sie wollen, können Sie einen Sprung hinein wagen.«
»Ich habe keinen Badeanzug dabei.«
»Brauchen Sie den?«
Sybill lachte und ging weiter. »Das Segeln genügt mir, glaube ich. Und jetzt habe ich noch Arbeit zu erledigen. Es war sehr nett, mit Ihnen essen zu gehen.«
»Das fand ich auch. Ich begleite Sie zurück zu Ihrem Hotel.«
»Nicht nötig. Es ist gleich um die Ecke.«
»Ich begleite Sie trotzdem.«
Sybill verzichtete auf Widerspruch. Sie hatte nicht die Absicht, ihm zu erlauben, sie zur Zimmertür zu begleiten oder bis in ihre Suite. Alles in allem glaubte sie, Phillip Quinn im Griff zu haben. Und es war eine schwierige, verwirrende Situation, die sie da meisterte. Wenn sie den Abend frühzeitig beendete, gewann sie Zeit, ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen, bevor sie Phillip morgen wiedersah, überlegte Sybill.
Da sein Segelboot zu Hause am Anleger lag, standen die Chancen gut, dass sie auch Seth wiedersehen würde.
»Ich komme morgen früh zu Ihnen hinaus«, begann sie und blieb einige Schritte vor dem Eingang zur Hotellobby stehen. »Gegen zehn?«
»In Ordnung.«
»Soll ich etwas mitbringen? Ich meine außer einem Mittel gegen Seekrankheit?«
Er grinste amüsiert. »Darum kümmere ich mich. Schlafen Sie gut.«
»Sie auch.«
Sybill stellte sich auf einen flüchtigen Gutenachtkuss ein. Seine Lippen waren weich und forderten nicht. Zufrieden mit dem Abschied, entspannte sie sich und wollte gehen.
Doch Phillip umfasste fest ihren Nacken, neigte den Kopf zur Seite, und für einen überwältigenden Moment wurde sein Kuss heiß, wild und bedrohlich. Sybill verkrampfte die Hand auf seiner Schulter zur Faust, umklammerte Halt suchend sein Jackett, während die Beine ihr wegzusinken drohten. Ihr Kopf war plötzlich leer. Um sie drehte sich alles, und sie hörte nur noch, wie das Blut durch ihre Adern rauschte.
Jemand stöhnte, dunkel, tief und gedehnt.
Es dauerte nur Sekunden, aber Sybill war entsetzt über das Feuer, das sie beinahe versengt hätte. Phillip sah die Verblüffung und Erregung in ihrem Blick, als sie die Augen öffnete und ihn anstarrte. Und er spürte, wie sein eigenes Verlangen ihn aufwühlte und seine Krallen tiefer trieb.
Nein, von höflicher Distanziertheit konnte keine Rede mehr sein. Die erste Schicht ihrer Fassade hatte er durchdrungen, dachte Phillip und fuhr mit dem Daumen über Sybills Wange.
»Wir treffen uns morgen.«
»Ja … gute Nacht.« Sie hatte sich wieder gefasst, lächelte zum Abschied und drehte sich um. Aber als sie durch die Hoteltür glitt, presste sie zitternd die Hand auf ihren unruhigen Magen.
Sie hatte ihn unterschätzt. Sybill bemühte sich, langsam und gleichmäßig zu atmen, während sie zum Aufzug ging. Phillip Quinn war nicht so kultiviert, wohlerzogen
und harmlos, wie er an der Oberfläche erschien.
Unter der attraktiven Verpackung lauerte etwas, das gefährlich und animalisch war.
Aber was auch immer das war, Sybill fand es bezwingender, als gut für sie wäre.
KAPITEL 6
Es war wie Fahrradfahren, dachte Phillip. Oder wie Sex. Man verlernte es nicht. Er wendete und fuhr im Zickzackkurs zwischen den wenigen Booten in der Bucht auf den Jachthafen zu, wo er nach einem freien Platz zum Anlegen Ausschau hielt. Es war schon eine Weile her, seit er das letzte Mal allein gesegelt war, aber er hatte nichts vergessen, es sei denn das wunderbare Gefühl, an einem Sonntagmorgen bei gutem Wind auf dem Wasser zu sein. Die Sonne schien warm, der Himmel spiegelte sich blau auf der Wasseroberfläche, und das heisere Kreischen der Möwen erfüllte die Luft.
Phillip nahm sich vor, wieder Zeit für diese einfachen Vergnügungen zu finden. Heute war der erste freie Tag, den er sich nach über zwei Monaten genehmigte, und er beabsichtigte, ihn in vollen Zügen zu genießen.
Vor allem hatte er vor, ein paar goldene Stunden mit der aufregenden Dr. Sybill Griffin in den Gewässern der Chesapeake Bay zu verbringen.
Phillip blickte zum Hotel hinüber und überlegte, welches Fenster ihr gehören könnte. Nach dem, was Sybill erzählt hatte, wusste er nur, dass ihr Zimmer zum Wasser ging. Von dort konnte sie das pulsierende Leben beobachten, in der Bucht und am Hafen, ohne auf die für ihre Forschungen nötige Distanz zu verzichten.
Dann sah er sie. Sybill stand auf einem winzigen Balkon, das glänzende dunkelbraune
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