Hafen der Träume: Roman (German Edition)
seinem Jeep. »Steig ein.«
»Nein, ich muss …«
»Steig ein«, wiederholte er. In seiner Stimme lag ein Anflug von Ungeduld. »Ich werde deine Tasche und
deine Jacke holen.« Er hob sie auf den Beifahrersitz. »Aber du wirst nicht fahren.« Sein Blick war auf ihre müden, geschwollenen Augen gerichtet. »Und du wirst heute Nacht auch nicht allein bleiben.«
Ihr fehlte die Kraft, ihm zu widersprechen. Sie fühlte sich wie ausgehöhlt und geschwächt. Wenn er sie in das Hotel brachte, konnte sie schlafen. Notfalls würde sie eine Tablette nehmen und allem einfach entfliehen. Sie wollte nicht nachdenken – dann könnten ihre Gefühle wieder aufsteigen. Und sollte sie noch einmal von einer solchen Woge überrollt werden, würde sie ertrinken.
Phillip wirkte entschlossen, als er mit ihren Sachen aus dem Haus kam, also gestand sich Sybill ihre Wehrlosigkeit ein und schloss die Augen.
Schweigend kletterte er auf den Fahrersitz und beugte sich zu ihr hinüber, um ihr den Sicherheitsgurt anzulegen. Dann ließ er den Motor an. Während der Fahrt hielt das wohltuende Schweigen an. Sybill widersprach nicht, als Phillip sie in die Lobby führte, aus ihrer Tasche den Zimmerschlüssel nahm und die Tür öffnete.
Dann nahm er sie an der Hand und führte sie ins Schlafzimmer. »Zieh dich aus«, befahl er. Als sie ihn aus geschwollenen, geröteten Augen anstarrte, fügte er barsch hinzu: »Meine Güte, ich habe nicht vor, über dich herzufallen. Für wen hältst du mich eigentlich?«
Er wusste nicht, woher dieser plötzliche Wutausbruch kam. Vielleicht war es die Tatsache, sie so zu sehen, so unglücklich und hilflos. Er drehte sich abrupt um und marschierte ins Badezimmer.
Einige Sekunden später hörte sie Wasser in die Badewanne plätschern. Er kam mit einem Glas und Aspirin in der Hand wieder heraus. »Schluck das. Wenn du nicht selbst auf dich Acht gibst, muss es eben jemand anders tun.«
Das Wasser war Balsam für ihre raue Kehle, aber bevor sie ihm dafür danken konnte, nahm er ihr das Glas
aus der Hand und stellte es beiseite. Sie schwankte leicht und zwinkerte, als er ihr den Pulli über den Kopf zog.
»Du wirst dich jetzt bei einem heißen Bad entspannen.«
Sie war zu verblüfft, um zu protestieren, dass er ihr wie einer Puppe die restlichen Kleidungsstücke abstreifte und zur Seite legte. Wortlos starrte sie ihn an, während er sie hochhob, ins Badezimmer trug und sie in die Wanne gleiten ließ.
Das Wasser ging fast bis zum Rand und war ihrer Meinung nach viel zu heiß, um gesund zu sein. Bevor sie ihre Gedanken in Worte fassen konnte, drehte er den Hahn zu.
»Lehn dich zurück und mach die Augen zu! Los!« befahl er so barsch, dass sie sofort gehorchte. Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte, kniff sie ihre Augen immer noch zusammen.
Etwa zwanzig Minuten lang blieb sie so liegen und nickte dabei zweimal ein. Nur die Angst zu ertrinken, hielt sie davon ab, in tiefen Schlaf zu sinken. Und der beunruhigende Gedanke, er könne zurückkommen, sie aus dem Wasser heben und abtrocknen, bewegte sie schließlich dazu, mit zitternden Knien aus der Wanne zu steigen.
Aber vielleicht war er auch gegangen. Möglicherweise hatte ihr Gefühlsausbruch ihn so angewidert, dass er sie nun allein gelassen hatte. Wer könnte ihm das vorwerfen?
Er stand jedoch an der Balkontür ihres Schlafzimmers und sah auf die Bucht hinaus.
»Danke.« Sie bemühte sich, mit der für sie beide peinlichen Situation fertig zu werden. »Es tut mir Leid …«
»Du entschuldigst dich schon wieder, Sybill. Das macht mich allmählich krank.« Er kam auf sie zu und legte ihr die Hände auf die Schultern. Als sie zurückzuckte,
hob er die Augenbrauen. »Schon besser«, meinte er und ließ seine Finger über ihre Schultern und ihren Nacken gleiten. »Aber noch nicht perfekt. Leg dich hin.«
Er seufzte und zog sie zum Bett. »Ich bin nicht auf Sex aus. Ein gewisses Maß an Zurückhaltung kann ich aufbringen – vor allem, wenn ich einer emotional und physisch erschöpften Frau gegenüberstehe. Auf den Bauch. Na los.«
Sie legte sich auf das Bett und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, als er begann, die Muskeln an ihren Schulterblättern zu kneten.
»Du bist doch Psychologin«, rief er ihr ins Gedächtnis. »Was passiert mit jemandem, der ständig seine Gefühle unterdrückt?«
»Die körperlichen oder die seelischen?«
Er lachte, setzte sich rittlings auf sie und ging dann ernsthaft an die Arbeit. »Ich werde dir sagen, was mit
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