Hafen der Träume: Roman (German Edition)
wie sie selbst. Dann wurde ihr klar, dass sie das Haus ohne ihre Handtasche, ihre Jacke und ihren Schlüsselbund verlassen hatte. Und bevor sie nach ihrem peinlichen Gefühlsausbruch noch einmal zurückging und den Quinns begegnete, würde sie lieber zu Fuß zu ihrem Hotel marschieren.
Sie vernahm Schritte hinter sich und drehte sich rasch um. Sie war nicht sicher, ob sie erleichtert oder beschämt war, als sie Phillip auf sich zukommen sah. Sie wusste nicht genau, was das war, was da in ihr hochstieg, ihren Puls rasen und ihre Kehle brennen ließ. Sie verspürte nur noch den Drang davonzulaufen.
»Es tut mir Leid. Ich weiß, dass ich mich unhöflich verhalten habe. Jetzt muss ich wirklich gehen.« Sie sprach so schnell, dass ihre Worte sich überschlugen. »Könntest du mir bitte meine Handtasche holen? Ich brauche sie. Und meine Schlüssel. Es tut mir Leid. Ich hoffe, ich habe euch den Abend nicht verdorben …«
Was immer es auch war, was ihre Kehle zuschnürte, schien sie beinahe zu ersticken. »Ich muss los!«
»Du zitterst ja«, sagte er sanft und streckte seine Arme aus, aber sie wich rasch zurück.
»Es ist kalt. Ich habe meine Jacke vergessen.«
»So kalt ist es nicht, Sybill. Komm her.«
»Nein, ich werde jetzt gehen. Ich habe immer noch Kopfschmerzen, und ich … nein, fass mich nicht an.«
Ohne auf ihre Worte zu achten, zog er sie entschlossen an sich, nahm sie in die Arme und hielt sie fest. »Alles in Ordnung, Baby.«
»Nein, gar nichts ist in Ordnung.« Am liebsten hätte sie ihn angeschrien. War er denn blind? Oder dumm? »Ich hätte nicht kommen sollen. Deine Brüder hassen mich, und Seth hat Angst vor mir. Und du … dein … ich …«
Es tat weh. Die quälenden Schmerzen in ihrer Brust breiteten sich aus. »Lass mich gehen. Ich gehöre nicht hierher.«
»Doch, das tust du.«
Phillip hatte die Verbindung zwischen ihr und Seth bemerkt, als die beiden sich anstarrten. Sybills klare blaue Augen hatten gestrahlt, und er hatte förmlich ein Klicken hören können.
»Niemand hasst dich, und niemand hat Angst vor dir. Entspann dich.« Er drückte seine Lippen an ihre Schläfe und hätte geschworen, den in ihr tobenden Schmerz hören zu können. »Warum lässt du nicht einfach los?«
»Ich will keine Szene machen. Würdest du mir bitte meine Handtasche bringen, damit ich fahren kann.«
Sie wirkte hart wie Marmor, aber er spürte, dass der Stein Risse bekam und sie vor Anspannung zitterte. Wenn sie den inneren Druck nicht entweichen ließ, würde sie explodieren. Also musste er nachhelfen.
»Er hat sich an dich erinnert – daran, dass du dich um ihn gekümmert hast.«
Zusätzlich zu dem unerträglichen Druck spürte Sybill Stiche im Herzen. »Ich kann das nicht aushalten. Ich ertrage das nicht.« Ihre Finger gruben sich in seine Schultern, die Finger abwechselnd verkrampfend und wieder entspannend.
»Sie hat ihn geholt und mir weggenommen. Das hat mir das Herz gebrochen.«
Schluchzend legte sie ihre Arme um seinen Nacken und klammerte sich an ihn.
»Das weiß ich. Es hat wehgetan, aber so war es nun einmal«, murmelte er. Dann hob er sie einfach hoch, setzte sich mit ihr ins Gras und drückte sie an sich. »Und jetzt ist es so weit.«
Er schaukelte sie hin und her, während ihre heißen Tränen auf sein Hemd tropften. Kalt? dachte er. Der Schmerz wütete wie ein Feuersturm in ihr. Außer der Angst vor seelischen Qualen gab es nichts Kaltes in ihr.
Selbst als das Schluchzen sie so heftig schüttelte, dass ihre Knochen zu brechen schienen, ermahnte er sie nicht, sich zu beherrschen. Er versprach ihr keinen Trost oder Lösungen, denn er wusste, wie wichtig es war, dass jetzt alles aus ihr herausbrach. Also streichelte er sie nur und wiegte sie in seinen Armen hin und her, während sie versuchte, ihre Qual mit den Tränen hinauszuschwemmen.
Anna trat auf die Veranda. Phillip schüttelte rasch den Kopf in ihre Richtung und streichelte Sybill weiter. Die Tür ging zu, und sie waren wieder allein.
Schließlich versiegten Sybills Tränen. Ihr Kopf fühlte sich geschwollen und heiß an, ihre Kehle heiser und ihr Magen wund. Schwach, verwirrt und erschöpft schmiegte sie sich in seine Arme.
»Es tut mir Leid.«
»Dafür gibt es keinen Grund. Du hast das gebraucht. Ich glaube, ich kenne keinen Menschen, der jemals einen Heulkrampf nötiger hatte als du.«
»Aber das löst die Probleme nicht.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt.« Er stand auf, half ihr hoch und zog sie mit sich zu
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