Hafen der Träume: Roman (German Edition)
dürfen.
Er versuchte, sein Verhalten vor sich selbst zu verteidigen, war aber trotzdem zornig und ungehalten. Den ersten Teil der Nacht hatte er sich um sie Sorgen gemacht, den zweiten Teil um sich selbst. Sollte er sich denn darüber freuen, dass es ihr gelungen war, seine Barrieren zu durchbrechen? Sollte er vor Freude in die Luft springen, weil sie es geschafft hatte, in wenigen Wochen sein Schutzschild zu zerstören, das er so geschickt über dreißig Jahre lang vor sich hergetragen hatte?
Nein, das konnte er nicht.
Allerdings musste er sich eingestehen, dass er sich nicht richtig verhalten hatte. Er war sogar bereit, ihr ein Friedensangebot zu machen – in Form eines hervorragenden Champagners und einiger langstieliger Rosen.
Phillip packte zwei Flaschen gut gekühlten Dom und zwei Kristallgläser in einen Korb. Er wollte diesen guten französischen Tropfen nicht in Hotelgläser einschenken. Den Beluga hatte er sich für eine solche Gelegenheit aufgespart und in einem leeren Joghurtkarton versteckt, weil er wusste, dass die anderen ihn dann nicht entdecken würden. Er hatte Weißbrot aufgeschnitten
und sorgfältig Rosen und eine passende Vase ausgewählt.
Er ging davon aus, dass sie ihn nur zögernd empfangen würde. Deshalb konnte es nichts schaden, Champagner und Blumen mitzubringen. Er hatte vor, sie zu beschwichtigen, mit ihr zu sprechen und – was noch wichtiger war – sie zum Reden zu bringen. Und er würde nicht gehen, bis er mehr über den Menschen Sybill Griffin wusste.
Vergnügt klopfte er an ihre Tür. Genauso wollte er ihr gegenübertreten – guter Laune und entspannt. Er setzte ein charmantes Lächeln auf und spähte durch das Guckloch, als er Schritte hörte und einen verschwommenen, aber vertrauten Schatten sah.
Dann hörte er, wie sich die Schritte entfernten.
Na gut, das war wohl ein wenig mehr als nur ein leichtes Zögern. Er klopfte noch einmal. »Komm schon, Sybill. Ich weiß, dass du da bist. Ich möchte mit dir sprechen.«
Das eisige Schweigen, das folgte, gab ihm zu denken. Sie wollte es offensichtlich nicht anders. Er blickte stirnrunzelnd durch den Türspalt, stellte den Korb neben die Tür, marschierte durch die Halle zurück zur Feuerleiter und kletterte hinunter. Er hielt es für besser, bei seinem Vorhaben nicht in der Lobby gesehen zu werden.
»Jetzt hast du es ihr aber ordentlich gezeigt, nicht wahr?« meinte Ray spöttisch und stellte sich neben seinen Sohn auf die Stufen.
»Meine Güte!« Phillip starrte seinen Vater an. »Warum jagst du mir beim nächsten Mal nicht einfach eine Kugel in den Kopf? Das wäre weniger peinlich, als würde ich in meinem Alter an einem Herzinfarkt sterben.«
»Dein Herz ist stark genug. Sie spricht also nicht mit dir.«
»Das wird sie schon noch tun«, erklärte Phillip grimmig.
»Du versuchst wohl, sie mit Champagner zu bestechen?« Ray hielt hinter ihm seinen Daumen in die Luft.
»Es funktioniert.«
»Blumen sind immer gut. Ich konnte damit normalerweise deine Mutter um den Finger wickeln. Vor allem wenn ich dabei vor ihr zu Kreuze kroch.«
»Das tue ich nicht«, entgegnete Phillip bestimmt. »Auch sie hat Fehler gemacht.«
»Darum geht es doch nicht.« Ray zwinkerte ihm zu. »Je eher du das begreifst, umso schneller werdet ihr richtig guten Sex miteinander haben.«
»Dad!« Phillip fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht. »Ich werde mich mit dir nicht über Sex unterhalten.«
»Warum nicht? Es wäre nicht das erste Mal.« Er seufzte resigniert. »Deine Mutter und ich haben über alles offen mit dir geredet – auch über Sex. Ich habe dir deine ersten Kondome gekauft.«
»Daran kann ich mich noch erinnern«, murmelte Phillip. »Aber ich leide wohl noch heute darunter.«
Ray lachte herzhaft. »Darauf würde ich wetten. Sex ist hier allerdings nicht das Hauptthema. Wir Männer sind natürlich darauf gepolt. Das ist eben nun einmal so. Aber deine Lady beunruhigt dich, weil es sich bei ihr anscheinend nicht nur darum dreht. Hier geht’s um Liebe.«
»Ich bin nicht in sie verliebt«, behauptete Phillip. »Wirklich nicht. Ich mache mir nur Sorgen um sie …«
»Mit Liebe konntest du noch nie besonders gut umgehen.«
Der Wind frischte auf, Ray zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und streifte sie über seine Jeans. »Zumindest wenn es sich um Frauen handelte. Immer, wenn sich etwas Ernsthaftes anbahnte, hast du die Flucht ergriffen.« Er grinste Phillip an. »Sieht beinahe so aus, als wärst du dieses Mal in die
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