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Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Titel: Hafen der Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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an Sybill wandte. »Erkennen Sie die Handschrift Ihrer Schwester?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube schon.«
    »Ich habe die Kopie eines Briefes, der in Raymond Quinns Wagen nach seinem tödlichen Unfall gefunden wurde. Und einen Brief neueren Datums, an uns adressiert.«
    Sie nahm die Papiere aus der Akte und reichte sie Sybill über den Schreibtisch.
    Einzelne Wörter und Sätze sprangen sie an, brannten sich in ihren verstand.
    Quinn, ich habe es satt, jeden Pfennig umdrehen zu müssen. Wenn du den Kleinen so dringend haben willst, dann ist es Zeit, für ihn zu bezahlen … Hundertfünfzig Riesen ist ein Pappenstiel für einen gutaussehenden Jungen wie Seth.
    O Gott, war alles, was Sybill denken konnte. Gütiger Gott.
    Der Brief an die Quinns nach Rays Tod klang nicht besser.
    Ray und ich hatten eine Abmachung.
    Wenn ihr ihn unbedingt behalten wollt … ich brauche Geld …
    Sybills Hand zitterte.
    »Hat sie Geld bekommen?«
    »Professor Quinn schrieb zwei Bankschecks auf Gloria DeLauter aus, jeweils in Höhe von zehntausend Dollar, und einen dritten über fünftausend Dollar.« Anna sprach sachlich, ohne jede Emotion. »Ende letzten Jahres brachte er Seth DeLauter nach St. Christopher.
Der Brief, den Sie in Händen halten, trägt den Poststempel vom zehnten März. Am nächsten Tag tauschte Professor Quinn seine Wertpapiere und Aktien in Bargeld um und hob hohe Beträge von seinem Bankkonto ab. Ebenfalls am elften März erklärte er Ethan, er habe geschäftlich in Baltimore zu tun. Auf der Rückfahrt kam er bei einem Autounfall, bei dem keine anderen Personen beteiligt waren, ums Leben. In seiner Brieftasche befanden sich vierzig Dollar und etwas Kleingeld. Es wurde kein anderes Geld bei ihm gefunden.«
    »Er hat mir versprochen, ich muss nicht zurück«, sagte Seth dumpf. »Ray war anständig. Er hat es mir versprochen, und sie wusste, dass er bezahlen würde.«
    »Sie hat noch mehr verlangt. Von Ihnen. Von Ihnen allen.«
    »Und sie hat sich verrechnet.« Phillip lehnte sich zurück und beobachtete Sybill prüfend. Sie zeigte keine Regung, nichts, nur diese auffallende Blässe. »Sie wird uns nicht ausbluten, Dr. Griffin. Da kann sie noch so sehr drohen, sie wird uns nicht weiter erpressen. Und sie wird Seth nicht wiederbekommen.«
    »Es gibt eine Kopie des Briefes, den ich an Gloria DeLauter geschrieben habe«, berichtete Ann. »Ich teilte ihr mit, dass Seth unter dem Schutz des Jugendamtes steht, dass Untersuchungen angestellt werden und ihr ein Verfahren wegen Kindesmisshandlung droht. In unserem Regierungsbezirk droht ihr außerdem ein Unterlassungsurteil und ein Haftbefehl.«
    »Sie war wütend«, meldete sich Grace zu Wort. »Sie rief bei uns an, nachdem sie Annas Brief erhalten hatte, stieß wüste Drohungen aus und stellte Forderungen. Entweder sie bekomme Geld, oder sie hole Seth zurück. Ich sagte ihr, dass sie keine Chance habe.« Grace wandte sich an Seth und sah ihm in die Augen. »Seth gehört jetzt zu uns.«
    Sie hat ihren Sohn verkauft, hämmerte es in Sybills Kopf. Es war genau, wie Phillip gesagt hatte. Alles entsprach der Wahrheit. »Sie haben die vorläufige Vormundschaft.«
    »Bald ist es eine ständige.«
    Sybill legte die Dokumente auf Annas Schreibtisch zurück. Ihr Inneres war kalt, eisig kalt. Doch sie faltete die Hände über ihrer Handtasche und wandte sich sachlich an Seth. »Hat sie dich geschlagen?«
    »Was geht Sie das an?«
    »Beantworte die Frage, Seth«, befahl Phillip. »Erzähl deiner Tante, wie dein Leben bei deiner Mutter verlaufen ist.«
    »Okay.« Dann spuckte er die Worte voller Verachtung aus, doch sein Hohn stand auf wackligen Beinen. »Sie hat mich vertrimmt, wenn ihr danach zumute war. Wenn ich Glück hatte, war sie zu betrunken oder stoned, und es hat nicht besonders wehgetan. Manchmal bin ich auch einfach abgehauen.« Er zuckte die Achseln, als sei das alles nicht der Rede wert. »Manchmal erwischte sie mich unvorbereitet. Meistens, wenn sie nicht genug Stoff hatte. Dann weckte sie mich auf und schlug einfach zu. Oder sie fing an zu heulen und blödes Zeug zu quatschen.«
    Sybill wollte sich von dem Schreckensbild abwenden, wie sie sich vorhin von den Hilfesuchenden im Warteraum abgewendet hatte. Sie zwang sich, den Blick auf Seth zu richten. »Warum hast du mit niemand gesprochen? Warum hast du niemand geholt, der dir hilft?«
    »Wen denn?« Ist die Frau völlig bescheuert? dachte Seth.
    »Die Bullen etwa? Sie hat mir gesagt, was die Bullen mit mir anstellen. Ich

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