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Hafenmord - ein Rügen-Krimi

Hafenmord - ein Rügen-Krimi

Titel: Hafenmord - ein Rügen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zweiter oder dritter Geige spielen und Prügel beziehen, besteht aber ein himmelweiter Unterschied«, wandte Romy ein.
    »Wie gesagt – davon weiß ich nichts«, beharrte Bittner. »Familie war kein Thema zwischen uns, und soweit ich weiß, gab es nur einen einzigen unumstößlichen Familientermin, der immer in seinem Kalender stand und Priorität hatte: der jährliche Anruf bei seiner Mutter.«
    »Zu ihrem Geburtstag?«, fragte Romy. Sie war gelinde erstaunt. Mit einem Seitenblick erfasste sie, dass Kasper ebenfalls irritiert war.
    »Nein, zum Todestag des Bruders«, antwortete Bittner. »Kai hatte einen älteren Bruder. Der starb mit acht oder neun Jahren.«
    »Und Kai hat jedes Jahr an diesem Tag in Lübeck angerufen, um seine Mutter zu trösten?« Romys Stimme klang noch perplexer.
    »Nein. So war das nicht.« Bittner sah Kasper an und wandte den Blick dann wieder Romy zu. »Ich habe so ein Telefonat zufällig mal bei einer Radtour mitbekommen. Sonst hätte Kai ganz sicher nicht darüber gesprochen. Das war nicht seine Art.« Er runzelte die Stirn. Das Thema behagte ihm nicht.
    »Kai war davon überzeugt, dass seine Mutter den Tod des Kindes zu verantworten hatte«, erläuterte Bittner schließlich. »Und genau das sagte er ihr, wenn er am Todestag des Bruders anrief. Jedes Jahr: ›Du bist schuld, Mutter. Nur du! Mein Bruder könnte noch leben.‹«
    Romy hielt die Luft an und stieß sie langsam wieder aus. »Wissen Sie, was damals passiert ist?«
    »Kai erzählte, dass der Junge an einem Blinddarmdurchbruchstarb. Er hatte tagelang Schmerzen gehabt, die die Mutter nicht ernst genommen hatte.«
    »Und der Vater?«
    Bittner zuckte die Achseln. »Der hatte wohl nicht viel zu melden. So äußerte sich Kai, ohne das Thema zu vertiefen. Er bat mich, nicht darüber zu sprechen. Die Geschichte hat er wohl nie ganz verwunden.«
    Verständlich, dachte Romy. »Und er rief wirklich jedes Jahr an, um seiner Mutter …?«
    »So sagte er mir, ja. Das sei ihre Strafe. Sie ging auch immer ans Telefon. Das war wie ein Ritual zwischen den beiden, das sie nicht gewagt hätte, zu durchbrechen.«
    Romy spürte, wie ihr eng ums Herz wurde.
    »Kann ich jetzt gehen?«, fragte Thomas Bittner schließlich.
    »Ja. Aber bitte denken Sie daran, das Protokoll in den nächsten Tagen zu unterschreiben und sich für weitere Fragen zu unserer Verfügung zu halten.«
    »Wie könnte ich das vergessen? Wissen Sie schon, wie lange Ihre Leute noch auf meinem Gelände unterwegs sein werden?«
    Romy schüttelte den Kopf. Als Bittner den Raum verlassen und Kasper das Aufnahmegerät ausgeschaltet hatte, sah sie den Kollegen kopfschüttelnd an.
    »Dieser Richardt wird mir langsam, aber sicher unheimlich«, sagte sie. »Der scheint Tiefen gehabt zu haben, in die ich ungern hinabblicke, wenn ich ehrlich sein soll.«
    Kasper nickte kommentarlos.
     
    Es war mittlerweile Nachmittag geworden. Fine hatte für frischen Kaffee und einen Imbiss gesorgt. Als Romy die Platte mit den Fischbrötchen sah, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Sie hatte das Gefühl, seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen zu haben.
    Maximilian Breder holte sich ein Glas Saft und setzte sich Romy gegenüber. Seinem leeren Teller nach zu urteilen, an dessen Rand fein säuberlich und der Länge nach Gräten aufgereiht waren, hatte er bereits gegessen.
    »Und wie kommen Sie voran, Kollege?«, fragte sie höflich, nachdem Kasper die Ereignisse des Tages mit wenigen knackigen Sätzen für alle zusammengefasst hatte, und biss herzhaft von ihrem Brötchen ab.
    »Ganz gut«, entgegnete er eifrig.
    Der Widerspruch zwischen der kräftigen, wohltönenden Stimme und der zarten Gestalt verblüffte Romy aufs Neue. Breder trug wieder Anzug und Krawatte, und seine gepflegten Hände ließen eine stundenlange Maniküre vermuten.
    »Du müsstest mal sehen, was er für eine ellenlange Tabelle erstellt hat. Da bist du von den Socken«, begeisterte sich Fine.
    »Was genau hat es damit auf sich?«, fragte Romy, sobald sie den Mund wieder einigermaßen frei hatte.
    Max lächelte zuvorkommend. »Ich habe alle zur Verfügung stehenden Informationen und Ermittlungsergebnisse in einer Datenbanktabelle erfasst – und wenn ich alle Infos sage, dann meine ich das auch so: Telefonnummern, Arbeitgeber, Aussagen, Freunde, rechtsmedizinische Befunde …«
    »Ich hab durchaus verstanden, was ›alle‹ heißt«, warf Romy amüsiert ein. »Und abgesehen davon, dass es sinnvoll ist, sich einen Überblick zu verschaffen, in den

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