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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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wohnte.
    Die beiden wurden kurz darauf in eine helle Wohnung gebeten. Frau Pasternak war alleine zu Hause und sah immer noch mitgenommen aus. Sie war Mitte fünfzig, hatte braunes glattes Haar und eine auch ungeschminkt gesunde Gesichtsfarbe. Sie trug ein dunkelbraunes Wollkleid.
    Unter ihren Augen jedoch fanden sich breite dunkle Erschöpfungsflecken und ihre Bewegungen wirkten fahrig und nervös, was nicht zu ihrem Typ passte. Sie hatte sich also noch immer nicht von dem Schrecken erholt. Es war still in der Wohnung – kein Radio lief, kein Fernseher. Das war selten heutzutage. Ohne eine Frage gestellt zu haben, ging sie in die Küche und setzte mit großer Selbstverständlichkeit Kaffeewasser auf, faltete den Papierfilter und legte ihn in den Porzellanhalter. Funk und Lydia standen in der Tür und erhoben keinen Einspruch. Zum einen konnte man an einem Tag wie diesem einen heißen Kaffee gut vertragen, und andererseits nahm die vertraute Abfolge der Tätigkeiten ihrer Zeugin die Nervosität. Auf Lydias Frage, ob es denn gut sei, dass sie heute alleine war, winkte sie nur ab und erzählte, dass ihr Mann, der beim Dornier arbeitete, wie sie es sagte, zwar in der Mittagspause zu Hause gewesen sei und auch hätte bleiben wollen, sie aber der Meinung war ruhiger werden zu können, wenn sie allein wäre. Eine Nachbarin würde später noch kommen.
    »Sind Sie jeden Tag so früh am Finanzamt unten im Hafen?«, begann Robert Funk.
    »Nein, eigentlich gar nicht. Aber der Hausmeister ist krank, ein Fahrradsturz gestern Abend. Wird wieder gebechert haben draußen im Zecher, der Kerl. Er hat mich angerufen, weil es doch Schnee geben sollte in der Nacht, und gefragt, ob ich nicht das Räumen übernehmen könnte. Ich habe das schon einige Male übernommen, oder so ähnliche Arbeiten. Deshalb war ich so früh dort.«
    Der Kaffee war fertig und sie folgten ihr hinüber in das Wohnzimmer. Lydia Naber sammelte mit geübtem Blick die Informationen: bequeme Ledergarnitur, moderne Schrankwand mit Porzellan und Urlaubserinnerungen, Fernseher, Stereoanlage, Landschaftsbilder und Stiche an der Wand, kein überflüssiger Kitsch. Sideboard mit Bilderrahmen. Vermutlich zwei Kinder und mindestens zwei Enkelkinder, dazu ein kleines Segelboot, dem Hintergrund nach zu urteilen, lag es im Zecher Segelhafen.
    »Wie war das heute Morgen, als Sie den Toten gefunden haben?«, fragte Robert Funk.
    Frau Pasternak zögerte. »Mhm … ich bin vom Bahnhof her in den Hafen gelaufen, steht ja schon alles für die Hafenweihnacht, die ganzen Buden und so. Nachdem ich am Mangturm vorbei war, habe ich rübergesehen zum Leuchtturm und zum Löwen. Vorher ging das ja nicht wegen den Holzbuden, ist ja alles dicht, und diesen Blick – den braucht man ja irgendwie, nicht wahr? Und als ich dann endlich da rübergesehen habe, auf Höhe des Stegs, da lag da so ein großes Bündel, was aussah wie ein Mensch, wie ein Betrunkener. Ich habe mich aber im ersten Augenblick nicht so richtig getraut dahinzugehen. Ich war auf einmal so aufgeregt und bin schnell weitergegangen, die paar Schritte bis zum Finanzamt und es war ja auch noch recht dunkel. Das bisschen Schnee hat nicht so recht Helligkeit zuwege gebracht. Ich bin gleich rein und habe das Außenlicht angemacht und aus einem Büro im ersten Stock da rübergeschaut. Und da sind dann schon ein paar Möwen geflogen. Eine saß auf dem Eisengeländer und eine andere hat sich auf das Bündel gehockt. Stellen Sie sich vor, und das wo es noch dunkel war. Da ist mir ganz anders geworden. Man macht sich ja so seine Gedanken und irgendwie … ja, jedenfalls habe ich dann sofort bei der Polizei angerufen und bin dann rübergegangen. Na ja, da lag er dann.«
    Robert Funk lächelte. »Das haben Sie prima gemacht. Und diese Möwen, die auch nachts fliegen, das sind Silbermöwen. Von denen haben wir in den letzten Jahren immer mehr. Die kommen zwischen November und März hierher an den See und die jagen auch in der Nacht. Völlig unterschätzte Vögel.«
    Lydia Naber bestätigte, wie gut Frau Pasternak reagiert hatte, und fragte anschließend: »Mich interessiert noch, ob Ihnen etwas aufgefallen ist, als Sie da aus dem Fenster gesehen haben. Es muss gar nichts Besonderes gewesen sein, Autoscheinwerfer, Geräusche, Menschen, Tiere … irgendetwas?«
    »Nein«, kam es nach kurzem Uberlegen, »nein, da war nichts. Ich bin dann rübergelaufen um nachzusehen …«, sie legte ihre Hände für einen Augenblick an den Mund, »das hat ja

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