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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Klingelschilder glauben. Robert Funk drückte mehrfach den Klingelknopf und wartete. Als sich nichts rührte, klingelte er auch bei den Nachbarwohnungen. Ebenfalls ohne Erfolg. Nun ja, dachte Funk, es war mitten am Tag und dieser Drohst war vielleicht bei der Arbeit. Er würde später nochmals zurückkehren und solange den anderen helfen. Schade nur, dass es keinen passenden Telefonbucheintrag zu einem J. Drohst in Lindau gab. Dann hätte man der Einfachheit halber telefonieren können.

    Lydia Naber war schnell erfolgreich gewesen. Im Lindauer Hof hatten weder Personal noch Gäste irgendetwas mitbekommen, was weiterhelfen konnte. Inzwischen war sie im Hotel Helvetia angelangt und hatte bereits mit dem Chef de Rang gesprochen. Innerhalb des Personals war die Geschichte von dem Toten, der quasi vor der Türe des Hotels gefunden worden war, ein heißes Gesprächsthema, doch niemand hatte in der Nacht etwas Auffälliges bemerkt. Die Chefin hatte sogar den Nachtportier zu Hause angerufen und nachgefragt. Lydia Naber fragte vorsichtig nach Gästen, von deren Schlafstörungen man vielleicht wüsste. Nach einigem Zögern wurde der Name einer älteren Dame genannt, die seit drei Wochen Gast im Hotel war.

New Lindau
    Nachdem Erich Gommert in vollkommener Unschuld in Kimmels Büro getreten war und in einem Zustand von Überraschung und Stolz vermeldete, dass im SWR soeben die Nachricht von dem Toten im Hafen gesendet worden war, hatte dies gar nicht dazu beitragen können, die Laune Kimmels zu heben. Das Gegenteil war der Fall. Als Kimmel die Quelle ergründet hatte, wäre es fast geschehen, dass er zum Telefonhörer gegriffen und im Friedrichshafener Büro angerufen hätte. Allein seine Erfahrung und ein Rest Vernunft hatten ihn davon abgehalten. Doch war er derart in Rage, dass er etwas, jemanden, was auch immer brauchte, um wenigstens einen Teil des angestauten Grolls loswerden zu können. Hundle, ein Tier mit feinem Gespür für Stimmungslagen, war nirgends zu sehen, schnarchte nicht, wedelte nicht, lag auf keinem Sofa herum, bettelte nicht – so blieb Gommi, als Überbringer der Nachricht. Er hatte sich schnell wieder in sein Büro verzogen und spürte das Ungemach heranziehen, als Kimmel ins Büro trat, ihm einen Augenblick zusah und schließlich fragte, was er da täte.
    »Arbeiten«, kam es ihm weit schnippischer über die Lippen, als er das gewollt hatte. Eigentlich hatte er gar nichts sagen wollen. Kimmel trat heran und sah ihm über die Schulter auf den Bildschirm. Was er sah, kam ihm bekannt vor. »Was ist das!?«
    »Die neue Liegenschaftstabelle.«
    Ah. Liegenschaftstabelle, erinnerte sich Kimmel wieder. Die hatte er per Mail bekommen und an Erich Gommert weitergeleitet. »Mhm, Liegenschaftstabelle. Und was musst du da eintragen?«
    »Ja, alles diesmal, aber du hast mir die doch geschickt«, lautete die entrüstete Antwort.
    »Jaja, ich weiß, ich weiß, aber glaubst du vielleicht ich schaue mir alles im Detail an? Ich muss mich doch auf dich verlassen können, oder? Also, was sind das für Zahlen, die du da einträgst?«
    Erich Gommert scrollte die siebenundfünfzig Spalten nach links und las vor: »Raumflächen, Gesamtflächen, Hofflächen, Deckenflächen, Wandflächen, Verkabelungen, Steckdosen, Blitzableiter, Waschbecken, Toiletten, Stühle, Tische … einfach alles.«
    Kimmel schluckte. »Aber das haben wir doch alles schon zusammengetragen und gemeldet?«
    »Ja, schon! Aber es gibt doch das neue Programm in Kempten und deswegen muss nun alles in die Tabelle hier, damit man es importieren kann. Mit den alten Sheets kann man nichts mehr anfangen.«
    »Womit kann man nichts mehr anfangen?«
    Gommi verzichtete auf eine Erklärung und Kimmel verschwand.
    Zurück in seinem Refugium griff er zum Telefon und ließ sich mit dem Sachbearbeiter der Liegenschaftsverwaltung verbinden. Als der sich meldete, bemühte sich Kimmel einen unbefangenen Gesprächston zu treffen. Er leitete ein, indem er auf die Anforderung der Statistik hinwies, wobei von seinem präsidialen Gegenüber immer nur ein »Mhm« oder lapidares, beinahe gelangweiltes »Ja, mhm« zu hören war. So kommunizierte man, wenn einen der Gesprächspartner nervte, störte und sonst unliebsam war. Kimmel spürte den Druck, der sich in ihm aufbaute und gegen den er ankämpfen musste.
    »Unsere baulichen Maßnahmen waren ja übersichtlich in den letzten Jahren: weißeln, ein defektes Fenster erneuern, einen Riss in der Mauer verpressen, weil für eine

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