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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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später auf dem Sofa, trank genussvoll einen alten Citran, von dem noch einige Fläschchen im Keller lagerten, und er ließ den Abend sein, wie er war. Lena half beim Aufräumen in der Küche. Das war nicht normal, ganz und gar nicht normal. Es war das unzweifelhafte Zeichen, dass etwas überhaupt nicht stimmen konnte. Er tat unbeteiligt. Doch keine der beiden rückte mit der Sprache heraus und der Abend ging seinen ungewohnten Gang.

    Wie Marja es vorausgesagt hatte, als sie ihm das zweite Glas eingeschenkt hatte, wurde es eine schlechte Nacht für ihn. »Du wirst wieder schlecht schlafen, wie immer«, hatten ihre Worte gelautet.
    Verrückte Träume hatten ihn zwischen Wachen und Schlafen gehalten und er war froh, als die digitalen Zahlen auf dem Wecker fünf Uhr anzeigten.
    Er startete früh in diesen Samstag und blieb extra lange unter der heißen Dusche stehen.

    Die Nacht hatte das Grau der vergangenen Tage verschwinden lassen. Schnee war wieder gefallen und über den in strahlendem Weiß bedeckten Flächen leuchteten in eisiger Kälte die Sterne aus einem schwarz bläulich schimmernden Himmel. Schielin ging mit eiligen Schritten hinüber zur Weide. Ronsard und die Friesen hatten den Stadel verlassen und standen in seltener Eintracht beieinander. Aus ihren Mäulern quollen helle Nebelschwaden, stoßweise, wie bei einer auf die Abfahrt harrenden Dampflokomotive. Die Hufe klangen nun hart auf dem oberflächlich angefrorenen Boden und es lag zu wenig Schnee, als dass er hätte dämpfend wirken können.

Schwesterherz
    Er war froh, bereits so früh zur Dienststelle gekommen zu sein und holte die Berichte auf den Bildschirm, las und dachte nach. Eine Mail aus Ulm beschäftigte ihn eine Weile. Die Ulmer hatten die Schwester des Toten, Britta Drohst, noch am späten Abend in ihrer Wohnung angetroffen und über das Geschehene unterrichtet. Soweit er es der kurzen Notiz entnehmen konnte, waren die Kollegen von dem, was sie bei der Schwester erlebt hatten, äußerst befremdet, und er wollte darüber in der Morgenbesprechung berichten.

    Die Kälte hatte sich festgesetzt. Ein immer wieder auffrischender Wind hatte sie beflissen in alle Ecken und Winkel getragen, wo sie heimisch geworden war und begann in die Erde zu kriechen, ins Wasser, in Steine und Mauern. Wer auf der Dienststelle ankam, klagte darüber, so wie man das zu tun hatte, so wie es sich gehörte zu klagen, und so, wie man es im Sommer tat, wenn die Hitze zu hitzig war, oder wenn die Stürme im Herbst oder Frühjahr zu wild waren. Über das Wetter musste man klagen, seine Unzufriedenheit darüber äußern, wie man es über die Politik, die Steuern und die Stadtverwaltung auch tat.

    Als Lydia Naber das Büro betrat, brachte sie einen kühlen Hauch von draußen mit herein.
    »Und – hast du noch gebacken gestern Abend?«, fragte Schielin.
    »Tssss – du denkst aber auch an Sachen, mein Lieber. Ganz genau, ich habe noch gebacken. Mein Künstlergatte hatte nämlich Elternabend gestern, das hatte ich fast vergessen. Habe meinen bockigen Lümmel in die Kiste geschickt – bei uns daheim bin ja ich der Bulle – und spät am Abend war die Küche endlich ganz mein Reich. Ohh, schon alleine der Geruch. Ich sage dir, es war das Beste, was ich hatte machen können. So entspannend, so entspannend! Den Teig ausrollen, Formen ausstechen, mit Marmelade bestreichen, in Schokolade tauchen, mit Streuseln bestreuen. Einfache und doch sinnvolle Tätigkeiten, die ein direktes Erfolgserlebnis bewirken. Hhmm … ich sage dir, das war die reinste Seelenmassage. Ich liebe ja diese unkomplizierten, eher rituellen Tätigkeiten, allerdings nur dann«, schränkte sie mit ernstem Gesicht ein, »wenn man nicht unter Zeitdruck ist, oder sich Besuch angekündigt hat und man es perfekt haben will. Das ist dann Stress.«
    Schielin war verdutzt, aber nicht wegen des Plätzchenbackens. »Elternabend am Freitag?«
    Sie winkte ab. »Ja, das heißt ja da auch anders … irgendwie …«
    »Ach genau, das ist ja ne Waldorfschule«, fiel es Schielin wieder ein, »da ist alles anders.«
    »Ja. Waldorfschule. Mein Holdester, der Herr Künstler, der muss den armen Jungen natürlich auf eine Waldorfschule schicken«, kam es schnippisch von Lydia Naber, während sie umständlich ihren Mantel auf einen Bügel bugsierte. »Weißt du, ich gehe da ja nicht mehr hin, wirklich nicht mehr. Für derlei bin ich zu rational gestrickt. Am Anfang, da dachte ich ja noch: Na ja, geh mal hin zu so einer Veranstaltung

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