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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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verleihen.
    Ein Stück weiter vorne, konnte er durch den Spalt zwischen zwei Buden für einen kurzen Augenblick Wenzel sehen, der am Bug eines Motorbootes stand und eine Stelle des Stegs mit großer Konzentration in Augenschein nahm. Er ging hinüber zu den kleinen grauen Eseln, verteilte ein paar Streicheleinheiten und entkam dem noch moderaten Gedränge. Auf dem Reichsplatz hatte sich eine südländisch aussehende Besuchergruppe vor der Rückseite des Alten Rathauses versammelt. Als er vorbeiging, hörte er die spanisch sprechende Stadtführerin »Josef Widmann« sagen. Das Josef klang interessant in der spanischen Aussprache. Offenkundig erläuterte sie die Bedeutung der von Josef Widmann geschaffenen Bemalung.
    Er hatte den Schlüsselbund mitgenommen und kam so bequem ins Haus hinein. Dieser Samstag war ein guter Tag für eine Befragung, denn er erreichte bis auf das Ehepaar in einer Wohnung im Erdgeschoss alle Bewohner. Zu Jochen Drohst allerdings erhielt er nur spärliche Informationen, was nicht an der Verschlossenheit der Befragten lag, sondern daran, dass Jochen Drohst keinen Wert auf einen Kontakt zu seinen Nachbarn gelegt hatte. Mehr als die Begrüßung, wenn man sich im Hausgang getroffen hatte, war ihm nicht zu entlocken gewesen. Sein Verhalten hatten einige sogar als abweisend und unfreundlich empfunden. Er war erst im August eingezogen und niemand hatte seither beobachten können, dass er Besuch empfangen hätte, geschweige denn eine Frau in der Wohnung gewesen wäre. Dies waren magere Ergebnisse. Wenngleich sie zu dem Eindruck passten, die er selbst in der Wohnung gewonnen hatte.
    Er ging nach oben in die Wohnung und packte die Notebooks ein. Die hatten sie gestern vergessen mitzunehmen. Vielleicht war denen mehr über ihren Besitzer zu entlocken. Wenn der schon so ein Computerfreak gewesen war, vielleicht hatte sein Leben dann in einer dieser virtuellen Welten des Internets stattgefunden. Wenn sie Glück hatten, hatte er dort mehr von sich preisgegeben als seiner nächsten ihn umgebenden Umwelt. Ja, genau. Daran hatten sie noch nicht gedacht, an Facebook, Xing und Google. Das würde er jetzt nachholen, wenn er zurück auf der Dienststelle war.
    Während er über den Stiftsplatz ging, ärgerte er sich, dass er erstens den Termin mit diesem Adrian Zuger so spät verabredet hatte und zweitens auf das Auto verzichtet hatte. Jetzt dauerte ihm alles zu lange.
    Er war unruhig geworden. Es musste etwas passieren in diesem Fall, es musste endlich etwas passieren, sie mussten auf etwas stoßen, was sie weiterbrachte, denn aus den Lebensumständen des Opfers, das spürte er, aus denen würden sie nichts erfahren, was ihnen helfen konnte.
    *
    Lydia Naber hatte den neuen Passat genommen, weil der über eine Sitzheizung verfügte, und war in gemütlicher Fahrt die Friedrichshafener Straße hinausgefahren. Sie zog eine Kolonne an Fahrzeugen hinter sich her, deren Fahrer es eiliger hatten und nach Kressbronn, Friedrichshafen, Ravensburg oder noch weiter kommen wollten, und die niemanden neben sich hatten, der zuhören wollte, so wie Robert Funk es tat, der auf dem Beifahrersitz saß und Lydias Berichten folgte. Schon am Krankenhaus war es wohlig warm im Auto und sie erzählte, wie froh sie nun war, endlich den Dachstuhl des alten Bauernhauses ausgebaut zu haben und welche Freude es ihr bereitete, die Zimmer einzurichten, Stoffe zu kaufen, Möbel auszusuchen. Wo doch immer wieder Kunden kamen, um mit ihrem Mann das eine oder andere Werk zu besprechen und nun endlich ein geeigneter, neutraler Raum für solche Termine gefunden war, bei denen es um Skulpturen, Stelen, Brunnen und immer öfter auch Grabsteine ging. Mehrfach forderte sie Robert Funk auf, sie daran zu erinnern, dass sie heute unbedingt noch auf der Insel vorbeischauen musste, um dort Vorhangstoffe abzuholen, die sie bestellt hatte, in der Aufregung um den Hafenweihnachtstoten jedoch ganz vergessen hatte. »Erinnere mich dran, ich muss heut noch zur Triflinger, Robert.«

    Sie parkte, wie Robert Funk einen Tag zuvor, direkt vor der Garageneinfahrt des Hauses. »Hübsche Wohngegend«, meinte sie anerkennend und sah sich um.
    Trotz der kahlen Äste und Zweige der Bäume und Büsche war der Blick in die Nachbargrundstücke nur eingeschränkt möglich. Die Dächer waren zu sehen und die dünnen weißgrauen Schwaden, die aus den Schornsteinen quollen. »Gehen wir zuerst rein und machen dann unsere Runde?«, stellte Lydia Naber eher fest, als dass es als Frage

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