Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
Vom Netzwerk:
auch nach Offenbach, um diesen Kutscher zu suchen.«
    »Vorher
muß ich einen Ermittlungsbericht schreiben«, sagte Beck und ging. Richard
packte das Manuskript über Daktyloskopie aus und begann zu lesen. Er war beim
zweiten Kapitel, als ein Polizeidiener Anna Frick hereinführte. Ihre Augen
glänzten fiebrig, ihr Gesicht war blaß. Unter den Manschetten ihres Kleides
schauten die Verbände heraus.
    »Man
sagte mir, ich solle mich nach der Entlassung bei Ihnen melden, Herr
Kommissar.«
    Richard
stand auf. »Das hätte doch Zeit gehabt bis morgen, Fräulein Frick.«
    »Sie
werden verstehen, daß ich die Angelegenheit alsbald abgeschlossen wissen
möchte.«
    Ihre
Miene war ausdruckslos, aber ein Zucken ihres rechten Augenlids verriet
Richard, daß sie nicht halb so stoisch war, wie
    sie vorgab.
»Am Tatort wurde eine Fingerspur sichergestellt. Ich benötige Ihre Abdrücke, um
einen Vergleich vornehmen zu können. Angesichts Ihrer Verletzungen fände ich es
jedoch besser ...«.
    »Nein.
Ich will, daß das jetzt sofort gemacht wird.«
    Richard
nickte und rief beim Erkennungsdienst an. »Ein Beamter wird Sie abholen.«
    Das
Zucken verstärkte sich. »Und was geschieht danach?«
    »Danach
können Sie nach Hause gehen.«
    »Wollen
Sie mich nicht verhören?« fragte sie spröde.
    Richard
lächelte. »Sie sind schon zweimal verhört worden, gnädiges Fräulein. Reicht
Ihnen das nicht?«
    »Aber
ich dachte...« Sie sah an Richard vorbei zur Wand. »Herr Kommissar Beck hat
keine Fragen mehr?«
    »Wenn
der Vergleich Ihrer Fingerspuren negativ ausfällt, hat sich die Sache für Sie
erledigt. Wann werden Sie denn wieder arbeiten können?«
    »Sobald
ich eine Stelle finde.« Auf Richards fragenden Blick setzte sie hinzu: »Man hat
mir gekündigt.«
    »Das
tut mir leid.«
    »Es war
zu erwarten.«
    Ein
Wachmann kam herein.
    »Begleiten
Sie Fräulein Frick zum Erkennungsdienst«, sagte Richard. »Und anschließend
bestellen Sie ihr eine Droschke.« Als er ihr abwehrendes Gesicht sah, fügte er
hinzu: »Die Kosten trägt das Land Preußen.«
    Beck
war mitten in seinem Bericht, als es klopfte. »Herein!« rief
    er
mürrisch.
    »Guten
Tag, Herr Kommissar«, sagte Anna Frick.
    Er
starrte sie an. »Sie ...? Was tun Sie hier?«
    »Ich
habe meine Fingerabdrücke abgegeben.«
    »Ah
ja.« Er räusperte sich. »Wie geht es Ihnen?«
    »Gut.«
    Ihr
fahles Gesicht und die bläulichen Ringe unter ihren
    Augen
straften die Antwort Lügen. Selten hatte Beck sich so unwohl gefühlt. »Gibt es
einen bestimmten Grund, warum Sie mich aufsuchen?«
    Sie
schloß die Tür und kam zu seinem Schreibtisch. »Sobald es mir möglich ist,
werde ich Ihnen Ihre Auslagen ersetzen.«
    »Ich
weiß nicht, von was Sie sprechen.«
    »Die
zwanzig Mark, die Sie
    »Ich
habe Ihnen bereits erklärt, daß sich die Angelegenheit erledigt hat, gnädiges
Fräulein!« Er tauchte seinen Federhalter ins Tintenfaß. »Ich habe Sie eines Diebstahls
bezichtigt, den Sie nicht begangen haben. Ich habe den Irrtum richtig gestellt.
Mehr kann ich nicht tun. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen? Ich habe
einen Bericht zu schreiben.«
    Er
zuckte zusammen, als sie seine Hand berührte. »Danke«, sagte sie und ging. Beck
starrte auf seine Hand, dann auf den halbfertigen Bericht. Es war lange her,
seit ihn eine Frau angefaßt hatte. Er dachte an Theodora, und statt eines Buchstabens
floß ein schwarzer Fleck aufs Papier. Fluchend zerriß er es.
    Victoria
stand vor dem krummen Fachwerkhäuschen und kam sich wie ein Eindringling vor.
Sie atmete durch und drückte den Klingelknopf.
    Heiner
Braun öffnete. »Victoria! Wie schön, Sie zu sehen.«
    »Guten
Tag, Herr Braun.« Seine offenkundige Freude machte sie verlegen. »Ich hoffe,
ich störe nicht?«
    »Ach
wo. Kommen Sie nur herein.«
    Sie
folgte ihm in den schummrigen Flur. Es roch nach frisch gewaschener Wäsche und
nach Bohnerwachs. Er nahm ihr den Mantel und den Hut ab und bat sie in die
Stube. »Sie waren lange nicht hier.«
    »Ist
das ein Grund, mich nicht mehr in die Küche zu lassen?«
    Er
lächelte. »Wenn Sie lieber auf einem harten Stuhl sitzen wollen - bitte sehr!«
    Victoria
war gerührt, als sie den vollgestellten kleinen Raum betrat. Nichts hatte sich
verändert. Sogar die alte Kaffeekanne stand am gewohnten Platz auf dem Herd.
    Heiner
Braun wies zum Tisch. »Suchen Sie sich die unbequemste Sitzgelegenheit aus.
Möchten Sie einen Kaffee?«
    Victoria
nickte. »Ich war auf Herrn Lichtensteins Beerdigung und dachte, ich schaue

Weitere Kostenlose Bücher