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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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hatte.«
    »Und
deshalb wollten Sie dem Ganzen gleich ein Ende machen?«
    »Ich
bitte Sie, Ihr Urteil über mich nicht an vergangenen Dingen...«
    »Ein
Selbstmörder in diesem Präsidium reicht mir!«
    »Dürfte
ich erfahren, auf welchem Wege Sie Kenntnis von diesem Schreiben erhalten
haben?«
    »Das
tut nichts zur Sache.«
    Laura
fühlte plötzlich Wut. »Ach nein? Daß dieser Brief auftaucht, nachdem ich
geäußert habe, einige Mißstände aufdecken zu wollen, ist ja wohl mehr als
auffällig.«
    »Welche
Mißstände?«
    »Daß
Polizeibeamte in den Untersuchungszellen mit festgenommenen Prostituierten den
Beischlaf vollziehen.«
    Franck
starrte sie an. »Was sagen Sie da?«
    Laura berichtete
ihm, was sie beobachtet hatte. Francks
    Miene
versteinerte. »Ich werde Gespräche mit allen Beteiligten führen und Sie meine
Entscheidung wissen lassen.«
    Laura nickte
und ging zurück ins Büro. Es war leer. Sie nahm die Schnapsflasche aus Liebens
Schreibtisch und trank. Das Zeug brannte in der Kehle, aber die Wärme tat gut.
Als Martin Heynel hereinkam, stürzte sie ohne ein Wort an ihm vorbei, und erst
im Rapunzelgäßchen kam sie wieder zu sich. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen
und weinte sich in den Schlaf.
    In der
Nacht wachte sie auf. Ihre Zunge lag pelzig im Mund, und das Zimmer drehte
sich. Ihr war zum Gotterbarmen übel. Im Flur war es stockdunkel, die Treppe kam
ihr weich wie Watte vor. Noch bevor sie das Erdgeschoß erreichte, wußte sie,
daß sie es nicht bis nach draußen schaffen würde. Sie klammerte sich an das
Geländer und übergab sich.
    »Um
Gottes willen, Fräulein Rothe!« hörte sie Heiner Brauns Stimme. Am liebsten
wäre sie gestorben vor Scham. Er stellte seine Lampe auf die Treppe und griff
ihr unter die Arme. »Kommen Sie. Ich bringe Sie in Ihr Zimmer.«
    »Bitte,
ich will erst saubermachen.«
    »Das
erledige ich«, sagte Helena. Sie war im Nachthemd und hatte ein Schlafhäubchen
auf. »Sie dürfen mir dafür das nächste Mal beim Hausputz helfen«, fügte sie
hinzu, als Laura protestierte.
    Heiner
brachte sie nach oben und füllte die Waschschüssel. Das kalte Wasser tat gut.
Laura trocknete sich Gesicht und Hände und setzte sich aufs Bett. Heiner Braun
holte einen Eimer. »Damit Sie beim nächsten Mal nicht so weit laufen müssen,
hm?«
    »Es tut
mir so entsetzlich leid.«
    »Ach
was.«
    Sie
schlug die Hände vors Gesicht. »Ich hab's verdorben. Genau wie in Berlin. Ich
hasse mich dafür.«
    Er
setzte sich zu ihr. »Sie sind eine tüchtige und liebenswerte junge Frau. Sie
sollten solche Dinge nicht sagen.«
    »Tüchtig
genug, den Lückenbüßer zu spielen, solange sich das hochwohlgeborene gnädige
Fräulein ziert, ja. Polizeirat Franck weiß Bescheid.« Sie hielt ihm ihre
Handgelenke hin.
    »Über
das auch.« Sie weinte. »Philipp hätte mich geheiratet. Aber ich habe Nein
gesagt. Und doch so sehr gehofft, daß es einen Weg für uns gibt. Daß er
versucht, mich zu verstehen. Drei Wochen später war er mit einer anderen
verlobt.« Ihre Stimme wurde zum Flüstern. »Wie kann er mich denn je geliebt
haben? Und Martin... Er hat mir von Anfang an gesagt, was er will. Und wieder
war ich so töricht, zu hoffen.« Sie brachte es gerade noch fertig, ihren Kopf
über den Eimer zu halten. Es war, als würge sie ihr ganzes galliges Leben aus
sich heraus.
    Heiner
half ihr, sich hinzulegen und deckte sie zu. »An was für einem Zeug haben Sie
sich vergriffen, hm?«
    Sie
schloß die Augen und dachte an die leeren Seiten in ihrem Album. Nichts als
Seifenblasen. In Francks Büro waren sie mit einem häßlichen Plopp zerplatzt.
Heiner strich ihr übers Haar. »Gefühle sprechen nun mal nicht gern mit dem
Verstand. Versuchen Sie, zu schlafen. Morgen sieht die Welt wieder besser
aus.«
    Sie
faßte seine Hand. »Es stimmt nicht, was ich Ihnen gesagt habe. Mein Vater weiß
sehr wohl, daß ich in Frankfurt bin. Ich bin gegen seinen Willen aus der
Jüdischen Gemeinde ausgetreten. Er will mich nie wiedersehen.« Tränen liefen
ihr über die Wangen. »Martin ist der einzige Mensch, den ich habe, Herr Braun.
Was soll ich denn tun?«
    Er
berührte die hellen Linien an ihrem Handgelenk. »Leben, Laura.«
    Als sie
aufwachte, schien die Sonne ins Zimmer. Auf ihrem Nachttisch stand ein Krug. Der
Geruch verriet ihr den Inhalt. Wer hatte ihn dahin gestellt? Und was sollte der
Eimer vor dem Bett? Plötzlich fiel ihr ein, was geschehen war. Und daß sie
gotterbärmlich verschlafen hatte!
    Sie
hatte sich gerade angekleidet, als

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