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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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sich
verplappert. Wie haben Sie es herausgefunden?«
    »Zilly
besitzt siebzehn Photographien ihres vorgeblichen Sohns, fortlaufend von 1887
bis 1903. Wie sollte sie, wenn Sie sich doch angeblich jahrelang nicht gesehen
hatten? Was hat Ihr Mann mit dem Kind gemacht?«
    »Was
weiß ich. Daß er den sechsjährigen Bengel einer zweitklassigen Hure nicht im
Kaiserpalast unterbringen konnte, hätte sie sich denken können.«
    »Diese
Art Geschäfte haben Sie in Frankfurt ebenfalls weitergeführt, nicht wahr?«
    »Warum
nicht? Man kann Eltern glücklich machen, wenn man ein Kind im passenden Moment
verschwinden und an geeigneter Stelle wiederauftauchen läßt.«
    »Zum
Beispiel in einem gelben Haus in Offenbach.«
    »Sieh
an! Sie wissen mehr, als ich dachte.«
    »Und
Oberwachtmeister Heynel hat Ihnen die passenden Kaninchen für Ihren Zauberhut
verschafft?«
    »Er hat
mir bei der einen oder anderen Vorstellung assistiert, ja. Für die
anspruchsvolleren Nummern fehlte ihm leider das nötige Nervenkostüm.«
    »Warum
haben Sie mit den Drohbriefen an Kommissar Biddling nach so langer Zeit wieder
angefangen?«
    »Als
ich erlebte, wie erschrocken er auf meine Anspielung in der Laterna reagierte,
konnte ich gar nicht anders. Obwohl ich
    es
bedauerte, daß er offenbar nicht belesen genug war, meine sublimen Anspielungen
in Gänze zu begreifen. Ich habe sogar extra einige der unsäglichen
Detektivgeschichten über diesen Sherlock Holmes studiert, der nicht mal
fehlerfrei Französisch zitieren kann! Und dann geschah das Unfaßbare: Mein
lieber Schwager kam zu mir und erbat meinen literarischen Rat. Nett, nicht
wahr?«
    »Und
welches Spielchen haben Sie mit seiner Tochter gespielt?«
    »Werfen
Sie einen Stein ins Wasser, und er zieht Kreise. Mit Floras heimlichem Ausflug
hatte ich nichts zu tun.«
    »Woher
wußten Sie, daß wir nach Ihrer Schreibmaschine suchten?«
    Sie
lachte. »Von meinem Schwager höchstpersönlich. Irgendwie hat er
herausgefunden, daß seine ersten Literaturlektionen und ein kleines pekuniäres
Angebot an seinen Gehilfen auf derselben Maschine geschrieben worden waren.
Wobei ich ernsthaft im Zweifel bin, ob er mir da nicht einen Bären aufgebunden
hat. Für alle Fälle habe ich das Ding sofort wegbringen lassen. Zilly war nicht
glücklich darüber. Sie ist geschickt im Schreiben. Ich habe ihr einen Gutteil
meiner Korrespondenz anvertraut.« Sie seufzte. »Wir beide würden ein gutes
Gespann abgeben, wenn sie nicht immer wieder ihre sentimentalen Anwandlungen
bekäme. Bringt Lichtenstein den Ring zurück! Noch dämlicher geht's wirklich
nicht.«
    »Wußte
Zilly, daß Sie mit den Briefen weitermachten?«
    »Nach
Biddlings Verhör konnte sie es sich denken.«
    »Victoria
sagt, Sie hätten versucht, die Gunst ihres Mannes zu gewinnen. Widersprach das
nicht Ihrem Ansinnen?«
    »Sind
Sie wirklich so einfältig, Wachtmeister? Es gibt nichts Demütigenderes für eine
Frau als eine offen praktizierte Buhlschaft ihres Gatten! Leider war Biddling
dafür nicht zu gebrauchen. Durch seine Ermittlungen war ich schließlich gezwungen,
mir auf die Schnelle etwas Endgültiges für ihn und gleichzeitig Effektives für
sie einfallen zu lassen. J'embrasse mon rival, mais c'est pour l'etouffer!«
    »Entschuldigen
Sie, ich bin nicht sonderlich firm in Französisch.«
    Sie zog
an dem Seil, bis er anfing zu röcheln. »Ich umarme meinen Feind, aber um ihn zu
ersticken! Eine Maxime meines verstorbenen Gatten: Lächle, wenn du deinem
Gegner das Messer in den Leib stößt. Das erhöht das Vergnügen.« Sie ließ das
Seil los.
    Heiner
rang um Luft und hustete. »Deshalb haben Sie einen Selbstmord vorgetäuscht? Den
Abschiedsbrief gefälscht? Um Victoria zu treffen?«
    »Sicher.
Und ich habe mit großer Freude festgestellt, wie gut meine Worte gewählt
waren.« In ihre Augen trat ein haßerfüllter Ausdruck. »Sie hätten mir mit
Ihrer verfluchten Geheimniskrämerei beinahe alles verdorben.«
    »Daher wußte
Franck also Bescheid. Aber warum das Ganze? Ich sehe den Sinn nicht. Sie können
Victoria doch nicht dafür verantwortlich machen
    »...daß
der einzige Mensch, den ich je geliebt habe, tot ist?« schrie sie. »Daß ich ihn
verraten habe, weil Biddling meine Unerfahrenheit und Dummheit ausgenutzt hat?
Daß ich an die miese Ratte Tennitz geriet? Daß mein Leben ruiniert ist? Nein?
Kann ich nicht?«
    »Ich
bitte Sie! Eduard war
    Ihre
Stimme überschlug sich. »Das gab Biddling nicht das Recht, ihn abzuknallen wie
ein Stück

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