Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
Vom Netzwerk:
verschwunden. Ich habe bereits Meldung an alle Polizeireviere und
Wachen gegeben.«
    »Haben
wir Erkenntnisse über ihn?«
    »Nein.
Ich schlage vor, wir lassen Die Sonne in Bockenheim überwachen.
Vielleicht taucht er dort auf.«
    Richard
nickte. »Veranlassen Sie eine telegraphische Anfrage nach Werdau. Vielleicht
bekommen wir von dort weitere Informationen. Ich werde den Tagesbericht und
die Laufzettel in die Kanzlei bringen und mich anschließend um die Damen kümmern.«
    »Welche
Damen?« fragte Beck irritiert.
    Richard
lächelte. »Polizeiassistentin Rothe hat diese Othild von Ravenstein
identifiziert, die Lichtenstein Montagmittag besucht hat: Sie nennt sich Zilly
und ist Prostituierte in der Laterna Magica. Und die Befragung von
Fräulein Frick steht auch noch aus.«
    »Mein
Gefühl sagt mir, daß diese Frauenspur zu nichts führt«, sagte Beck.
    »Sie
sollten eigentlich wissen, daß Intuition vor Gericht nichts zählt.«
    »Obwohl
sie meist zutreffend ist.«
    »Was
hat die Presse Neues zu berichten?« fragte Richard mit Blick auf die
Zeitung unter Becks Arm.
    »Ihre
Telephonate mit diversen Pressevertretern zeigen offenbar Auswirkungen. Ich
bezweifle allerdings, daß sie Polizeirat Franck gefallen werden. Aber lesen
Sie selbst.« Er legte die
    Abendausgabe
der Frankfurter Zeitung auf Richards Schreibtisch und ging.
    Eine
Stunde später schellte Richard an einem mehrstöckigen Haus unweit des
Centralbahnhofs, dessen Fassade mit antiken Statuen und Fabeltieren geschmückt
war. Über dem Eingang hing ein Schild mit der Aufschrift Clubhaus Laterna
Magica. Ein Mann in goldbetrasster Uniform öffnete. Richard zeigte seine
Dienstmarke und verlangte, die Wirtin zu sprechen. Eine junge Mamsell mit
Spitzenhäubchen und Schürze erschien. Lächelnd bat sie ihn, ihr zu folgen. Sie
gingen über einen mit Mosaiken belegten Innenhof und durch einen von Laternen
erleuchteten japanischen Garten zu dem von der Straße abgewandten Teil des
Gebäudekomplexes.
    Durch
ein säulengeschmücktes Portal gelangten sie in einen großen Salon, der mit
Mahagonimöbeln und kostbaren Draperien ausgestattet war. In der Mitte stand
ein elfenbeinfarbener Flügel. Eine weißgekleidete Frau spielte ein Menuett. Um
sie herum gruppierten sich junge Frauen in Abendtoilette, die Haare mit Bändern
und Blumen verziert. Weitere Frauen saßen auf Canapes und Sesseln, lesend oder
hinter aufgeklappten Fächern miteinander flüsternd. Keine von ihnen war älter
als fünfundzwanzig. Sie sahen aus wie höhere Bürgertöchter, die darauf
warteten, zum Ball abgeholt zu werden. Nur die rote Lampe über dem
Treppenaufgang und der um eine Nuance zu aufdringliche Parfumgeruch störten das
Bild wohlerzogener Sittsamkeit.
    Verstohlen
neugierige Blicke folgten Richard durch den Saal. Das Treppenlicht färbte das
Häubchen der Mamsell rose. In der ersten Etage dämpften Teppiche jeden Schritt.
Die Frau bedeutete Richard zu warten, klopfte an eine Tür und verschwand.
    Kurz
darauf wurde er hineingebeten. Das Kaminfeuer warf tanzende Schatten auf ein
Sofa, ein rundes Tischchen, einen Teppich und einen Lehnsessel. An der Wand sah
Richard einen Bücherschrank und die Umrisse eines Sekretärs. Ein leises
    Klimpern
an der Decke und der Geruch nach Kerzenwachs verrieten, daß die Lichter eines
Kristallüsters gelöscht worden waren.
    »Benötigen
Sie mich noch, Signora Runa?« fragte die Mamsell.
    »Nein«,
entgegnete eine weibliche Stimme. Von der Sprecherin war nichts zu sehen. Sie
schwieg, bis die Mamsell die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Womit kann ich
Ihnen dienen, Kommissar Biddling?«
    »Gibt
es einen Grund, warum Sie sich vor mir verstecken, Signora?«
    »Wenn
man den Menschen gleich und immer sagt, worauf alles ankommt, so denken sie,
es sei nichts dahinter, Kommissar.«
    Ihre Stimme
hatte ein schönes Timbre, aber etwas daran störte Richard. War es ihre Art zu
sprechen, als wäge sie das Für und Wider eines jeden Wortes sorgsam ab, ehe sie
es gebrauchte? Oder war es der unterschwellige Ton aus Süffisanz und
Herablassung, mit dem sie ihm zu verstehen gab, daß er sich auf fremdem Terrain
bewegte?
    »Ich
habe einige Fragen an Zilly.«
    »Und
welche, bitte?«
    »Erlauben
Sie mir, daß ich ihr das selbst sage.«
    »Ich
bin für die Damen dieses Hauses verantwortlich und möchte wissen, was ihnen vorgeworfen
wird.«
    »Niemandem
wird irgend etwas vorgeworfen«, sagte Richard.
    »Es
geht um den Mord an Lichtenstein, habe ich recht?«
    »Es
geht um eine

Weitere Kostenlose Bücher