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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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zwei ostindische Bauernjungen. Wußten Sie das?«
    »Nein.«
    »Indien
ist ein faszinierendes Land. Haben Sie je daran gedacht, Ihren Bruder zu
besuchen?«
    »Sie
haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Ich
hoffte, jemanden zu finden, der meine Leidenschaft für das Verbrechen teilt.«
    Sie
lächelte. »Die Leidenschaft für die Aufklärung von Verbrechen.«
    »Auf meiner
Reise durch das Hochland von Dekkan erzählte mir eine alte Bäuerin die Legende
von zwei Brüdern, die an den hinterlassenen Spuren eines Kamels erkannten, daß
es
    halb
mit Zuckerwerk und halb mit Getreide beladen, auf einem Auge blind und zudem
schwanzlos war.«
    »Ich
wußte gar nicht, daß es in Ostindien Kamele gibt.«
    Er
zuckte mit den Schultern. »Es könnte auch ein Camelus bactrianus ferus auf
dem Weg über die Seidenstraße am Rande der großen Takla-Makan-Wüste gewesen
sein.«
    Victoria
lachte. »Und wie deduzierten die beiden Nachwuchsdetektive den Zustand des
bedauernswerten Tieres?«
    »Die
Fliegen schwärmten nur auf einer Seite des Wegs, folglich trug das Kamel nur
dort etwas für sie Angenehmes. Die Kräuter am Straßenrand waren nur auf einer
Seite abgefressen, folglich sah das Kamel nur auf einem Auge. Und der Kot, den
Kamele normalerweise mit ihrem Schwanz zerstreuen, lag auf einem dicken Haufen,
also hatte dieses keinen Schwanz mehr. Wetten, daß ich weiß, welche von Doyles
Geschichten Sie am meisten mögen?«
    »Wetten,
daß ich weiß, wie Sie es deduzieren werden?« gab Victoria zurück. »Ihre
Lieblingslektüre ist unzweifelhaft A Scandal in Bohemia, gnädige Frau«,
ahmte sie Hopfs Stimme nach. »Auf dem Sammelband, in dem sich diese Geschichte
befindet, liegt geringfügig weniger Staub als auf den anderen Büchern von
Arthur Conan Doyle, was zunächst Ihre Präferenz innerhalb der Reihe beweist.
Des weiteren lassen Ihre aufrührerische Garderobe und Ihre heftige Reaktion
auf meine vorgebliche Kritik an weiblichem Leistungsvermögen den Schluß zu,
daß Sie sich als eine intellektuell ausgerichtete Vertreterin Ihres Geschlechts
wähnen. Was liegt also näher als anzunehmen, daß Sie genau die Geschichte in
höchstem Maße schätzen, in der Sherlock Holmes an weiblicher Kombinationskunst
scheitert? Irene Adler, vom Meister voller Verehrung die Frau genannt,
ersetzte Ihnen Detektiv Dupin, wie einmal mehr die unterschiedliche Höhe der
Staub- und Flusenhaufen auf den entsprechenden Büchern beweist.«
    Hopf
grinste. »Dem ist nichts hinzuzufügen.«
    »Woher
wissen Sie, daß mein Mann mittlerer Beamter ist und Mordfälle bearbeitet?«
    Er sah
sie überrascht an. »Hat er Ihnen denn nicht gesagt, daß er gestern bei mir in
Niederhöchstadt war?«
    »Wie
bitte?«
    Seine
Gesichtszüge verhärteten sich. »Unter diesen Umständen ist es wohl besser,
wenn ich gehe.«
    »Was
wollte er von Ihnen?«
    »Er hat
mein Alibi für Freitag überprüft.«
    »Soli
das heißen, er verdächtigt Sie, Lichtenstein ermordet zu haben? Das ist ja
lächerlich!«
    »Ihr
Gatte machte keinen besonders belustigten Eindruck.«
    »Ich
war am Freitag bei Ihnen!«
    »Das
habe ich ihm gesagt, und aus dem Umstand, daß er mit Ihnen nicht darüber
gesprochen hat, schließe ich
    »Guten
Tag, Karl!«
    Freudestrahlend
kam Flora ins Zimmer. »Das ist aber fein, daß du uns besuchst.«
    Er
küßte ihr lächelnd die Hand. »Guten Tag, gnädiges Fräulein! Wie geht es
Malvida?«
    »Vorhin
hat sie meine Hand geleckt.«
    »Damit
zeigt sie dir, daß sie dich mag.«
    »Und
dann hat sie auf den Boden gestrullert.«
    »Sie hat
was?« fragte Victoria entrüstet.
    »Keine
Sorge, Mama. Tessa hat alles aufgewischt.«
    »Du
mußt zu festen Zeiten mit ihr nach draußen gehen«, sagte Hopf. »So wird sie
rasch lernen, daß sie nicht in die Stube machen darf. Wo hast du denn deine
Schwester gelassen?«
    »Vicki
übt Klavier. Aber das hast du doch bestimmt gehört, als du hochgegangen bist.«
    »Warum
bist du schon zurück?« fragte Victoria.
    »Das
Französischfräulein hat Husten«, sagte Flora vergnügt.
    »Magst
du etwa kein Französisch?« fragte Hopf.
    »Englisch
auch nicht.« Sie machte eine ausholende Handbewegung. »Und Lesen auch nicht.«
    »Das
ist aber schade.«
    »Kann
ich morgen dein Spiegelzimmer ansehen?«
    »Nein«,
antwortete Victoria.
    »Und
übermorgen?«
    Hopf
sah Victoria an. »Übermorgen paßt es mir gut.«
    Flora
klatschte in die Hände. »Prima! Wir kommen gleich nach der Schule.«
    »Das
entscheide immer noch ich«, sagte Victoria.
    Karl
Hopf zuckte

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