Hahn, Nikola
und
lief aus dem Zimmer.
»Sie
setzen ihr Flausen in den Kopf«, sagte Victoria.
»Freuen
Sie sich gar nicht, daß es mir gelungen ist, Ihre Tochter für Ihre
Lieblingslektüre zu begeistern?«
»Ich
finde, dafür ist sie noch etwas zu jung.«
»Wie
alt waren Sie, als Sie zum ersten Mal in die Bibliothek Ihres Onkels geschlichen
sind?«
»Älter.«
Hopf
lachte. Er ging zu den Zeitungen und blätterte darin herum.
»Was
tun Sie da?« fragte Victoria.
»Ein
Rätsel für Sie suchen. Ah ja, das hier scheint angemessen zu sein.« Er hielt
ihr ein Exemplar der Frankfurter Zeitung hin. Der Artikel, auf den er
zeigte, war nur wenige Zeilen lang. »Ich bin gespannt, was Sie daraus
schlußfolgern
werden,
gnädige Frau.« Er berührte ihr Gesicht. »Ich freue mich auf Mittwoch.«
Victoria
wollte etwas sagen, aber er schüttelte den Kopf. Er ging, und sie stand da und
starrte die Tür an. Als Tessa kam, um abzutragen, las sie den Artikel.
Frankfurter Angelegenheiten. Frankfurt, 18. Januar.
Unfall in Bockenheim. Wie ein Berichterstatter soeben meldet, ereignete sich
heute früh in der Maschinenfabrik Pokorny & Wittekind in der Kreuznacher
Straße ein ernster Zwischenfall. Vermutlich durch einen Wartungsfehler an
einem Sicherheitsventil verursacht, kam es an einem mechanischen Hammer zu einer
Dampfexplosion, wodurch der Maschinenwärter getötet wurde. Zwar ist die
Polizei in die Sache eingeschaltet, zur Zeit spricht jedoch alles dafür, daß es
sich um einen tragischen Unglücksfall handelt.
Was, um
Himmels willen, sollte sie aus dieser mageren Meldung deduzieren?
*
Richard
brauchte einen Moment, bis er begriff, wer vor ihm stand. »Entschuldigen Sie,
ich dachte...«
«...
daß ich Hermann bin.« Ein Lächeln huschte über Lichtensteins Gesicht, aber es
lag keine Fröhlichkeit darin. »Ich wurde öfter mit meinem Bruder verwechselt.«
Richard
gab ihm die Hand. »Mein aufrichtiges Beileid, Herr Lichtenstein. Was kann ich
für Sie tun?«
Lichtenstein
öffnete seine Aktenmappe. »Herr Beck bat um einen Beleg über meinen Aufenthalt
am Freitag. Wie ich ihm bereits sagte, logierte ich im Hotel Vogel in
Wiesbaden. Ich habe mir eine Kopie der Rechnung erstellen lassen.« Er legte sie
auf Richards Schreibtisch. »Ein Hoteldiener holte mich um halb eins am Bahnhof
ab; anschließend nahm ich bis etwa zwei Uhr das Diner zu mir, danach führte ich
ein Gespräch mit dem Hotelbesitzer, Herrn Schäfer.«
Richard
überflog die Rechnung. »Wer wird das Geschäft Ihres Bruders weiterführen?«
»Ich
habe einen Treuhänder bestimmt. Können Sie schon
sagen,
wann mit der Freigabe der Räumlichkeiten und der sichergestellten Unterlagen zu
rechnen ist?«
»Die
Entsiegelung der Geschäftsräume werde ich morgen früh veranlassen.« Richard
zeigte auf die Aktenordner neben Brauns Stehpult. »Den größten Teil habe ich
durchgesehen; einer Freigabe stünde nichts entgegen.«
»Das
Wichtigste wäre die Kundenkartei«, sagte Lichtenstein.
»Wir
werden unser Möglichstes tun.« Gern hätte Richard ihn gefragt, wie der
Treuhänder mit den Doppelverträgen zu verfahren dachte, aber da er nicht
wußte, ob Hermann Lichtenstein seinen Bruder überhaupt darüber informiert
hatte, hielt er es für besser, vorerst abzuwarten. »Darf ich Ihnen einige
Fragen zum persönlichen Umfeld Ihres Bruders stellen?«
»Sicher.«
Viel
Neues erfuhr Richard nicht. Lichtenstein kannte weder Karl Hopf noch Bruno
Groß. Auch der Name Koobs sagte ihm nichts. Als Richard die Laterna Magica erwähnte,
lächelte er. »Sie wollen doch nicht andeuten, mein Bruder hätte in diesem
Etablissement verkehrt?«
»Wäre
das so ungewöhnlich?«
»Hermann
war ein grundsolider Mensch. Solche Eskapaden hatte er nicht nötig.«
»Und
Sie?«
»Ich
auch nicht. Obwohl ich es mir selbst noch eher zutrauen würde als Hermann.«
Richard
gefiel seine Offenheit. »Ist es denkbar, daß Ihr Bruder Angewohnheiten hatte,
die weder Sie noch seine Familie kannten?«
»Wie
darf ich das verstehen?«
»Wir
wissen, daß er eine Woche vor seinem Tod in diesem Bordell war, und mich würde interessieren,
ob ...«
»Das
kann ich nicht glauben!«
»Wenn
dieser Besuch so außergewöhnlich war: Was könnte Ihren Bruder dazu bewogen
haben?«
»Ich
weiß es nicht. Ich...« Er stockte. »Haben Sie es seiner Frau gesagt?«
»Von
uns wird sie nichts erfahren, es sei denn, es wäre für die Ermittlungen
unerläßlich.«
Lichtenstein
fuhr sich übers Gesicht. »Hermann und ich waren nicht oft
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