HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
minder glücklicher Ehemann.
„Bernd – was machst du denn hier?“ Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung ließ er die Hand, mit der er die Waffe im Anschlag gehalten hatte, sinken.
„Ich wohne hier, schon vergessen?“ Kaltenbach winkte ab. „Sag mal, Udo, bist du besoffen?“ Er trat näher und roch Udos Atem. „Hast du wieder versucht, Apfelschnaps zu brennen? Das ist verboten, solltest du als Bulle aber wissen.“
„Du Blödmann, weißt du, was du mir für einen Schrecken eingejagt hast?“
Udo Reuschenbach steckte die Waffe zurück in sein Schulterholster. Als Polizist trug er die Waffe auch in der Freizeit mit sich herum – zumindest dann, wenn er Bereitschaft hatte. Anfangs hatte er auf der Wache in Linz Dienst geschoben, doch nach der Reform der Polizeibehörden des Landes war er nach Koblenz versetzt worden.
„Ich habe dir einen Schrecken eingejagt?“ Kaltenbach konnte es nicht glauben. Er stand auf und tippte sich an die Stirn. „Du hast sie nicht mehr alle – die Höhenluft im Polizeipräsidium am Moselring scheint dir nicht zu bekommen, Alter!“
Reuschenbach ging nicht auf die Bemerkung seines Freundes ein. „Ich war noch mit dem Hund draußen. Da habe ich gesehen, dass hier ein fremder Wagen mit Wittlicher Nummer im Hof parkt. Und im Haus brannte Licht. Den Hund habe ich schnell bei Larissa abgegeben und bin sofort zurück hierher. Ich dachte, man hat eingebrochen, und ich erwische die Schweine auf frischer Tat.“
Es war ein Leichtes für Udo Reuschenbach gewesen, unbemerkt ins Haus zu gelangen. Er wusste, in welchem Blumentopf Kaltenbach den Ersatzschlüssel versteckt hatte. „Was ist das für ein Auto, mit dem du hier bist? Wo ist dein geliebter Feuerofen?“
„Zu viele Fragen für diese Uhrzeit.“ Kaltenbach winkte ab und erhob sich. Er führte seinen Freund in die Küche, schaltete das Licht ein und besorgte Bier aus dem Kühlschrank. Die Männer sanken auf die Eckbank und stießen an.
„Was ist nun mit der Honda?“, fragte Udo und wischte sich den Schaumbart mit dem Handrücken fort.
„Platt“, murmelte Kaltenbach resigniert.
„Was?“ Udo machte große Augen. „Du hast die Honda geschrottet?“
„Nein, nur den Reifen. Ich hatte ’nen Platten, und ich könnte schwören, dass da jemand nachgeholfen hat.“
Bernd berichtete dem Freund, dass er seine alte Jugendliebe aus Enkirch getroffen hatte.
„Aber warum sollte …“ Udo Reuschenbach überlegte und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass Bettina dich so überreden wollte, an der Mosel zu übernachten.“
„Wir waren die ganze Zeit zusammen“, stimmte Kaltenbach zu. „Außerdem würde ich ihr so was nicht zutrauen.“
„Aber wer sollte dann…“ Udo nahm einen weiteren Schluck Bier und lauschte Kaltenbachs Bericht, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen.
An seiner Mimik sah Kaltenbach, dass es hinter der Stirn des Freundes arbeitete.
„Vielleicht hat man dich verwechselt“, brummte Reuschenbach schließlich, als die Sprache auf die eigenartige Verfolgungsjagd kam. „Diese Polos gibt es doch wie Sand am Meer.“
„Das wär’ mir ein zu großer Zufall, Alter.“ Kaltenbach stellte die Flasche auf dem Küchentisch ab und massierte sich die lange Nase.
„Also glaubst du, dass man es auf dich abgesehen hat?“
„Ich bin froh, dass Bettina mich nicht überredet hat, bei ihr zu bleiben.“ Kaltenbach leerte seine Flasche, spürte nach dem langen Tag schon die Wirkung des Alkohols, erhob sich trotzdem, um aus dem Kühlschrank Nachschub zu organisieren. „Ehrlich gesagt, habe ich schon überlegt, ob sie irgendwie in der Geschichte mit drinhängt – immerhin war es ihr Auto, dem der Anschlag gegolten hat.“
„Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen?“ Udo Reuschenbach nahm die zweite Bierflasche dankend an und knibbelte an dem feuchten Etikett herum. „Ich meine, es war auch kein Anschlag. Man hat dir ein wenig Angst gemacht, das wäre vielleicht ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr oder irgendwas Fahrlässiges. Aber ein Anschlag war das juristisch betrachtet nicht.“
„Ich scheiß auf juristische Anschläge, Alter – mir ging echt der Stift, als mich der Typ in dieser großen Karre bedrängt hat.“
„Und Bettina soll mit drinhängen?“
Bernd setzte sich wieder zu seinem Freund. „Sie hat den toten Ortsbürgermeister gefunden und deine Kollegen gerufen. Sie war die rechte Hand des Toten, und sie wusste
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