HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
hatte, fortan eigene Wasserprüfungen vorzunehmen.
Und an diesem Morgen hatte sich die Investition gelohnt, denn bei seiner heutigen Inspektion am Ahringsbach hatte er wieder drei tote Fische aus dem Wasser gezogen. Mit Schutzhandschuhen hatte er die Fischleiber in eigens dafür vorgesehene Transportboxen gelegt, um sie im Labor zu untersuchen. Natürlich hatte er auch Gewässerproben genommen; und Immich war sicher, dass am Hahn wieder etwas schiefgelaufen war. Oben am Rauschkümpel hatte er kein Handyempfang gehabt, deshalb war er so schnell wie möglich weitergefahren. Vom Labor aus würde er den Verbandsbürgermeister über seinen traurigen Fund informieren. Wahrscheinlich würde man den Ahringsbach unverzüglich von der Trinkwasserversorgung nehmen. Dennoch waren Schwierigkeiten vorprogrammiert, denn in letzter Zeit häuften sich die Störfälle. Und die Betreibergesellschaft des Flughafens würde ihre Hände wieder in Unschuld waschen. Die zuständigen Manager wussten durchaus, dass sie am längeren Hebel saßen und die Regierungen zweier Bundesländer im Rücken hatten.
Wo Menschen sind, werden Fehler gemacht, so lapidar hatte es einer der Verantwortlichen am Hahn neulich noch ausgedrückt und sich damit in der Öffentlichkeit nicht gerade beliebt gemacht. Es war höchste Zeit, dass etwas geschah, dachte Dirk Immich verbittert, als er den Wagen neben dem Container parkte. Er stieg aus und öffnete die Heckklappe. Bevor er die Transportboxen mit den toten Fischen und den Wasserproben entlud, machte er sich an der feuerfesten Tür des Labors zu schaffen. Als er den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, bemerkte er, dass sich in der Nacht offenbar jemand an der Tür zu schaffen gemacht hatte. Es sah aus, als habe man versucht, die Tür mit einem großen Schraubenzieher aufzuhebeln. Nun, das war offensichtlich nicht gelungen, stellte Immich erleichtert fest, während er den Schlüssel ins Schloss schob und die Tür öffnete. Er trat wieder an den Kofferraum und nahm die Transportboxen mit, um sie in das Labor zu schaffen. Ihm schlug muffiger Geruch entgegen. Wenn die Sonne stundenlang auf das eiserne Flachdach des Containers brannte und Fenster und Türen geschlossen waren, stand die Luft in dem kleinen Raum. Die Jalousien der Fenster hatte er am Vorabend herabgelassen. Obwohl die Kriminalitätsrate in dieser Region relativ gering war, so wollte er kein Risiko eingehen und einen Einbruch verhindern. Immerhin befanden sich in dem kleinen Labor sündhaft teure Messinstrumente.
Doch Dirk Immich arbeitete stets verantwortungsbewusst und gewissenhaft. Als hinter ihm die schwere Tür ins Schloss fiel, stand er sekundenlang im Dunkeln. Mit einem Fluch auf den Lippen stellte er die beiden Kisten neben sich auf den Fußboden und streckte die Hand aus. Wie blind wischte Immich über die Wand zu seiner rechten. Als er den Feuchtraumlichtschalter fand, betätigte er ihn. Ein Zischen zerriss die Stille, er warf einen Blick an die Decke, dorthin, wo sich die Lampe befand. Der kleine Wolframfaden der Lampe glühte auf. Im nächsten Augenblick war der Diplom-Biologe von einer Stichflamme, die von der Decke zu kommen schien, geblendet. Seine Trommelfelle schienen zu platzen, als er die Druckwelle spürte, die sich in einem Sekundenbruchteil ausbreitete. Immich taumelte zurück, prallte rücklings gegen die Wand und schlug hart mit dem Hinterkopf auf. Starr vor Schreck beobachtete er das eigenartige, todbringende Schauspiel, das sich ihm bot. Es schien, als würde die Luft in Flammen stehen. Flammen schlugen von der Decke abwärts, loderten an den dünnen Trennwänden des Containers, und im gleichen Moment brannte seine Kleidung. Die Hitze, die an ihm hinaufzukriechen schien, machte ihn benommen. Immich wollte flüchten, aus dem brennenden Container stürzen, doch die Tür war noch verschlossen. Er war gefangen in diesem schrecklichen Inferno und hatte keine Chance, den Flammen noch zu entkommen. Der Geruch nach verbrannter Haut und verkohlten Haaren kroch ihm in die Nase, dann brach er ohnmächtig vor Schmerzen bewusstlos zusammen.
Koblenz-Altstadt, 9.10 Uhr
Kaltenbach erreichte die Rhein-Mosel-Metropole eine gute Stunde später. Obwohl er mit Bettinas Polo unterwegs war, trug er seine Motorradkombi, denn mit ein wenig Glück würde er die Honda heute Abend wieder mit nach Hause nehmen können.
Bevor Kaltenbach sich auf den Weg zur Redaktion machte, wollte er seine alte Freundin Sabine Wellershoff besuchen. Sie hatte vor
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