HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Verbandsgemeinde gewandt, doch die haben ihn wohl nicht so unterstützt, wie er sich das gewünscht hatte.“
„Wegen der Arbeitsplätze und der Gewerbesteuer, die der Hahn bringt“, kommentierte Kaltenbach. „Immer die gleiche Leier.“
Sabine nickte und fuhr fort: „Also suchte er sich professionelle Hilfe. Ich ließ Gewässer- und Bodenproben entnehmen und habe Gutachten von Sachverständigen erstellen lassen, die sich nicht erpressen ließen. Das Ergebnis war niederschmetternd: Im Wasser, das der Flughafen in die umliegenden Bäche einleitet, befanden sich krebserregende Stoffe.“
„Das erklärt wohl auch die toten Fische.“
„Richtig“, bestätigte Sabine.
„Wer ist dieser Rudolf Manderscheid?“
„Er war ein Bauunternehmer und sehr umweltbewusst“, erläuterte Sabine.
Kaltenbach lachte auf. „Ist das nicht ein Widerspruch in sich?“
„Nein, finde ich nicht. Er wohnte in Enkirch und machte sich Sorgen um die Gesundheit seiner Mitbürger, deshalb war er sehr engagiert. Seine Kritiker bezeichneten ihn als streitsüchtig und als Querkopf.“
„Und so hast du dich ihm angenommen“, schmunzelte Kaltenbach und stellte die leere Kaffeetasse ab.
„Das ist mein Job“, nickte Sabine. „Und es kam Manderscheid nicht auf den Preis an – ihm war es wichtig, gegen den Hahn anzustinken.“
„Dazu kam es aber nicht mehr, nehme ich an?“
„Leider nicht. Man fand Rudolf Manderscheid tot im Ahringstal. Er lag kopfüber am Rauschkümpel im Bach und ist ertrunken.“
„Und das soll Mord gewesen sein? Könnte er nicht genauso gut gestürzt sein?“
„Ja, wäre da nicht die Kugel, die ihm die Lunge zerfetzt hat“, entgegnete Sabine.
„Aber ein Mord zieht im Normalfall doch die Ermittlungen der Polizei nach sich – oder wie war das damals?“
„Natürlich hat sich die Kripo eingeschaltet. Aber nach dem Mörder von Rudolf Manderscheid sucht man wohl heute noch. Eine tragische Sache, ein ungeklärter Mordfall, und ich blieb natürlich auf meinen Kosten sitzen.“
Kaltenbach schüttelte in gespielter Empörung den Kopf. „Dass ihr Weiber nur an die Kohle denkt“, rügte er die alte Freundin und fing sich prompt einen freundschaftlichen Knuff in die Seite ein. Er beschloss, Reuschenbach zu dem Fall zu befragen. Sollte dieser Manderscheid keine Feinde gehabt haben, dann lag es auf der Hand, dass man ihn aus dem Weg geräumt hatte, weil er unbequem geworden war. So wie Gerber.
„Mord und Totschlag im Auftrag eines Flughafens?“ Er konnte es nicht glauben. „Die müssen ihre Schotten doch eh bald dicht machen, wenn auf dem Hahn kein Wunder mehr passiert.“
Sabine schüttelte den Kopf. „In diesem Jahr verzeichnete man zwar 13 Prozent weniger Fluggäste als im letzten Jahr, dafür stieg der Frachtverkehr um 70 Prozent an. Trotzdem hat man das letzte Geschäftsjahr mit einem Minus von 11 Millionen Euro abgeschlossen.“
Kaltenbach pfiff durch die Zähne. „Die stehen mit dem Rücken an der Wand.“
„Und vergeuden Steuergelder – so werfen es ihnen die Kritiker vor.“
„Wie peinlich wäre es, wenn die Betreiber – beide Länderregierungen also – einen bankrotten Flughafen übernehmen, um ihn dann mit einem Minus in zweistelliger Millionenhöhe aufzugeben?“
„Einem Privatunternehmen hätte man wohl mit Insolvenzverschleppung gedroht“, erwiderte Sabine.
Langsam wurde Kaltenbach die Tragweite des Falles bewusst. Hier ging es nicht nur um verseuchtes Trinkwasser und um einen ermordeten Ortsbürgermeister – hier stand das Ansehen von zwei Bundesländern auf dem Spiel. Ein bankrotter Flughafen als Prestige-Objekt? Schwer vorzustellen, aber der Verdacht drängte sich Kaltenbach auf. Doch griff die Regierung auch zu mafiösen Mitteln, um sich in Schadensbegrenzung zu üben?
„Spätestens in fünf Jahren soll der Flughafen dann aber Gewinne erwirtschaften.“
„Welch frohe Botschaft für die Steuerzahler in Rheinland-Pfalz und Hessen“, brummte Kaltenbach sarkastisch. „Ich habe da aber noch etwas anderes, das mich interessiert.“ Er berichtete Sabine von den toten Fischen im Ahringsbach und von dem Mord an Gerber. Auch von der seltsamen Verfolgung und dem nächtlichen Anruf berichtete er seiner Freundin.
„Das ist eine heiße Nummer“, räumte Sabine schließlich ein. „Wenn du mich fragst – bleib am Ball!“
Mit dieser Antwort hatte Kaltenbach am wenigsten gerechnet. Alle hatten ihm empfohlen, die Finger von der Geschichte zu lassen, und nun empfahl ihm
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