HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
abfällig nannte. Melanie war als angehende Mediengestalterin bereits damit beschäftigt, das Layout zu gestalten und die vorliegenden Anzeigen im Blatt zu positionieren. Dietz hackte völlig weltfremd auf einer Tastatur herum und hoffte, die Story zu schreiben, die sein journalistisches Leben verändern würde.
Woran genau er arbeitete, wusste Kaltenbach nicht, wahrscheinlich brütete er aber eine Geschichte zu einem der unzähligen Karnevals- oder Schützenvereine in der Region aus.
„Ich bin so weit durch mit den Kurzmeldungen“, brummte Kaltenbach schließlich, während er seine Dokumente sicherte.
Mellie, die ihm direkt gegenübersaß und angestrengt auf einen übergroßen Monitor mit dem angebissenen Apfel auf der Rückseite starrte, blickte über den Rand des Computers zu ihm. Sie lächelte und klickte hektisch mit der Maus herum.
„Schön“, sagte sie. „Bei mir dauert es noch. Ich warte noch auf einige Freigaben, dann kann ich auch weiter hier.“
„Das heißt, wir sind mit dem Tagesgeschäft durch?“ Kaltenbach machte sich Hoffnungen, die Redaktion rechtzeitig verlassen zu können.
Mellie nickte. Dietz blickte kurz zu ihnen herüber, seufzte und rollte mit den Augen. „Ich brauch noch ein wenig. Mellie, ruf doch mal die Druckerei an – es dauert heute eine Stunde länger als sonst, ich arbeite an der Titelgeschichte.“
„Thema?“, fragte Kaltenbach, während er seinen Arbeitsplatz aufräumte.
„Die Seilbahn zum Ehrenbreitstein. Ist immer noch nicht ganz raus, ob sie nach der Landesgartenschau unbefristet erhalten bleibt oder irgendwann wieder abgebaut wird.“
„Tolle Geschichte“, lästerte Kaltenbach. „Aber das Ding ist ein Touristenmagnet für die Stadt. Na, mir soll es egal sein.“
„Was machst du jetzt?“
Dietz hatte Mühe, seine Enttäuschung über Kaltenbachs Meinung zu seinem vermeintlichen Top-Artikel zu verbergen.
„Ich schreibe dir eine Titelgeschichte.“
„Du?“ Dietz musterte ihn überrascht.
„Ich hab schon Leitartikel geschrieben, als du noch in die Windeln gekackt hast, also bleib mal locker.“ Er griff zum Telefon und wählte Prangenbergs Nummer.
Enkirch, Gewerbegebiet, 14.05 Uhr
„Der Schlüssel ist weg“, staunte Paul Bärmann, nachdem er in Begleitung von Udo Reuschenbach den Tresor geöffnet hatte. Der Safe befand sich in einer Art Abstellkammer. Dabei handelte es sich um einen fensterlosen Raum; die einzige Lichtquelle waren die Neonröhren unter der Decke. Deckenhohe Eisenregale, in denen unzählige alte Akten lagerten, bestimmten das Bild. Es roch nach altem Papier und Staub in der Kammer, und Udo rümpfte die Nase, während er in den Tresor blickte. Dabei handelte es sich um einen mannshohen Panzerschrank älteren Baujahrs, der noch mit einer Zahlenkombination und einem Schloss als zusätzliche Sicherheit versehen war. In einem der Fächer gab es ein Schlüsselbrett. Hier hingen von sämtlichen Firmenfahrzeugen die Zweitschlüssel. Ein Haken war leer.
„Das ist ja interessant“, entgegnete Udo. „Und Sie haben nicht zufällig eine Idee, wo der Schlüssel zur Wohnung von Beatrice Manderscheid sein könnte?“
„Tut mir leid, wirklich nicht“, schüttelte ein sichtlich erschütterter Paul Bärmann den Kopf.
Obwohl Udo ihm die Überraschung abkaufte, setzte er noch einmal nach. „Wo waren Sie gestern Vormittag?“
Bärmanns Gesichtsfarbe wechselte zu einem gefährlichen Tiefrot. „Na hören Sie mal – was erlauben Sie sich? Wollen Sie mir jetzt einen Mord anhängen?“
„Ich will Ihnen gar nichts anhängen, ich arbeite an einem Tötungsdelikt, das ich gern aufklären würde. Also beantworten Sie bitte meine Frage.“
Paul Bärmann runzelte die Stirn und zwang sich zur Ruhe. Er kratzte sich am Hinterkopf, und Udo fragte sich, ob das eine Verlegenheitsgeste war.
„Gestern war Donnerstag“, murmelte Bärmann so, als müsse er ernsthaft nachdenken, wo er den gestrigen Tag verbracht hatte. „Ich war hier, im Betrieb. Um zwölf bin ich dann nach Zell gefahren, um dort mit einem Geschäftsfreund zu essen.“
Udo hatte längst Stift und Block gezückt. „Den Namen Ihres Geschäftsfreundes hätte ich gern und die Anschrift des Restaurants.“
„Ich habe mir eine Quittung vom Ober ausstellen lassen – genügt das nicht als Beweis?“
„Nicht wirklich, fürchte ich. Mir ist es lieber, mit den beteiligten Personen direkt zu sprechen.“
Mit verkniffener Miene diktierte Paul Bärmann ihm die gewünschten
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