HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Kaltenbach, ich bin Reporter beim Rhein Mosel Express und arbeite gerade an einer Geschichte.“
„Was habe ich damit zu tun?“ Sie klang nicht feindselig, sondern geschwächt.
„Es geht um den Hahn.“
„Was hat Dirk damit zu tun?“
Kaltenbach nickte. „Es ist bekannt, dass er keine gute Meinung über den Flughafen hat.“
Sie lachte trocken auf. „Wer hat schon eine gute Meinung zum Hahn? Wohl nur die Menschen, die dort arbeiten.“
„Es tut mir wirklich leid, Frau Hagedorn. Darf ich vielleicht einen Augenblick reinkommen?“
„Das bringt mir Dirk auch nicht zurück.“ Tränen traten in ihre blassblauen Augen, sie senkte den Blick und gab den Eingang frei. „Na gut, kommen Sie“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme und führte Kaltenbach in die Zweizimmerwohnung. Es gab einen fast quadratischen Flur mit einem großen Spiegel. Rechts zweigte eine Tür zum Bad ab; links gab es eine Küche mit Sitzecke. Geradeaus schien das Wohnzimmer zu sein, Bernd konnte Teile einer Schrankwand erkennen. Demnach vermutete er im angrenzenden Raum das Schlafzimmer.
Sie betraten die Küche, einen fast quadratischen Raum mit einem Fenster, das zur Straße zeigte. Das Mobiliar war zusammengewürfelt. Einbauküche – Fehlanzeige, stellte Bernd fest.
„Bitte schauen Sie sich nicht um“, murmelte sie und deutete auf die Eckbank am Fenster.
„Kein Problem“, erwiderte er schnell und sank auf die Bank. Kaltenbach blickte sich, entgegen der Empfehlung von Anna Hagedorn, um und stellte fest, dass es in seiner eigenen Küche wesentlich schlimmer aussah. Hier quoll kein Mülleimer über, und auch das Geschirr auf der Spüle war durchaus im vertretbaren Rahmen. Auf dem Herd stand ein Kochtopf mit ihm unbekanntem Inhalt. Kaltenbach drängte sich die Frage auf, warum sich Menschen immer wieder entschuldigten, wenn sie unerwartet Besuch erhielten. Sie entschuldigten sich, weil sie einfach in ihren eigenen vier Wänden lebten. Seltsam.
„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte Bernd, nachdem sie sich auf den Küchenstuhl gesetzt hatte. „Und das ist keine Floskel. Aber ich will offen zu Ihnen sein: Jemand scheint es auf alle abgesehen zu haben, die sich gegen den Hahn wehren.“
„Besonders dann, wenn ihnen der Umweltschutz am Herzen liegt“, nickte Anna Hagedorn. Sie zog ein Papiertaschentuch aus einer Packung vom Tisch, faltete es auseinander und schnäuzte hinein. „Es ist auffällig, und die Polizei schaut zu und unternimmt nichts.“ Ihre Stimme klang verbittert.
„Höchste Zeit, dass der oder die Täter gefasst werden.“
„Sie sprechen, als wären Sie von der Polizei.“ Sie blickte ihn unverwandt an.
„Mag sein“, stimmte Kaltenbach ihr zu. „Allerdings liegt es mir wirklich am Herzen, der Mordserie ein Ende zu setzen.“
„Mordserie?“ Anna Hagedorn knüllte das Taschentuch zusammen und stopfte es sich umständlich in die Tasche ihrer Jeans.
„Ich finde schon, dass da System hintersteckt. Manderscheid vor einiger Zeit, dann Gerber, jetzt Immich. Und auf Frau Manderscheid wurde auch ein Anschlag verübt.“ Dass der Mörder sich in Beatrices Fall ein falsches Opfer zur Brust genommen hatte, verschwieg Kaltenbach ihr.
„Ich bin sicher, dass da höhere Mächte am Werk sind“, murmelte Anna Hagedorn und stierte auf die Tischdecke.
„Sie glauben an Geister?“
„Nein.“ Nun musste sie lächeln, obwohl die Trauer um den Freund an ihr nagte. „Ich meine, dass einige Personen in höheren Kreisen ihre Hände im Spiel haben. Da soll eine Riesenschweinerei vertuscht werden, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“
„Inwiefern?“
„Ich habe das der Polizei auch alles so erzählt, aber die haben abgewinkt. Alles würde mit rechten Dingen zugehen, und es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie Dirks Mörder …“ Tränen traten erneut in ihre Augen, und sie brach ab. Dann atmete sie tief durch und fuhr fort: „Es sei eine Frage der Zeit, bis sie Dirks Mörder haben.“ Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nichts geht da mit rechten Dingen zu.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Jeder in der Gegend weiß, dass am Hahn ständig gebaut wird. Wahrscheinlich haben sie wieder irgendetwas Illegales getan. Etwas, was auf keinen Fall an die Öffentlichkeit dringen darf. So wie damals. Und die Baulaster fahren auch ständig hin und her. Sie transportieren irgendetwas vom Flughafengelände ab.“
„Wahrscheinlich Aushub“, vermutete Kaltenbach. Er dachte sofort an den Vorfall, den er um ein Haar
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