HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Tages zu übernehmen.“
„Würden Sie ihm einen Mord zutrauen?“
„Was?“ Julia Wilms reagierte geschockt auf Udos Frage.
„Ob Sie Paul Bärmann zutrauen würden, für Rudolf Manderscheids Tod verantwortlich zu sein, weil er die Firma übernehmen wollte?“
Sie dachte einen Moment lang nach, blickte ins Leere, dann schüttelte sie den Kopf. „Früher oder später wäre er sowieso die Nummer eins geworden. Das hätte einen Mord überflüssig gemacht. Was nutzt es ihm, dass er die Firma übernommen hat, wenn man ihm den Mord nachweist und er deshalb in den Knast wandert?“
Udo musste der Frau recht geben.
„Nein, so etwas würde ich ihm nicht zutrauen, auch wenn …“ Sie brach ab und kaute auf ihrer Unterlippe.
„Wenn was?“
„Paul Bärmann ist aalglatt, kalt und berechnend. Die alten Werte wie Ehrlichkeit und Moral gelten bei ihm nichts. Aber einen Mord“, sie schüttelte den Kopf. „Nein, über Leichen geht er nur im übertragenen Sinne, wenn Sie verstehen?“
„Ja. Sagt Ihnen der Name Thomas Anhausen etwas?“
„Nein, woher sollte ich ihn kennen?“
„Es wäre möglich gewesen.“
„Weshalb sind Sie eigentlich gekommen? Doch nicht erst jetzt, um den Mord an unserem Chef aufzuklären, oder?“ Plötzlich schwang Spott in der Stimme von Julia Wilms mit.
„Natürlich nicht. Als Bärmanns rechte Hand sind Sie im Besitz des Schlüssels zum Tresor?“
„Richtig. Ich habe einen Generalschlüssel für die Firma, und natürlich den Safeschlüssel. Moment, bedeutet das, dass es einen Einbruch in der Firma gegeben hat?“
„Das weiß ich offen gestanden nicht. Fest steht aber, dass sich in dem Tresor ein Schlüssel befunden hat, der nun auf seltsame Weise verschwunden ist, obwohl es keine Einbruchspuren gibt.“
„Und deshalb sind Sie hier? Glauben Sie, dass ich mir den Schlüssel genommen habe? Sagt Bärmann das? Dann kündige ich sofort!“ Sie zwang sich zur Ruhe, atmete tief durch. „In dem Safe sind alle Schlüssel eingelagert; die für die Lastwagen, für alle Baumaschinen und weiß der Geier wofür noch.“
„Es geht um den Zweitschlüssel von Beatrice Manderscheids Wohnung in Kastellaun.“
„Und der lag im Safe?“ Julia Wilms schüttelte den Kopf. „Kann ich mir offen gestanden nicht vorstellen. Sie und Bärmann können sich nicht sonderlich gut leiden. Und als sie die Firma an ihn verkauft hat, war es nicht mehr die Firma Manderscheid, die ich als junges Mädchen kennengelernt habe. Mein Vater war früher auch dort beschäftigt – als Fahrer.“
„Und jetzt nicht mehr?“
„Er hat Bärmann die Schlüssel auf den Tisch geworfen und gekündigt. Wie Vater sagte, wollte er mit illegalen Geschäften nichts zu tun haben. Die Männer haben sich gestritten, doch Vater ließ sich nicht umstimmen.“
Bei dem Wort ,illegal‘ hatte Udo aufgehorcht. „Was waren das für Geschäfte?“
„Keine Ahnung.“
„Aber Sie sind seine rechte Hand und genießen sein Vertrauen, das haben Sie eben selber so gesagt. Dann müssen Sie doch wissen, worum es ging. Ihr Vater hat doch bestimmt in der Freizeit mit Ihnen darüber gesprochen, oder?“
„Hat er nicht.“ Julia Wilms klang trotzig. „Wir haben berufliche und private Dinge strikt getrennt. Nur einmal hat er mir nahegelegt, mir so schnell wie möglich eine andere Arbeit zu suchen. Er sagte wörtlich, ich solle mir was anderes suchen, bevor bei Manderscheid eine riesengroße Bombe platzt.“
„Eine Bombe? Haben Sie sich denn nach einem anderen Arbeitsplatz umgeschaut?“
„Natürlich. Aber was soll man in dieser Region schon machen? Ich könnte in die Landwirtschaft gehen oder mich in irgendeinem Hotel an die Rezeption stellen. Aber das wollte ich nicht.“ Sie blickte Udo in die Augen. „Und was das für eine Bombe war, das hat er mir nicht verraten.“
„Wo ist Ihr Vater jetzt?“
„Im Vorruhestand. Er ist sein Leben lang Lkw gefahren, das macht die Wirbelsäule kaputt. Früher gab es nicht diese gefederten Sitze in den Lastwagen wie heute.“
„Und womit verbringt er den Vorruhestand? Wo kann ich ihn treffen?“
„Bei diesem Wetter wohl in seinem Garten. Ein paar Straßen weiter, ich sage Ihnen gleich, wie Sie hinkommen.“
Udo nickte und blickte sich im Raum um. „Wohnen Sie alleine hier?“
„Ja, ich bin geschieden. Das Haus ist mir geblieben, und im letzten Jahr habe ich mir wieder ein kleines und altes Auto kaufen können.“ Nun erhellte ein zaghaftes Lächeln ihr Gesicht. „Wie das Leben so spielt.
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