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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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suchte nach einer Möglichkeit, zu dem künstlich aufgeschütteten Hügel hinabzuklettern. Am rechten Rand der Mulde gab es einen schmalen Trampelpfad, der allerdings steil abwärts führte. Stufen oder ein Geländer suchte Kaltenbach vergeblich, und so achtete er genau darauf, wo er seine Füße hinsetzte. Zusätzlichen Halt gab das feste Buschwerk. An Ästen hangelte er sich weiter in die Tiefe.
    Von irgendwoher drang das Tuckern eines Traktor-Motors an seine Ohren. In der Ferne pflügte ein Bauer sein Feld. Über Kaltenbachs Kopf zog ein imposanter Greifvogel kreischend seine Bahn.
    Kaltenbach setzte seinen Weg fort. Dabei musste er höllisch aufpassen, um nicht auszurutschen. Einmal wäre er um ein Haar gestürzt, konnte sich aber im letzten Moment an einem Felsen festhalten. Dann stand er vor der Kipphalde. Er blickte nach oben und konnte sich bildhaft vorstellen, wie der Manderscheid-Lkw rückwärts an die Steilkante rangiert wurde, um seine Fracht hier abzuladen. Kaltenbach betrachtete das Erdreich nachdenklich. Es war grob und wies zahlreiche Gesteinsbrocken auf. Stand er vor dem Geheimnis, das den Hahn und die Baustoff-Spedition verband?
    Er ging in die Hocke und betrachtete das Erdreich. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er öffnete einen Reißverschluss seiner Motorradkombi und zog eine kleine Plastiktüte hervor. Nachdem er die Tüte wie einen Handschuh übergestülpt hatte, nahm er eine Handvoll Erdreich auf, kehrte die Tüte wieder um und zog sie von der Hand. Sorgsam knotete er den Beutel zu und machte sich daran, wieder den Hang hinaufzuklettern. Er atmete tief durch und hoffte inständig, dass sich seine Mühen gelohnt hatten.

    Traben-Trarbach, 17.05 Uhr

    Das Haus von Margarete und Jürgen Wilms lag nur wenige hundert Meter von dem ihrer Tochter entfernt. Es handelte sich nicht um ein Fachwerkhaus, sondern um eines der fast schwarzen Basalthäuser. Liebevoll selbst genähte Gardinen hinter den kleinen Fenstern vermittelten bodenständige Gemütlichkeit.
    Udo trat durch das hüfthohe Tor im verblichenen Maschendrahtzaun und fand sich in einem verwilderten Garten mit schiefen Waschbetonplatten wieder. Bienen summten geschäftig zwischen den Blüten umher und sammelten Nektar. Ein Mann war damit beschäftigt, eines der Beete auf Vordermann zu bringen. Als er bemerkte, dass sich jemand zu ihm gesellte, unterbrach er die Arbeit. Sein Gesicht lag im Schatten einer breiten Hutkrempe.
    „Sie müssen der Bulle sein.“
    „Ich sehe, Ihre Tochter hat mein Kommen angekündigt.“ Lächelnd trat Udo näher. In den vielen Jahren bei der Polizei hatte er es sich längst abgewöhnt, auf die Bezeichnung „Bulle“ zu reagieren. Damit konnte ihn höchstens noch Larissa auf die Palme bringen. Aber nicht der gut sechzigjährige Mann, der in ausgebeulten grauen Cordhosen mit knallroten Hosenträgern, einem bunt karierten Hemd und verschlammten Gummistiefeln vor ihm stand und sich auf den Stiel seiner Harke stützte. Seine Haut war gegerbt wie altes Leder, die Bartstoppeln raschelten vernehmlich, als er sich am Kinn kratzte.
    Sein Händedruck war fest – das gefiel Udo. „Eine gute Meinung scheinen Sie von meinem Beruf nicht zu haben“, bemerkte er und ließ den Blick über die kuriose Mischung aus bunt blühenden Beeten und einem Obst- und Gemüsegarten schweifen. Um das Beet mit den Astern, die in allen Farben schillerten, hätte Larissa den Mann sicherlich beneidet.
    „Ach wissen Sie“, sagte Jürgen Wilms versöhnlich. „Ich war lange Zeit tagein, tagaus mit dem Laster unterwegs und habe mich über die Kontrollen der Polizei geärgert. Aber man arrangiert sich … schließlich machen wir unseren Job und sind keine Schwerverbrecher, auch wenn manch einer Ihrer Kollegen das anders sieht“, erklärte der alte Mann und lehnte die Harke an einen Apfelbaum. „Schwamm drüber. Ich habe nach Möglichkeiten Lenkzeitüberschreitungen vermieden und mich an die höchstzulässige Geschwindigkeit gehalten. Aber sicher sind Sie nicht hier, um sich mit einem alten Kapitän der Landstraße über das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Lkw-Fahrern und Polizisten zu unterhalten.“
    Das Summen der Bienen schien im Garten allgegenwärtig zu sein. Udo blickte sich um und sah unweit des Zaunes zwei Bienenstöcke. In der Einflugschneise schien zu Luft zu flirren, und Udo bekam unwillkürlich eine Gänsehaut. Auch wenn er auf dem Land aufgewachsen war – er hasste Bienen, Wespen und Hummeln – kurz alles, was summte und stechen

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