HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Manderscheid nicht der absolute Gegner des Flughafens?“
Mit dieser Bemerkung gelang es Kaltenbach endgültig, Bärmann aus der Reserve zu locken. Er ging hoch wie ein HB-Männchen.
„Ich bin jetzt hier der Chef, und es schert mich einen Dreck, was Rudolf Manderscheid über den Hahn dachte. Wir verdienen unser Geld damit, Baustoffe zu transportieren. Und wenn das Geld vom Hahn kommt, werde ich den Großauftrag sicher nicht ablehnen, weil der Senior den Hahn nicht mochte.“ Bärmann erhob sich von seinem Sessel und fixierte Kaltenbach mit seinen Blicken. „Sonst noch Fragen zu meiner Arbeit, Aufträge zu akquirieren, die Arbeitsplätze in der Region sichern?“
„Sie klingen wie der Ministerpräsident“, konnte sich Kaltenbach nicht verkneifen zu sagen, dann war er an der frischen Luft.
Traben-Trarbach, 16.45 Uhr
Julia Wilms lebte in einem liebevoll restaurierten Fachwerkhaus am Rande der Altstadt von Traben-Trarbach. Während ein paar Meter weiter bunt gekleidete Touristen durch die Gassen zogen, wirkte die kleine Straße eher verschlafen. Irgendwo dudelte überlaut ein Radio; auf der Fensterbank eines Hauses stand ein Käfig mit zwei Wellensittichen, die um die Wette zeterten. Es duftete nach Mittagessen. Obwohl Udo gerade erst gut und üppig gegessen hatte, bekam er sofort wieder Appetit. Vielleicht sollte er mal wieder mehr Sport treiben, dachte er, während er den Zeigefinger auf den angelaufenen Klingelknopf mit der Aufschrift „J.Wilms“ legte und mit andächtiger Miene dem Schrillen der Glocke im Innern des Hauses lauschte.
Drinnen tat sich etwas. Die Tür wurde geöffnet, und Udo blickte in das blasse Gesicht einer Frau von Ende zwanzig, Anfang dreißig. Das dunkelblonde Haar hatte sie hinter dem Kopf zu einem Knoten gebunden. Obwohl sie kein Make-up trug, war sie eine durchaus attraktive Frau. Ihre zierliche Figur wurde von einem bequemen Hausanzug in hellblauem Fleece-Stoff umhüllt.
Die Frau starrte Udo unverwandt an. „Ja bitte?“
„Frau Wilms? Julia Wilms?“ Er lächelte freundlich.
„Ja. Worum geht es?“ Ihre Augen glänzten feucht, die Stimme klang belegt.
Hatte sie geweint?
„Mein Name ist Udo Reuschenbach, Kripo Koblenz. Ich hätte ein paar Fragen an Sie.“ Udo zeigte ihr den Dienstausweis.
Sie warf einen flüchtigen Blick darauf und wurde auf der Stelle blass. „Kripo?“ Die Miene der Frau verdüsterte sich schlagartig. „Hab ich etwas angestellt?“
„Nein“, beeilte sich Udo zu sagen. „Es geht um Ihre Anstellung bei der Firma Manderscheid.“
„Mir geht es nicht gut“, sagte sie leise. Ein undefinierbarer Laut kam über Julia Wilms Lippen, dann trat sie zur Seite. „Kommen Sie rein.“
Udo folgte ihr in das kleine Wohnzimmer. Fachwerkhäuser hatten größtenteils nur kleine, aber sehr gemütliche Zimmer. Julia Wilms hatte durchaus Geschmack beim Einrichtungsstil bewiesen. Das Mobiliar war im Landhausstil gehalten, wirkte aber modern und freundlich. Udo sank auf einen Sessel, der mit einem cremefarbenen Stoff bezogen war.
Julia Wilms setzte sich auf das große Sofa neben dem Fenster.
„Sie haben frei?“, fragte Udo schließlich.
„Ich habe mich krank gemeldet. Es geht mir nicht gut, ich muss mir irgendwo etwas eingefangen haben.“ Sie unterstrich ihre Aussage mit einem theatralischen Schniefen.
„Beschreiben Sie mir Ihren Tätigkeitsbereich bei Manderscheid?“
„Ich bin dort als Sekretärin angestellt, seit mehr als zehn Jahren schon. Und ich erledige den Bürokram für Herrn Bärmann, übernehme Telefonate, schreibe Mails und solche Dinge.“
„Sie sind also seine rechte Hand und genießen sein vollstes Vertrauen?“
Ein mechanisches Nicken. Sie zupfte unsichtbare Fussel von der Sofalehne. „So würde ich es nennen, ja.“
„Sie sagten, dass Sie schon seit mehr als zehn Jahren bei Manderscheid angestellt sind. Dann haben Sie auch noch Rudolf Manderscheid als Chef erlebt, nehme ich an?“
„Das ist richtig.“ Ihre Miene wirkte verschlossen, und sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Verbarg sie etwas?
„Was hat sich verändert, seitdem Bärmann das Ruder übernommen hat?“
Sie dachte einen Moment lang nach, dann fixierte sie mit ihren Blicken einen Punkt an der Wand in Udos Rücken. „So ziemlich alles. Für Manderscheid war die Firma seine Familie, und er war wie ein Vater für uns. Bärmann war seit einigen Jahren sein Prokurist, und wenn Sie mich fragen, war er schon immer scharf darauf, die Firma eines
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