Haie an Bord
gekrümmten Körper.
Mit weichen Knien, völlig gefühllos am ganzen Leib, schwankte Wolff heran und lehnte sich dann an ein kniendes Kamel. McHolland stand herum wie ein abgebrochener, knorriger Ast, den man in den Boden gerammt hatte.
»Salim!« brüllte er. »Halunke! Wasser für die Lady!« Dann hustete er, krümmte sich zusammen und spuckte. Sein Hals war voll von Wüstensand. Es dauerte keine Stunde, dann stand das Lager. Fünf schwarze Zelte und ein an zwölf dicken Stangen aufgespanntes Dach aus farbloser, ausgebleichter Leinwand. Darunter lagen jetzt die Kupferkessel, zwei aus zusammengetragenen Steinen gebildete Feuerstellen und die Holzkisten mit der Verpflegung. Das Küchenzelt. Salim kam zu der Gruppe der Geiseln und machte eine einladende Handbewegung.
»Zwei Zelte gehören Ihnen. Die Schlafordnung machen Sie unter sich aus. Zu Ihrer Information: Wachen werden nicht aufgestellt. Nur ein Idiot würde von hier flüchten.«
»Das haben wir längst eingesehen«, sagte McHolland böse. »Keine falschen Hoffnungen, Schurke … wir nehmen Ihnen die Arbeit des Tötens nicht ab. Was gibt es zum Abendessen?«
»Hammelfleisch mit Hirsebrei.«
»Ein Trost.« McHolland schielte hinüber zu zwei Arabern, die gerade ein Feuer aus getrockneten Kamelmistblöcken anzündeten. »Wenn bloß der Gestank Ihres Herdes nicht ins Fleisch zöge! Schauerlich.«
Wolff und Bender kümmerten sich um Eve Bertram. Sie wuschen ihr das Gesicht und den Nacken, flößten ihr Wasser zwischen die aufgesprungenen Lippen ein, und sie war so schwach, daß sie kaum schlucken konnte und ihr das Wasser aus den Mundwinkeln wieder herausfloß. Bender tat das einzig Richtige … er massierte ihren Hals und drückte ihn zu, bis Eve verzweifelt nach Luft schnappte und die Not zu ersticken auch ihre Schluckbewegung wieder anregte.
»Das ist eine verdammt brutale Therapie, Bender«, sagte Wolff heiser.
»Stimmt. Und so was lernt man in keiner medizinischen Vorlesung. Ein fundamentaler Fehler des Medizinstudiums. Man muß helfen lernen mit nur zehn Fingern. Mit einem Haufen bester Instrumente ist das keine Kunst. Wenn das Ganze nicht einfach undurchführbar wäre, sollte jeder Arzt zwei Jahre unter primitivsten Zuständen arbeiten, ehe man ihn auf die Menschen losläßt. Sehen Sie, Ihr Liebling schluckt.« Er hielt ihr wieder den spitzen Ausguß des Wassersackes aus Ziegenfell an den Mund. »Schön langsam trinken, Eve. Das ist Leben, was Sie da bekommen. Reines Leben! Schlucken und dann tief atmen! Wasser ist das Geschenk Gottes, um dessentwillen man ihn kritiklos anbeten muß.«
Vom Küchenzelt zog der Geruch von Feuer und gebratenem Fleisch durch das kleine Lager. Ein ätzender Duft mischte sich dazwischen … der brennende Kamelmist.
Später aßen sie, im Kreise hockend wie eine große Familie bei einem Picknick. Das Fleisch schmeckte köstlich, der Hirsebrei war mit nichts zu vergleichen, das Wasser eine Himmelsgabe. »Dafür werfe ich das Essen im Carlton weg«, sagte McHolland. »Und zu diesem Fest rauche ich wieder eine Pfeife.«
Er steckte sie in den Mund, drückte mit dem Daumen den Tabak tiefer in den Pfeifenkopf, beugte sich vor und zündete sie an dem brennenden Kamelmist an. Die Giftkapsel hatte er irgendwann herausgenommen, er trug sie jetzt im Schweißrand seiner Golfmütze.
Die Nacht brach herein, ohne lange Dämmerung, mit einem streifigen Abendrot, das schnell erlosch, als die Sonne versank. Sofort wurde es kühl, das leblose Land speicherte keine Wärme mehr, aus dem weiten, sternenübersäten Himmel, der plötzlich in ergreifender Schönheit aufglitzerte, fiel die Kälte herunter wie ein unsichtbarer Eisregen. Ein Temperatursturz von über 50 Grad …
»Gehen wir ins Bett –«, sagte Bender sarkastisch. »Über die Verteilung dürfte kein Zweifel herrschen. McHolland, Abels und ich das eine Zelt, Wolff und Eve das andere … Ist's so richtig?«
Wolff sah kurz hinüber zu Eve. Sie lehnte an ihrem hohen Holzsattel, eine Decke um ihre Schultern, die goldblonden Haare waren in ein fleckiges Tuch gewickelt, das Bender von Salim besorgt hatte.
»Ja«, sagte sie. »So ist es richtig …«
Sie krochen in ihre Zelte, klappten das Türtuch herunter und legten sich auf die Teppiche, die man über den harten Boden gebreitet hatte. Für die müden, vom stundenlangen Ritt zerstoßenen Knochen waren sie jetzt weicher als das herrlichste Luxusbett.
Eve schob sich dicht an Wolff heran und legte ihre Hand auf seine Brust. Ihre
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