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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hoch, betastete die kaum sichtbare Wunde und kontrollierte die Abbindung. Sie war fest. Über dem Knebel staute sich das Blut.
    »Das wenigstens ist in Ordnung«, sagte er.
    »Danke.« Bender schnaufte durch die Nase. »Noch bin ich nicht völlig vertrottelt. Operieren?«
    »Ja, aber womit?«
    »Salim glüht drei schöne, gebogene Arabermesser aus …« Bender zeigte auf den flammenden Kamelmisthaufen.
    »Und Verbände? Klammern? Nahtmaterial?«
    »Wolff, denken Sie an meine Worte von gestern abend: Wir haben zehn Finger … das genügt für einen Arzt. Außerdem führt Salim eine Art Bordapotheke bei sich. Binden und drei scheußlich stinkende Salben gegen Kamelverletzungen. Hier denkt man erst an Kamele und dann an den Menschen. Alte Weisheit: Was einem Kamel guttut, ist auch für einen Menschen nützlich.«
    »Und Narkose?«
    »Hier liegen Steine genug herum.«
    Salim kam vom Feuer. Er war wie ein wandelnder Ofen, sein Körper strahlte Hitze aus.
    »Schneiden?« fragte er knapp.
    »Ja.« Wolff legte das Bein vorsichtig auf den Teppich zurück. »Es ist ein Schlangenbiß.« Er stand auf und wischte sich die Hände an der Hose ab. »Gute Nacht.«
    »Halt!« Salim vertrat ihm den Weg. »Wohin?«
    »In mein Zelt. Ich bin müde. In ein paar Stunden hetzen Sie uns ja wieder durch die Sandhölle.«
    »Sie operieren nicht?«
    »Nein!« sagte Wolff laut. Er sah, wie Dr. Bender beide Hände auf den Kopf legte, als regnete es plötzlich. Es war eine Geste des Entsetzens.
    »Sie lassen meinen Freund sterben?«
    »Ja –.«
    »Ich zwinge Sie dazu, zu operieren!« brüllte Salim.
    »Wie denn?« Wolff schüttelte den Kopf. »Mit der Waffe? Wir haben uns alle mit dem Sterben abgefunden … das ist keine Drohung mehr.«
    »Sie sind Arzt!« sagte Salim gefährlich leise.
    »Und ein Mensch, der nichts mehr zu verlieren hat. Das wiegt mehr. Gute Nacht.« Er wollte weitergehen, aber Salim hielt ihn mit beiden Händen fest. Er krallte sich in Wolffs Hemd und stemmte sich in die Erde.
    »Fuad Abdallah ist mein Bruder!« keuchte er. »Mein einziger Bruder.«
    »Und Eve ist meine Frau und der einzige Mensch, den ich liebe.«
    »Bei Allah!« Salim riß an Wolffs Hemd. Seine Augen funkelten vor Angst. »Doktor, lassen Sie uns tauschen … meinen Bruder gegen Eve –.«
    Dr. Wolff zögerte.
    Salims Angebot war ungeheuerlich, es bedeutete die Rettung Eves, und Wolff zweifelte keinen Augenblick daran, daß Salim sein Wort halten würde. Aber der Einsatz war nicht nur hoch, er war auch ebenso riskant.
    »Ich kann Ihnen nicht versprechen, Fuad zu retten«, sagte er mit trockener Kehle. »Keiner kann das. Wenn Ihr Bruder stirbt, werden Sie mir vorwerfen, ich hätte ihn getötet.«
    »Nein. Aber Sie töten ihn, wenn Sie nichts tun«, stöhnte Salim.
    »Gut.« Wolff löste Salims verkrallte Finger aus seinem Hemd. »Ich operiere. Wie es auch ausläuft: Sie rühren Eve nicht an, Sie schicken sie zurück.«
    »Ich schwöre es bei Allah und meiner Mutter. Wollen Sie noch mehr?«
    Wolff kehrte zu dem Verletzten zurück. Bender saß neben ihm auf dem Teppich und wickelte um einen runden Stein ein dreckiges Turbantuch. Die Narkose.
    »Das Bein schwillt an. Scheiße!« sagte er. »Ihr Tauschgeschäft aber verstößt gegen jedes ärztliche Ethos.«
    »Ich habe Eve gerettet, Bender. Das ist mir wichtiger als jeder medizinische Schwur.« Er kniete sich auf die andere Seite und winkte den beiden Arabern, die die Taschenlampen hielten. »Näher! Tiefer! Warum operieren Sie nicht allein, Bender? Sie sind doch auch Chirurg.«
    »Ich habe keine ruhige Hand mehr.« Er hielt seine beiden Hände ausgestreckt nebeneinander. Sie zitterten leicht. Bender lächelte schief. »Keine Sklerose, mein Junge … Whisky, Schnaps und Weiber. Aber Sie werden sich wundern, wie gut ich noch assistieren kann. Fangen wir an?«
    »Ja. Tief im Gesunden.« Wolff richtete sich auf. Salim brachte vom Feuer die Messer. Die Schneiden glühten rot.
    »Das spart uns alle Blutstillung«, sagte Bender ruhig. »Wir verschmoren alles. Da kapitulieren auch alle Bakterien. Narkose, Kollege?«
    »Gleich.« Wolff hob das Bein Fuad Abdallahs über seinen Oberschenkel, legte ein Tuch dazwischen und tastete noch einmal das Bein ab. »Es wird eine Metzgerarbeit werden«, sagte er. »Ich schneide es lang auf. Wo sind die Verbände, Salim?«
    »Hier.« Ein Holzkasten wurde zu ihm hingeschoben. Darin lagen auch die Blechbüchsen mit der stinkenden, nach Motorfett aussehenden Wundsalbe für die Kamele. »Ein

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