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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Messer zurück ins Feuer!« Wolff hob die rechte Hand. Der heiße Griff eines kleinen, leicht gebogenen Dolches wurde ihm in die Finger gedrückt.
    »Narkose!«
    Fuad Abdallah starrte Wolff aus weiten Augen an. Er war noch ein junger Mann, nach europäischen Begriffen fast noch ein Kind, aber für seinen Stamm war er alt genug, ein Krieger zu sein.
    Dr. Bender hob den umwickelten Stein und legte den linken Zeigefinger auf eine Stelle von Fuads Hinterkopf. »Sie haben dicke Schädel«, sagte er. »Keine Gefahr für eine comotio.«
    Dann schlug er kurz und trocken zu. Fuad Abdallah verdrehte die Augen, die Muskeln erschlafften, er spürte nichts mehr.
    Das glühende Messer zog einen tiefen Schnitt in das Bein. Es zischte, der Geruch von verbranntem Fleisch und heißem, verdunstetem Blut umhüllte sofort alle, die Bender und Wolff umstanden. Salim starrte auf die breite Wunde, die Wolff schuf, ein Schnitt, der weit hinauf führte und das Bein mit Blut überströmte, als habe man eine sprudelnde Quelle bloßgelegt.
    »Das Licht tiefer!« sagte Wolff. »Nahe ans Bein!«
    Es war eine kurze, brutale, vom chirurgischen Standpunkt aus geradezu undelikate Operation. Aber sie war die einzige Möglichkeit, das Schlangengift mit dem breiten Blutstrom auszuschwemmen. Oberhalb des Knies lag noch der Knebel, von dort konnte nichts mehr kommen und konnte auch nichts mehr hinauf in den Körper dringen. Aber alles Blut unterhalb des Knies mußte weggenommen werden.
    »Lösen Sie langsam den Knebel –«, sagte Wolff, als der Blutstrom merklich nachließ und das Bein weißlich wurde.
    »Das wollte ich gerade vorschlagen, sonst können Sie das Bein direkt abschneiden.« Bender löste etwas den Stauring. Sofort schoß frisches Blut aus der langen, tiefen Wunde.
    »Zu!« rief Wolff. »Salim, das andere Messer.«
    »Aha, jetzt koagulieren Sie. Gut, mein Junge! Meinen Sie, es war genug?«
    »Wir können ihn nicht ausbluten lassen.« Wolff sah an sich hinunter. Er saß in einer Blutlache, seine Hosenbeine waren völlig durchtränkt.
    »Wenn das jetzt ein Drache wäre und Sie Jung-Siegfried, wären Sie unverwundbar. So aber ist das nur eine Sauerei«, sagte Bender in seiner sarkastischen Art. »Natürlich haben Sie keine Hose zum Wechseln mit.«
    »Ich gebe Ihnen eine Dschellaba«, sagte Salim hinter ihnen. Er hielt das glühende Messer hin. »Wird Fuad weiterleben?«
    »Wenn Sie fleißig zu Allah beten«, fauchte Bender.
    Salim antwortete nicht. Er wartete, bis Wolff das Messer genommen hatte und trat dann Bender von hinten in den Rücken. Der Arzt kippte kurz nach vorn, aber er hielt den Knebel fest umklammert.
    »Die Honorierung ärztlicher Leistung war von jeher schlecht«, knirschte er. »Aber daß sie so mies sein kann, hätte ich nicht gedacht …«
    Der Geruch verbrannten Fleisches und das Zischen des verdunstenden Blutes überdeckte jetzt alles. Ein süßlich-bestialischer Geruch, der würgende Übelkeit in die Kehle trieb. Selbst Bender wurde etwas blaß.
    »Jetzt einen dreifachen Kognak«, sagte er tief atmend. »Mein Junge, Sie haben Nerven. Daran sehe ich, daß mein Leben als Arzt schon längst beendet ist. Ich habe nur noch eine große Fresse …«
    Die Blutung stand. Die Wundränder waren schwarz, verbrannt, die Hunderte von Kapillaren waren verschmort. Fuad regte sich. Der Schmerz, den sein Körper zu ertragen hatte, war größer als die Betäubung. Der Schmerz rief die Erinnerung zurück, zerriß den Vorhang des Vergessens.
    »Narkose!« sagte Wolff. Er starrte auf die schreckliche lange Wunde und dachte mit Schaudern daran, daß Fuad Abdallah ja nicht immer betäubt sein konnte und dann den Schmerz aus sich herausschreien würde, bis er heiser oder wahnsinnig war.
    Dr. Bender schlug mit dem umwickelten Stein wieder zu. Fuad streckte sich, bevor sein Hirn und seine Nerven die Schrecken an seinem Körper signalisieren konnten.
    »Haben Sie gar nichts, was Schmerzen lindern kann?« fragte Wolff. Er reichte Salim das Messer zurück. Der drückte es an sein Herz, wandte sich nach Osten, verbeugte sich, küßte die blutverkrustete Schneide des Messers und steckte es dann in seinen breiten Gürtel.
    »Nur die Salbe. Sie kühlt und heilt«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Versuchen wir es.« Bender schraubte den Deckel einer der Büchsen auf. »Auch ein Kamel ist ein Säugetier wie der Mensch. So betrachtet dürfte wohl nichts passieren.«
    Sie schmierten die Salbe dick über die gräßliche Wunde, wickelten dann die Verbände darum

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