Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
eine kleine Gruppe Fanatiker, es sind ja nicht alle Araber. Schlaf, mein Gewissen, schlaf … Bei mir war es anders: Kaum wußte man, wer die ›Fidelitas‹ gekapert hatte, gab man Feuer frei auf uns! Um zu überleben – es war die einzige Möglichkeit –, gab ich bekannt, daß man Sie, meine Gäste, auf dem Weg nach Hissi Maksa überfallen habe, daß räuberische Banden Sie verschleppt hätten und meine Kamelreiter ihnen auf der Spur seien. Dann ließ ich Sie finden … ermordet, tot im Wüstensand, und begrub Sie alle. Ich war die Verantwortung los, die Welt beruhigte sich sofort. Aber« – Hasna blickte zu Eve hinüber – »Sie müssen nun tot bleiben. Ihre Gräber sind fotografiert, stehen in allen Zeitungen, flimmern über alle TV-Stationen … ich kann Ihnen keine Wiederauferstehung bieten.«
    »Das heißt –«, sagte Dr. Bender trocken, »daß wir hier in diesem lausigen Nest für immer bleiben werden.«
    »Ja.« Hasna erhob sich. »Die Stadt der Toten ist um fünf Menschen reicher geworden. Morgen werden es sieben neue sein … es stehen Geburten bevor. Sie werden sehen: Auch Tote können lieben und Kinder zeugen. Wir leben hier in dem größten und schönsten Grab.«
    »Und warum bringen Sie uns nicht wirklich um?« fragte McHolland.
    »Weil ich Sie brauche.« Emir Hasna zeigte auf jeden von ihnen. »Sie, Lord, weil ich Ihre Erfahrung bewundere, Sie, Oberleutnant Abels, weil Sie meine Krieger nach europäischem Militärmuster ausbilden werden, Sie, Dr. Bender und Dr. Wolff, weil ein Arzt in der Wüste gleich hinter dem Wasser kommt. Und Sie, schöne Frau, weil ich in Ihnen den herrlichsten Teil des Lebens wiedersehe, den man mir gestohlen hat: ein Weib, wie aus den Strahlen der Sonne gemacht.«
    Dr. Wolff und Fritz Abels sahen sich schnell an. Es war bezeichnend, daß sich gerade in diesem Moment ihre Blicke trafen und sie das gleiche dachten: Hier liegt die größte Gefahr für uns alle.
    In die Stadt der Toten ist eine schöne Frau gekommen … Der Friede der Einsamkeit wird sich zu einer Hölle wandeln. Und man wird es nicht aufhalten können, denn eine Frau wie Eve verändert alles, wo sie auch auftritt. In ihr ist Schöpfung und Zerstörung – sie ist Urkraft.
    In der Tür erschien lautlos, barfuß, armselig wie der dreckigste Bettler, Sabah Salim. Er verbeugte sich tief, daß seine Stirn fast den Boden berührte.
    »Herr, mein Bruder Fuad …«, sagte er demütig.
    »Ach ja.« Hasna Mahmud wandte sich zu Dr. Wolff und Dr. Bender. »Sie müssen operieren. Ich bringe Sie zu unserem Krankenhaus. Sie werden erstaunt sein.«
    »Wir gehen alle mit!« rief Fritz Abels und stellte sich neben Eve.
    Wolff spürte in sich ein unangenehmes, heißes Gefühl. Er drängt sich an Eve heran, dachte er. Er spielt den Helden. Was verspricht er sich davon? Eve gehört mir, und das sollte er wissen. Es ist sinnlos, sich in den Vordergrund zu spielen mit großen Gesten und tönenden Worten. Er wird mir Eve nie wegnehmen können, nie! Man sollte es ihm sagen … und ich werde es ihm sagen. Nachher, morgen, wenn es eine Gelegenheit gibt, allein über solche Probleme zu sprechen.
    Hasna Mahmud führte sie durch das lange Haus, durch lange kühle Bogengänge, an vielen Zimmertüren vorbei, hinter denen noch Geheimnisse verborgen waren. Dann gingen sie über einen geschlossenen, mit Blütenbüschen bepflanzten Hof und sahen gegenüber einen anderen, flachen Bau mit vielen Fenstern zu einem schattigen, überdachten Gang. Drei Araberinnen in weißen, sauberen Gewändern erschienen in der breiten Doppeltür zum Innenhof.
    »Du legst dich nieder!« sagte Dr. Bender. »Schwestern auf Hissi Maksanisch! Emir, wenn Sie mir sagen, Sie haben hier sogar ein Röntgengerät, fresse ich Kamelmist.«
    »Ich werde Ihnen nachher einen ganzen Topf voll bringen lassen.« Hasna Mahmud blieb stehen und machte eine einladende Handbewegung. »Mein Krankenhaus. Vierzig Betten, ein Labor, ein Operationsraum, eine Apotheke, eine Röntgenstation … nur kein Arzt! Die Arbeit hier macht Gamal Mustafa. Er war in Aden, als noch die Engländer dort saßen, Sanitäter bei der II. Schwadron …«
    Der Eindruck war überwältigend. Hier, in einer kleinen Oasenstadt, umgeben von Hunderten Kilometern toten Landes, unter einer Sonne, die so wenig Gnade kannte wie die Menschen, die diese Ausgestoßenen jagten, in einer Einsamkeit, die zu ertragen für einen Europäer unfaßbar war, gab es ein Krankenhaus mit steriler Sauberkeit, wohltuender Kühle und dem

Weitere Kostenlose Bücher