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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wüste von Mahra, der Wadi al Atinah, der Emir Hasna Mahmud al Rahman … Himmel noch mal, wer soll das behalten? Auf der Autobahn Köln - Frankfurt gab es gestern beim Frühnebel sieben Tote und 23 Verletzte. 26 Wagen waren ineinander verkeilt, mit Schneidbrennern mußte man die Schreienden herausschweißen. Das kann man sich merken, bis übermorgen … aber Wadi al Atinah –.
    McHolland war der erste, der die Sprache wiederfand. Er grüßte mit seiner Pfeife, indem er sie an die Stirn tippte, und ritt dem Emir zwei Schritte entgegen.
    »Wir sind also tot«, sagte er ruhig. »Das ist ein Zustand, der auch uns neue Privilegien verschafft. Zunächst haben wir einen Mordshunger und Durst wie eine Herde Elefanten. Emir, ich erwarte, daß Sie für Ihre Toten besonders sorgfältig sorgen …«
    Hasna Mahmud starrte den Lord entgeistert an, ritt nahe an ihn heran und tastete mit der rechten Hand über McHollands Brust. »Er ist tatsächlich ein Mensch!« rief er zu seinen Begleitern. »Allah! Welcher Mensch hat es gewagt, so mit mir zu sprechen?!«
    Er wandte sich zu Eve Bertram um, verneigte sich mit einer geradezu graziösen Galanterie und zeigte nach rückwärts zu dem Palmenwald, den niedrigen, weißleuchtenden Häusern, der kleinen Moscheekuppel und dem dünnen, armseligen Minarett.
    »Eine ganze Stadt voller Toter«, sagte er. Traurigkeit schwang in seiner Stimme. »Seien Sie mein Gast.«
    Er riß sein herrliches weißes Pferd herum, hob die rechte Hand und galoppierte zur Oase zurück. Sein Mantel wehte im Wind wie eine Fahne. Stolz, kerzengerade in ihren Sätteln klebend, folgten ihm die Reiter mit ihren langen, mit Troddeln geschmückten Lanzen. Sabah Salim scherte aus der Reihe der Karawane aus.
    »Es tut mir leid, Doktor –«, sagte er bedrückt zu Dr. Wolff. »Das wußte ich nicht. Heute ändert sich die Welt von Tag zu Tag, und wir waren vier Tage unterwegs. Ich kann mein Versprechen Eve Bertram gegenüber nicht mehr halten … Sie haben es gehört: Sie alle sind tot! Man kann Tote nicht freilassen, das sehen Sie doch ein, Doktor?«
    »Dann wird Ihr Bruder sterben, Salim«, sagte Wolff hart. Es war eine Gemeinheit, er wußte es, aber Tote haben Sonderrechte.
    »Ja.« Sabah Salim senkte den Kopf. »Es ist Allahs Wille … es muß so sein. Ich danke Ihnen, Doktor.«
    Er ritt weg, die Karawane schloß sich wieder zu Dreiergruppen zusammen und folgte dem Emir, der weit vorausritt, von einer Sandwolke umweht.
    Hissi Maksa war wirklich eine Stadt, die auf keiner Landkarte stand, die es offiziell gar nicht gab, die wie ein grüner, verlorener Knopf im Sand und zwischen Felsgestein lag. Drei Brunnen gaben ihr Leben, ein ausgetrocknetes Flußbett, der Wadi al Atinah, diente als einzige breite Straße, sonst waren die niedrigen flachdächrigen Häuser unter den Sonnenschutz der sandgepuderten Palmen gebaut, Gärten mit Steinmauern umzogen jedes Grundstück, fensterlos, abweisend, jedes Haus eine kleine Festung. Um die Brunnen liefen drei geblendete Ochsen im Kreise und drehten unentwegt das hohe Schaufelrad, mit dem das Wasser in Ledereimern heraufgeholt wurde. Junge Burschen, Kinder noch, hockten auf den Ochsenrücken, trieben sie mit Schreien und Stockschlägen an und hielten damit das Pumpwerk in Gang. In kleinen Kanälen floß das Wasser dann von den Brunnen in die Gärten, in Zisternen, zwischen die kärglichen Felder.
    Wasser. Das bedeutete Leben. Das war Fruchtbarkeit, Wachstum, Schatten, Heimat. Wasser … wichtiger als Blut.
    Die Karawane hielt vor dem größten Haus von Hissi Maksa. Ein langgestreckter Bau, dessen Gartenmauern steil in das Wadi abfielen. Hasna Mahmud stand vor der Tür und half Eve aus dem Sattel, als ihr Kamel niedergekniet war. Verwundert sah Wolff, der gerade mit McHolland gesprochen hatte, wie Fritz Abels von seinem Reittier sprang und sich an Eves Seite stellte. Dr. Bender schaukelte noch zwischen den Palmen heran, begafft von den paar Frauen und Kindern, die an der Straße standen und die wegliefen, als habe Bender den bösen Blick, wenn er sich zu ihnen hinabbeugte. Neben ihm ging das Lastkamel mit dem darauf festgebundenen Fuad Abdallah. Er war auf den letzten hundert Metern ohnmächtig geworden. Die Zeit des Heldentums war vorbei. Er war zu Hause, er konnte sterben.
    »Ich bin gespannt, wie man uns umbringt«, sagte McHolland und hielt sich an den Sattelknäufen fest, als sein Kamel in die Knie ging. »Er hat uns als seine Gäste begrüßt. Im allgemeinen ist es im ganzen Orient

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