Halb verliebt ist voll daneben - Roman
lachte Rachel.
»Wer ist denn Roller Girl?«
Ich verdrehte die Augen.
»Eine wunderbare Filmfigur«, konnte ich gerade noch einwerfen, ehe Rachel Gelegenheit bekam, sie aufzuklären. Roller Girl war in den Siebzigerjahren ein Pornostar gewesen.
»Ich werde dich gleich schminken, aber zieh erst mal die hier an.«
Rachel reichte Erin ein Paar Ohrringe. Das war eine süße, wenn auch septische Geste, da Rachel sie von ihren eigenen Ohren abnahm. Es waren die größten, funkelndsten lang herabbaumelnden Ohrringe, die ich je gesehen hatte. Die Weihnachtsdekoration der Oxford Street war nichts dagegen.
»Zieh dich um! Sofort!«, lautete Rachels nächste Anweisung.
Gehorsam begann Erin, sich umzuziehen. Sie zog sich scheu in eine Ecke des Raums zurück. Ich wünschte, ich wäre nicht dabei gewesen. Zügellose Klosterschülerin verpasst nettem Christenmädchen einen neuen Look. Es erinnerte mich an etwas, das ich in einer Teenie-Zeitschrift gelesen hatte, als ich acht war. Geschichten dieser Art fanden nie ein gutes Ende.
»Hast du einen Freund, Erin?«, erkundigte sich Rachel.
Das war eine peinliche Frage für Erin, denn erstens war es für jeden eine peinliche Frage, und zweitens für sie erst recht, denn sie trug im Moment nur einen höchst sittsamen Schlüpfer.
Erin schüttelte schüchtern den Kopf. Woraufhin in Rachels Augen ein Ausdruck aufblitzte, der selbst Bruce Willis in Schutzweste Angst eingejagt hätte.
»Du musst auf dich aufmerksam machen, Schätzchen. Wenn du nicht auf dich aufmerksam machst, wird sich keiner für dich interessieren. Aber keine Sorge, meine Liebe, wir finden schon jemanden für dich.«
Erin reagierte darauf mit einem Blick, der deutlich machte, dass ihr diese Aussicht Kopfzerbrechen bereitete. Aber Rachel verfügte über die Gabe, in rascher Abfolge Befehle zu erteilen, sodass einem keine Zeit für Protest blieb, und so nickte Erin nur.
»Möchtest du vielleicht einen Drink, Erin?«, fragte ich sie mitfühlend. »Betrachte ihn als Medizin.«
Sie zögerte, nickte dann jedoch zu meiner Überraschung. Ich machte ihr und Rachel einen Gin Tonic aus meiner Minibar, und hielt, als ich mich umdrehte, die Luft an. Erin sah umwerfend aus. Sie war so hübsch, dass Cheryl Cole unscheinbar daneben ausgesehen hätte.
Rachel verpasste Erin ein unglaubliches Smoky-Eyes-Make-up.
»Trink aus, dann gehen wir.«
Rachel hielt die Arme vor ihrer Brust verschränkt, während Erin schluckte und dann das Gesicht verzog.
»Komm doch bitte mit, Sarah«, flehte Erin mich an.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Normalerweise hätte ich nicht zugelassen, dass eine süße junge Unschuld von einer sexuell Perversen, die eine alte Rechnung zu begleichen hatte, verführt wurde. Aber ich hatte an diesem Abend meine eigenen Probleme und muss zu meiner Schande gestehen, dass die mich ein wenig boshaft machten.
»Tut mir leid«, sagte ich kopfschüttelnd zu Erin.
»Machst du dann bitte ein Foto von uns?«, bat Erin.
»Natürlich.« Ich ließ mir ihre Kamera geben. Sie standen gemeinsam vor mir. »Sagt ›Lesbierin!‹«, wies ich sie an. Irgendwo hatte ich gelesen, dass das Wort »Lesbierin« einem das perfekte Fotogesicht verleiht.
Rachel brüllte das Wort. Erin öffnete nur überrascht den Mund. Schließlich kriegte ich die beiden doch ganz hübsch aufs Bild. Ich machte sogar noch eins mit meiner bösen Kamera.
»Was wirst du heute Abend machen?«, fragte mich Erin, als ich fertig war.
»Nicht viel«, sagte ich traurig.
»Ist was mit dir?«, erkundigte sich Rachel sanft.
»Nein, nichts. Ich hatte einen kleinen Fax/SMS-Streit mit Simon, das ist alles«, sagte ich und gab Erin ihre Kamera zurück.
Rachels Gesicht strahlte wie eine neue Münze im Sonnenlicht.
»Ach, dann musst du ganz schnell Sex haben, um es wiedergutzumachen!«
»Klasse, Rachel, ich bin in L.A. Oder meinst du etwa …?«
»Komm, Erin«, sagte Rachel mit verschlagenem Grinsen.
»Wir lassen Sarah am besten allein, damit sie Ruhe für ihren Versöhnungssex hat.«
TELEFONSEX!!!
19
TELEFONSEX!
Ich hatte aus einem einfachen Grund noch nie im Leben Telefonsex gehabt: Ich wusste, dass das nur KA-TASTROPHAL sein konnte. Ich war auf einer Klosterschule – ich muss immer noch kichern, wenn ich das Wort »Pimmel« höre. Und ich bin absolut untauglich, was die Sexsprache betrifft. Wie es aussieht, habe ich ein Problem mit so gut wie allen Sexwörtern. Wie willst du zum Beispiel dein weibliches Genital nennen? Muschi? Zu pornografisch und
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