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Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Titel: Halb verliebt ist voll daneben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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aufriss.
    Ich zog ein Blatt Papier heraus. Starrte auf die wenigen Worte, die mit Kugelschreiber daraufgekritzelt waren. Dann schloss ich langsam meine Augen.
    »Schlechte Nachrichten?«, erkundigte sich der Mann, als er mein finsteres Gesicht sah.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Hm. Ja.«
    »Das tut mir leid«, sagte er freundlich.
    »So ist das Leben«, philosophierte ich.
    »Ja, da sagen Sie was«, antwortete er passend.
    Kopfschüttelnd schaute ich noch mal auf das Stück Papier.
    DREHARBEITEN AUSGESETZT,
    GELDGEBER AUSGESTIEGEN.
    SO SCHNELL WIE MÖGLICH EAMONN ANRUFEN.

27
    »Drehen Sie sich bitte zur Kamera, Sarah.«
    Gehorsam drehte ich mein Gesicht zur Kamera.
    »Halten Sie sie sich vor die Nase.«
    Ich hob die imaginäre Schale hoch, die ich in meinen Händen hielt.
    »Hervorragend. Und jetzt daran riechen.«
    Ich sog lange den himmlischen Duft ein.
    »Und jetzt sagen Sie die Textzeile.«
    Ich schaute verträumt in die Kamera.
    »Pedigree Chum. Weil sie es lieben.«
    »Schnitt. Danke, Sarah«, sagte der Regisseur.
    Wie die Chancen nach einem Vorsprechen für einen Werbefilm stehen, erkennt man bereits an der Art und Weise, wie der Regisseur mit einem spricht. Heißt es etwa nur: »Schnitt und danke« wie bei diesem Kerl, dann kann man den Job gleich vergessen. Wenn man aber für gut befunden wird, merkt man das an der Frage, ob man im Moment in anderen Werbefilmen zu sehen ist. Dazu muss man wissen, dass man bei Pedigree Chum nicht besonders glücklich wäre, wenn der Regisseur nach dem Dreh feststellen würde, dass man bereits das Gesicht von Winalot oder Chappie war.
    »Danke«, lächelte ich zurück.
    Ich werde nie für Werbefilme genommen. Obwohl ich schon unzählige Male für welche vorgesprochen habe. Ich habe bereits einen nicht unbedeutenden Teil meines Lebens damit verbracht, mir vorzustellen, dass ein Waschmittel mich erotisch anmacht oder ich an Verstopfung
leide. Aber den Job kriege ich dann doch nicht. Ich habe nicht das Gesicht, mit dem sich was verkaufen lässt. Ich habe ein Gesicht, das einen eher davon abhält, was zu kaufen. Es gibt junge Frauen, die sieht man an und kann sich vorstellen, dass sie fettreduzierte Frühstücksflocken essen oder Nivea Visage benutzen, weshalb sie auch dafür geeignet sind, diese Produkte an den Mann zu bringen. Aber wenn man mich ansieht und sich die Frage stellt, welche Produkte ich wohl benutze, wäre die Antwort: Chips oder Schokoriegel.
    Aber selbst diese Produkte lässt man von Models bewerben und nicht von Sarah Sargeant. Jedes Mal, wenn ich für einen Werbefilm vorspreche, überkommt mich nämlich das dringende Bedürfnis, etwas völlig anderes zu tun als das, was man von mir verlangt. Das ist meiner Konzentration nicht förderlich und beeinflusst meiner Meinung nach auch meine Darbietung. Im Moment zum Beispiel würde ich, wenn ich lächelnd am Hundefutter schnuppere, viel lieber ein lautes Würgegeräusch von mir geben und dann so tun, als müsste ich mich übergeben.
    Ich verließ das Vorsprechstudio und ging durch den Warteraum, vorbei an zwanzig weiteren Pedigree-Chum-Anwärterinnen, nach draußen. Julia wartete vor dem Gebäude auf mich. Nach einem Vorsprechen für Werbeaufnahmen treffe ich mich immer mit Julia, weil die im Allgemeinen in Soho gemacht werden, wo sie unter der Woche für eine Produktionsfirma arbeitet. Normalerweise gehen wir ins Caffè Nero. Julia nahm mir den Koffer ab, während ich ihr mit dem Trolley folgte.
    »Was haben wir gemacht, bevor es diese praktischen Dinger hier gab?«, schrie ich Julia zu.

    Keine besonders taktvolle Frage, denn sie mühte sich mit meinem großen abgewetzten schweren Koffer ab.
    »Hoppla, Entschuldigung«, sagte ich zu der fluchenden Dame, über deren Füße ich fast gefahren wäre.
    »Hast du daran schnuppern müssen?«, wollte Julia wissen, nachdem wir uns mit meinem ganzen Gepäck ins Café gedrängt hatten.
    »Hm«, ich lachte traurig.
    Vom Filmland L. A. direkt zum Hundefutterschnüffeln. Ist das nicht unglaublich? Ich rief meinen Agenten vom Flughafen aus an, um ihm die Neuigkeiten mitzuteilen und ein bisschen rumzustöhnen. Und er versuchte mich doch glatt mit dem unsterblichen Satz aufzuheitern: »Gut, dann beeilen Sie sich, denn um halb eins ist ein Vorsprechen für Pedigree Chum!«
    »O Mann«, sagte Julia mitfühlend. »So ein Wichser.«
    »Ein großer Wichser«, stimmte ich ihr zu.
    »Und was jetzt?«
    »Kellnern, würde ich sagen.«
    »Dann kannst du wenigstens mehr Zeit mit Simon

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