Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
rührte sich ein Fertigmüsli zusammen mit extra Haferflocken und Magermilch. Katze sah ihr durch die Balkontür zu. Schließlich konnte Lisa nur noch genervt stöhnen, die Schüssel mit dem Rest Müsli nehmen, die Tür öffnen und Katze das Müsli vorsetzen. Immerhin war Milch drin, und das Tier machte sich nach kurzem Schnüffeln fast so gierig darüber her wie über das Hühnchen gestern. Und mit einigem Erstaunen sah Lisa dann zu, wie Katze auch den ganzen Müslirest hinunterschlang. Haferflocken, Cornflakes, Rosinen – Katze war äußerst angetan.
Ulkiges Vieh , dachte Lisa , was mach ich bloß damit? Ist das eigentlich eine Katze oder ein Kater? Und wieso kommt es ausgerechnet zu mir? Wieso nicht zu den Idioten nebenan? Weil die Kinder haben?
Lisa beschloss, das Thema erst mal fallen zu lassen. Katze trollte sich sowieso nach diesem gesunden Frühstück, und Lisa schloss die Balkontür. Bis auf weiteres.
Es war Sonntag, und das bedeutete auch für sie einen freien Tag, zumindest theoretisch. So kurz nach einem Mordfall konnte man ja eigentlich nicht faulenzen. Aber andererseits – was gab es zu tun?
Da war es wieder, dieses blöde Gefühl. Sie fühlte sich nicht echt. Eine echte Kommissarin hätte die Nacht gar nicht geschlafen! Sie hätte über den Fall gebrütet, wilde Theorien aufgestellt und wieder verworfen, eine Liste von Verdächtigen aufgestellt und so weiter. Und Lisa? Lisa hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
Ich ruf den Arschsack an , entschloss sie sich dann.
„ Zonk.“
„ Hier ist Lisa.“
„ Oh... hi! Wie geht es dir?“
Was soll das denn nun wieder heißen , dachte Lisa.
„ Bestens, bestens. Was machen wir heute? Irgendwelche neuen Ideen?“
„ Neue Ideen? Haben wir überhaupt alte Ideen?“
„ Na ja, nein. Aber das Ergebnis der Spurensuche und von Lamprecht kommt doch heute, oder?“
„ Wahrscheinlich. Die rufen uns dann an.“
„ Wie sieht’s aus mit Krumms Urlaubsangewohnheiten?“
„ Hoffmann hat sich mit Thailand unterhalten. Die Tickets, die wir in Krumms Tropfsteinhöhle gefunden haben, wiesen allesamt auf Bangkok hin. Mehrere Flüge in den letzten paar Jahren. Der hat anscheinend nie was weggeworfen.“
„ Und?“
„ Gibt nichts wirklich Handfestes. Aber die Polizei ist da auch nicht gerade übereifrig bei solchen Dingen. Hoffmann hat ein Bild von Krumm an diverse Polizeireviere in Bangkok gefaxt und gemailt, aber die meinten alle nur, so sähe praktisch jeder zweite deutsche Tourist aus. Wenn sie den je aufgegriffen hätten, hätten sie ihn entweder schnell wieder laufen lassen oder er würde inzwischen in irgendeinem Knast verschimmeln. Und da er stattdessen im Leichenschauhaus verschimmelt, können wir Thailand wohl abheften.“
„ War eh keine heiße Spur.“
„ Nicht mal lauwarm. Was war noch mal mit dem Turnschuh?“
„ Ich hab mir ein Foto von der Fußspur in der Kotze geben lassen“, informierte ihn Lisa. „Auf dem Nachhauseweg gestern hab ich es dem Besitzer von dem Sportgeschäft hier auf dem Ring gezeigt. Der musste nur kurz überlegen und hat dann sofort den passenden Schuh aus dem Regal geholt. Wusstest du, dass alle Schuhe und alle Marken total unterschiedliche Profile haben?“
„ Ich finde das faszinierend, muss ich sagen. Erleichtert natürlich die Spurensuche ungemein. Und was für ein Schuh war es?“
„ Ein New Balance.”
„ Watt?”
„ Hab ich auch nicht gekannt. Das ist eine amerikanische Marke, die nicht sehr viel exportiert. Sollen aber sehr gut sein.”
„ Ich wusste gar nicht, dass es noch was anderes gibt außer Nike, Adidas und Reebok.”
„ Das hab ich dem auch gesagt, und der hat gleich einen Riesenvortrag losgelassen über alle möglichen kleineren amerikanischen, europäischen und sogar ehemaligesowjetischen Marken. Er meint, die seien alle genauso gut, wenn nicht sogar besser, die geben nur nicht so viel fürs Marketing aus. Wesentlich billiger sind sie aber auch nicht, und deshalb kaufen die jungen Leute eben lieber die trendigen Marken.”
„ Na, das ist doch was, oder? Der Mörder ist vermutlich kein Teenager.”
„ Ja, genau. Das grenzt die Suche schon mal stark ein.”
Es entstand eine Pause.
„ Lisa, was hast du heute vor?”
„ Na, deswegen ruf ich doch dich an. Soll ich ins Büro kommen, Herr Hauptkommissar?”
„ Ja… nein. Ich meine, schon okay, du musst nicht kommen. Ein sonniger Tag und so weiter. Ich warte die Ergebnisse ab und sag dir Bescheid, falls sich was interessantes
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