Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
bei dieser Erklärung. Tatsächlich war es aber so, dass Kinder häufig nur anders werden als die Mutter, eine Art lebendes Kontrastprogramm bilden. Und das war Steffi: Das genaue Gegenteil von Rosie. Mit 19 noch Jungfrau, noch nie einen festen Freund gehabt, immer etwas gehemmt. Eigentlich muss sie froh sein, von zuhause wegzukommen , spekulierte Lisa. Aber da stimmte nicht, Mutter und Tochter waren ein Herz und eine Seele, und diese Verbindung war es wohl auch, die Lisas Wunsch nach Kindern unterschwellig doch aufrecht erhielt.
„ Wie war das damals eigentlich, hattest du eine Kontaktanzeige aufgegeben?“ fragte Christiane, die die Geschichte noch nicht kannte.
„ Nein“, sagte Rosie, „obwohl das manche inzwischen tun, wie ich gelesen habe. Aber ich hab einfach alle möglichen Männer durchprobiert und nach kritischer Prüfung ihrer Erbanlagen gefragt, ob sie mir unverbindlich ein Kind machen wollen, ohne es mit aufzuziehen. Nach dem zwanzigsten ungefähr hat es dann geklappt. Ich hätte es auch heimlich tun können, aber das war mir dann doch zu hart.“
„ Wieso wolltest du denn keinen Mann?“ wollte Lisa wissen.
Sven rappelte sich auf. Er wollte nicht mehr zuhören, wie über sein Geschlecht hergezogen wurde. „Ich geh mal ins Wasser“, brummte er und schlich sich mit seinen Badelatschen davon.
Rosie sah ihm nach. „Bisschen dünn ist er ja, aber immer noch besser als zu dick. Dicke Männer, also wirklich nicht. Haarige Ballonbäuche und noch haarige Arschschwämme, dann doch lieber einen Dürren, der zwischen deine Schenkel passt.“
„ Rosie! Er ist doch keiner deiner Betthasen!“ maulte Lisa.
„ Nein, er ist ja auch in dich verknallt, also lass ich die Finger von ihm.“
„ Ist er nicht!“
Rosie und Christiane lachten sich eins.
„ Und ob“, johlte Christiane, „das sieht doch jeder. Du weißt das ganz genau.“
„ Na schön, aber ich bin nicht in ihn verknallt, so ist es halt.“
„ Dann eben nicht“, meinte Rosie, „aber geh doch mal mit ihm ins Bett, das schadet doch nichts.“
„ Wohl, das schadet unserer Freundschaft.“
„ Tut es nicht“, widersprach die ältere Freundin, „das ist so eine alberne Binsenweisheit aus ‚Harry und Sally’, sonst gar nichts. Eine Freundschaft zu einem Mann kann frau durch nichts mehr festigen als durch Sex.“
„ Vielleicht, aber wenn es nicht funktioniert, dann ist plötzlich ein Bruch drin“, meinte Christiane.
„ Wieso denn?“ Rosie verstand das Problem überhaupt nicht. „Dann habt ihr wieder den Zustand wie vorher, Freundschaft ohne Sex. Ihr habt nichts verloren.“
Lisa verzog das Gesicht voller Skepsis. „Rosie, kann es ein, dass du noch nie in deinem Leben einen platonischen Freund hattest?“
„ Ich bin noch nie einem Mann begegnet, der mit mir irgendwas Platonisches im Schilde geführt hat.“
„ Dann weißt du gar nicht, wovon du redest. Man kann nicht einfach mit einem Mann vögeln und es danach nicht mehr tun und trotzdem Freunde bleiben. Männer machen das nicht mit, sie werden es immer wieder tun wollen.“
„ Na, dann tut es halt wieder. Herrje, ist doch nur Sex.“
Lisa stöhnte genervt. „Du redest schon wie Fabian.“
Rosie lächelte süffisant. „Dein hübscher Kollege?“
„ Ja-haaa...“
„ Der mit dem süßen Hintern?“
„ Genau der.“
„ Der gerade zu uns rüberkommt?“
„ Ganz recht... was?“
Lisa drehte sich abrupt um. Und da stand Fabian auch schon vor ihr. Nur in Badehose, gerade aus dem Wasser gestiegen, nass und schwer atmend. Christiane und Rosie lächelten ihn äußerst wohlwollend an und rückten die Träger ihrer Badeanzüge grade.
„ Ladies...“ begrüßte Fabian sie mit höflichem Ton und unverschämtem Grinsen.
Lisa flüchtete sich in ein überraschtes Lachen. „Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist im LKA?“
„ Es ist auch nett, dich zu sehen, danke. Darf ich mich setzen?“
Er nahm breitbeinig auf einer Decke Platz. Christiane und Rosie warfen Lisa vielsagende Blicke der Marke ‚Sieh dir mal diesen Hintern an’ oder „Hat der eine Hausmacherblutwurst in der Badehose oder freut der sich nur uns zu sehen?’ zu. Rosie schnalzte gar mit der Zunge, während Christiane es bei einem frechen Dauergrinsen beließ. Sicher, sie hatte einen festen Freund, aber gucken durfte sie ja wohl.
„ Also im Ernst“, sagte Lisa verlegen, während sie überlegte wie sie möglichst elegant ein Badetuch um ihren Körper wickeln konnte, ohne dass es peinlich war,
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