Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
besseres Statussymbol wollten, vielleicht weil sie urplötzlich einen anderen Geschmack hatten oder sie einfach zu viel Frau für sie war.
Lisa wurde klar, dass auch ihre Sprüche von der „erotischen Spannung“, die sie so genießen würde, nur vorgeschoben waren. Sie hatte Angst davor, dass Fabian sie nackt nicht mochte. Sie war sich sicher, dass sie das nicht so leicht verkraften würde wie bei den anderen. Der Typ, der ihr gegenüber gerade ein Stück Sellerie aus seinen Zähnen puhlte, bedeutete ihr mehr als jeder andere. Und fieserweise war er auch der gutaussehendste von allen. Sie wollte das gar nicht analysieren – ob sie nur wegen seinem Sex so auf ihn abfuhr – aber es war schon eine Gemeinheit, dass er nach den gängigen Idealvorstellungen ein sehr gutaussehender Patron war, und sie hingegen nicht. Sie glaubte ihm, dass er sie sexy fand. Aber sie war sich nicht sicher, wie lange noch.
Als sie so vor sich hin brütete, fragte Fabian sie rundheraus: „Ich dachte eigentlich, wir würden heute Abend zu mir oder zu dir gehen. Wie ist dein Statement?“
Lisa sah ihn unglücklich an. „Ich weiß nicht. Bin mir nicht sicher. Wollen wir nicht noch etwas warten?“
„ Wie lange? Bis du dreißig Kilo abgenommen hast und dein Selbstwertgefühl es erlaubt, dass ich dich nackt sehe?“
Du kennst mich einfach zu gut , dachte Lisa. „Du hast leicht reden, du bist ein amtlich beglaubigter heißer Typ, der sich seines Körpers sicher sein kann. Ich war das noch nie.“
Fabian stöhnte. Er war jetzt ehrlich genervt. „Ich bin auch nicht perfekt. Meine Haut ist rauh, ich hab ein paar ziemlich fiese Narben und Muttermale, meine Haare waren auch schon mal dichter und meine Zähne kriegen allmählich so einen komischen Blau-Ton. Ich lass mir davon aber nicht die Laune verderben.“
„ Lass uns noch ein bisschen warten, ja, Süßer?“ Lisa versuchte ihr bestes weibliches Gurren in die Waagschale zu werfen, um Fabian um den Finger zu wickeln. Sie beugte sich etwas nach vorn, um ihm zu signalisieren, dass sich das Warten durchaus lohnen würde. Fabian genehmigte sich einen tiefen Blick, stand dann aber auf.
„ Lisa, ich will ja nicht wie ein sexbesessener Macho klingen, aber seien wir doch mal ehrlich: Ich bin ein sexbesessener Macho. Und wir sexbesessenen Machos sind nicht direkt für unsere Geduld bekannt, wenn es um Bettgymnastik geht.“ Er beugte sich zu ihr herunter und sah ihr tief in die Augen. „Ich will dich. Heute. Nicht irgendwann. Ich will dich nackt. Unter mir, neben mir, und verflucht, auch auf mir. Ich werde nach dem Dienst nach Hause fahren und dort die ganze Nacht sein. Ich kann nur hoffen, dass du kommst.“
Mit diesen Worten ließ er sie sitzen und schlenderte zum Ausgang der Kantine. Lisa sah seinem süßen Hintern zu, wie er immer kleiner wurde. Heiß war ihr geworden, als er ihr wieder so nahe gekommen war. Und jetzt wurde ihr kalt. Panik, Frust. Angst, alles zu vermasseln. Oh, wie vertraut war ihr das alles.
Als sie abends zu Hause war, ging es ihr nicht besser. Sie lief in der Wohnung umher, putzte ein wenig und ließ ihre Gedanken rotieren. Als es schon dunkel wurde, zog sie sich nackt aus, stellte sich vor den Spiegel in der Diele und warf einen extrem kritischen Blick auf das, was es da so alles zu sehen gab. Sie versuchte, den Bauch einzuziehen, stellte aber fest, dass sie so noch unvorteilhafter aussah. Sie hasste sich nackt, es war halt so. Mit Klamotten konnte sie heiß aussehen und Überschüsse verstecken beziehungsweise betonen, wo sie es für angemessen hielt. Aber ganz nackt war sie ein Pottwal, fand Lisa. Sie war stolz auf ihren Busen, und zumindest die Form ihres Hinterns gefiel ihr sehr. Perfekte runde Formen hatte sie, das stand nun mal fest. Fabian hatte vieles davon schon angefasst und erkundet, und offenbar hatte es ihm gefallen. Vielleicht wenn das Licht gedimmt...?
Probeweise schaltete Lisa das Licht aus. Die gedämpfte Beleuchtung von draußen verschaffte ihr eine Silhouette wie ein Preisboxer. Ihre Rundungen verblassten. Nein, das war keine Verbesserung. Sie könnten ja das Licht ganz ausmachen, es völlig im Dunklen treiben. Aber ob Fabian das respektieren würde? Schließlich wollte sie ihn auch nackt sehen. Lisa spürte, wie sie geil wurde. Es war schon verdammt lange her, und jedes Molekül in ihrem Körper sehnte sich nach Sex. Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa fallen. Und als sie gerade schwach werden wollte, klingelte das Telefon.
„
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