Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
auch. Fabian und ich klappern alle möglichen Leute ab, die Walter Fechner mal Hassbriefe geschickt haben. Sind echt viele. Du siehst, wir haben durchaus zu tun, es ist nur so langweilig.“
„ Was macht das BKA?“ wollte Rosie wissen.
„ Oh, die haben die gute alte Rasterfahndung zum Leben erweckt. Und sie haben Richard Weinstein und Georg Nielsen noch mal in die Mangel genommen, Leily Nielsen auch. Danach brauchte sie Beruhigungsmittel.“
Christiane stöhnte. „Man sollte männliche Beamte grundsätzlich nicht mehr an Vergewaltigungsopfer ranlassen. Die kapieren nix. Geben entweder versteckt dem Opfer die Schuld oder ganz direkt. Ich sag euch, manchmal ist es schwer in meinem Job, nicht lesbisch zu werden. Irgendwann sieht man echt in jedem Kerl einen potentiellen Vergewaltiger.“
„ Was denn, die Bezeichnung gibt’s noch?“ wunderte sich Rosie. „Wir Neo-Feministinnen haben damit eigentlich aufgeräumt.“
„ Ist aber schon ein bisschen was dran. Ich liebe Männer, vor allem meinen Michael, aber der ist auch ein Schnullipops. Jeder Typ, der auch nur ein bisschen was Bedrohliches an sich hat, verursacht erst einmal Misstrauen bei mir. Ist einfach so.“
„ Dann würdest du dich an Lisas Stelle wohl für Sven entscheiden, und nicht für den unrasierten Mistkerl mit dem durchtriebenen Grinsen?“ Rosie wollte mit Gewalt auf ihr Lieblingsthema kommen.
„ Hör auf damit“, maulte Lisa, „ich steh halt nicht auf Sven. Ich meine, wenn ich mich fragen würde, wer der Vater meiner Kinder werden sollte, dann hätte er sicher bessere Karten. Aber ich will eigentlich gar kein Zwergvolk um mich rum haben. Noch nicht. Im Moment ist folgendes angesagt: Hübscher, lustiger Typ, der weiß, was er mit meinen Brüsten alles anstellen kann. Einer, mit dem ich Spaß habe, und der mich versteht und mir Geborgenheit gibt. Ich denke jetzt nicht an später, dafür bin ich zu jung.“
„ Und was machst du, wenn er’s im Bett nicht bringt?“ fragte Rosie ungeniert.
„ Das, meine Liebe, kann ich hundertpro ausschließen. Bis jetzt war es nur eine Zeitfrage. Er ist übers Wochenende verreist, wegen der Beerdigung seiner Großmutter. Ich wäre ja mitgekommen, und wir hätten es nach dem Begräbnis treiben können, aber da gibt es gewisse Pietäts-Grundregeln.“
„ Ihr jungen Leute wisst überhaupt nicht mehr, wie man sich amüsiert“, grinste Rosie und schenkte sich Tee nach. „Zu meiner Zeit haben wir es auf Friedhöfen gemacht, nur so aus Nervenkitzel.“
„ Wann war das?“ fragte Christiane.
„ Vor zwei Wochen ungefähr. Ich sag doch: Zu meiner Zeit.“
„ Du bist ’ne alte Schlampe“, sagte Lisa.
Rosemarie strahlte zufrieden. „Ja, und ich hoffe, das kann ich noch eine Weile fortsetzen.“
„ Wie lange noch?“ Christiane schwankte zwischen Entsetzen und Neid. „Du bist Mitte 50. Wie viele junge Männer wollen noch mit dir in die Kiste, wenn die große 6 am Horizont auftaucht?“
„ Dann erweitere ich das Maximal-Alter auf Mitte 40. Ich bin flexibel. Hauptsache, der Typ hat sich in Form gehalten.“
Sie redeten noch eine Weile Über Männer, Sex und das Ding namens Liebe. Lisa gestand, dass sie manchmal wünschte, sie wäre lesbisch. Eine Weile hatte sie sich richtig Mühe gegeben, es zu werden.
„ Ich hab’s echt drauf angelegt“, erzählte sie, „aber irgendwie war das nichts für mich.“
„ Du wärst bestimmt eine tolle Lesbe geworden“, sagte Rosie mit Überzeugung.
„ Danke. Aber ich bin’s halt nicht.“
„ Wieso solltest du auch?“ fragte Christiane verwundert.
„ Wieso nicht? Viele dicke Frauen sind lesbisch. Ist doch eine ganz gute Alternative, wenn frau mit ihrem Körper unzufrieden und wütend auf die Männerwelt ist, weil die ihr dieses idiotische Schönheitsideal zumuten. Da ist lesbisch sein doch viel einfacher, dann kann man immer noch sagen, so, die Männer wollen mich nicht – na und, ich sie auch nicht.“
„ Und was hat dich dann davon abgebracht?“ fragte Rosie. „Ich meine, hast du es richtig versucht mit allem Drum und Dran und Drin?“
„ Auf der FH hab ich es zweimal probiert, da war eine, die ist jetzt bei der Sitte in Bielefeld.“
„ Wow“, grinste Christiane, „das ist bestimmt ein aufreibender Job.“
„ Es hat mir gar nicht mal so übel gefallen, aber ich hatte halt auch schon Jungs vorher, und die fand ich besser, also im Bett. Ich glaube, ich bin furchtbar schwanzfixiert.“
Aus Rücksicht auf Rosie, die ja im Gegensatz zu den
Weitere Kostenlose Bücher