Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Ja?“ sagte Lisa leicht außer Atem.
„ Was ist los?“ fragte Rosie. „Bist du allein?“
„ Ja, wieso?“
„ Oh“, lachte die ältere Freundin, „dann machst du’s dir gerade selber, was? Die Art Keuchen kenn ich doch. Hab ich selber mindestens einmal am Tag, wenn kein Kerl in Sicht ist.“
Lisa wurde tomatenrot und richtete sich auf. „Red keinen Quatsch, ich hab nur gegähnt. Bin müde.“
„ Dann solltest du nicht masturbieren, das macht noch müder.“
„ Ach, halt die Klappe. Ich hab genug Probleme.“
„ Ich wollte mal wissen, was jetzt ist mit Fabian. Wenn nicht heute, wann dann? Oder ist noch jemand gestorben, vielleicht sein Stief-Cousin neunundvierzigsten Grades großväterlicherseits ehrenhalber?“
„ Er möchte, dass ich heute zu ihm komme.“
„ Super! Viel Spaß, Süße. Und vergiss nicht, dir alle Details zu merken, deine Freundinnen sind äußerst wissbegierig.“
„ Rosie, ich kann das einfach nicht tun“, jammerte Lisa. „Ich trau mich nicht.“
„ Er hat dich doch schon im Badeanzug gesehen.“
„ Das ist nicht dasselbe. Im Badeanzug sehe ich immer gut aus, weil er die fiesesten Stellen verdeckt, bis auf die Beine, also known as Kartoffelstampfer. Aber die sind ihm wohl egal.“
„ Worum machst du dir Sorgen? Zieh seinen Kopf zwischen deine Brüste, dann sieht er nichts anderes mehr und ist trotzdem zufrieden. So mach ich das häufig bei meinen Jungs.“
Lisa grinste. „Also echt, wie du das fertig bringst. Die sind doch oft weniger als halb so alt wie du. Hat dich da noch keiner entsetzt angeguckt, als du nackt warst?“
Rosie lachte dreckig, sofern Frauen das können. „Baby, die meisten von denen fallen vor mir auf die Knie, sobald ich nackt bin. Ich will das gar nicht zu Tode analysieren, von wegen Mutterkomplex und so weiter, aber ich habe noch nie erlebt, dass einer auf einmal keinen Bock mehr hatte. Und sie wollten alle Nachschlag haben. Das hat nichts zu tun mit makelloser Schönheit. So was macht sich gut auf Titelblättern und im Film, aber im Bett wollen Männer das Echte. Als ich jünger war und noch alles straff und makellos, hatte ich viel weniger Sex als jetzt. Die Männer waren eingeschüchtert und trauten sich nicht, mich anzusprechen. Inzwischen weiß ich: Es sind eher die normalen, molligeren und natürlicheren Frauen, die am meisten Sex kriegen, weil die Männer das viel mehr mögen. Glaub mir, das stimmt. So eine wie du ist die Traumfrau der meisten Kerle, und nicht nur der ungewaschenen Prolos, sondern der gutaussehenden Männer ab dreißig, die sich an den jungen Dingern sattgestoßen haben. Und so schätze ich auch Fabian ein. Der steht auf dich. Nicht aus Mitleid oder weil ihr euch halt jeden Tag seht und du dadurch einfach fällig bist, sondern weil er Geschmack hat.“
Lisa hatte zugehört und seufzte jetzt laut auf.
„ Oh“, schmunzelte Rosie, „bist du fertig geworden?“
„ Dumme Kuh“, sagte Lisa, „ich hab mir nur durch den Kopf gehen lassen, was du gesagt hast.“
„ Und was wirst du jetzt tun?“
„ Ich geh zu Fabian und fick ihm das Hirn raus.“
Lisa legte auf und flitzte entschlossen ins Schlafzimmer. Sie musste gar nicht lange überlegen, denn im Geiste hatte sie sich diesen Anlass schon häufig ausgemalt. Ihr schwarzer Minirock war ein Bringer, und die Netzstrümpfe ließen gar keinen Zweifel mehr. Lisa fand es immer wieder wunderbar, wie die Dinger sämtliche orangesken Ausbeulungen unsichtbar machten. Die Ausbeulungen am Oberkörper sollten freilich noch sichtbarer werden, und dafür hatte Lisa ihre jugendgefährdende dunkelrote Bluse, die ihr zwei Nummern zu klein war, was die Brüste hervorquellen ließ wie zwei Christbaumkugeln an einem entnadelten Tannenbaum. Sie steckte die Bluse nicht rein, sondern ließ sie einfach flattern, in Tateinheit mit dem tiefen Ausschnitt waren nur zwei Knöpfe überhaupt zu. Den BH ließ sie gleich ganz weg, und um die anderen Autofahrer nicht in Unfälle zu verwickeln, legte sie sich ihren hässlichen beigen Mantel aus Microfaser um. Ihre Schuhe steckten in zwei schwarzen Hockhackigen, die alles an Lisas Körper beim laufen zum Wackeln brachte, und sie genoss es sogar, als sie bereits die Treppen hinunterlief.
Die Fahrt nach Spandau dauerte ein Weilchen. Fabians Wohnung in der Nähe der Altstadt war sehr gut erschlossen, und als sie über die Dischingerbrücke fuhr, hatte Lisa das Gefühl, auf Wolken zu fahren. Es war eine perfekte Nacht. Überall Sterne, ein heller
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