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HalbEngel

HalbEngel

Titel: HalbEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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schlicht als physikalisch unmöglich bezeichnet werden. Es sei denn, du wartest noch vier Jahre. Oder du gehst ins Studio und winselst uns zwei Scheiben voll. Das ist wohl der Weg, den du jetzt einschlagen wollen wirst, aber auch, was das angeht, muss ich dich darauf hinweisen, dass wir natürlich nicht verpflichtet sind, jeden Kehricht anzunehmen. Wenn du uns eine fünfzigminütige Rückkopplungswichserei auf den Tisch legst und sagst, das sei das neue Album von MBMI , haben wir das verbriefte Recht, dir den Dreck postwendend zurückzuschicken. Verwaltende Verantwortung lautet der Passus. Schon vergessen? Das ist so etwas wie Creative Control. Man könnte es auch so ausdrücken: Wir kümmern uns darum, dass ihr keinen Mist baut. Das ist unser Job.«
    »Das ist ein bisschen wie Schutzgeldeintreiben, stimmt’s?«
    »Bitte?«
    »Schon gut. Nicht weiter wichtig.«
    »Das hier ist ein Spitzenvertrag, Floyd, mach dir das mal klar. Der Beste, den ich in diesem Business je zu Gesicht bekommen habe. Was ich meine, ist: Wer wart ihr denn schon, als Mel euch entdeckt hat? Ihr hattet einen Junkie-Chaoten am Schlagzeug, der euch jeden Gig vermasselt hat. Ihr hattet kein Konzept, kein Image, ein paar lausige Songs und – zugegeben – ein paar gestrichene Teelöffel Talent. Aber das war noch nicht so umwerfend, oder? Das brachte noch nicht so den Marktwert. Oder hat Index One sich etwa wie rasend verkauft, in Japan zum Beispiel, oder im sonstigen Übersee, sodass man nach dort sogar einen wunderschönen Konzerttrip machen konnte? Natürlich nicht. Dazu braucht man eine funktionierende Vertriebsschiene. Die kam vom Chameleon, Floyd. Nicht von euch. Und um noch einmal darauf zurückzukommen: Das hier ist ein Spitzenvertrag. Drei CD-Produktionen garantiert, egal, als was für hohle Nüsse ihr euch nach dem ersten glücklichen Geklimper entpuppt. Satte fünf Jahre Zeit, diese drei CDs zu erarbeiten. Dabei Betreuung und Wünscheablesen von den Lippen rund um die Uhr. Und was für Produktionsverhältnisse wir euch besorgt haben – Mann, Floyd, Junge, komm zu dir! The Pope ! Denkst du, jemand anders als Steamin’ Sletvik hätte dir The Pope besorgen können? Für das Debütalbum von ein paar Triefnasen aus Pennsylvania? Und Bosco als Fotografen! Der Mann hat so eine Art Engel aus dir gemacht, Floyd, wärst du denn je auf so eine Idee gekommen? Und Nick! Ich vergesse Nick! Wir erlösen dich von Brian Milman und schenken dir dafür den begnadeten Nick Denning, den Mann, der deinem Sound überhaupt erst Backbone gibt – und du willst nach dreizehn Monaten hinschmeißen?«
    »Tja.«
    »Tja? Tja ist das, was du dazu zu sagen hast? Mir fallen da im Augenblick ganz andere Sachen ein, so etwa von undankbarer, arroganter Bastard bis hin zu völlig bekloppter und den realen Überblick total verloren habender Blindgänger reicht da meine Skala, aber es ist ja gottlob nicht meine Aufgabe, dir ins hoffentlich noch vorhandene Gewissen zu reden. Ich bin ja nicht der Superstar hier, ich bin nur der Ausputzer, der sich den Arsch aufreißen muss, wenn dem Superstar gerade mal wieder ein Furz im Kopf querliegt. Entschuldige bitte meine Sprache. Ich könnt mich aufregen, Mann, ich könnt mich wirklich aufregen. Ich tu’s aber nicht. Denn dafür werde ich nicht bezahlt.«
    Donelli ging im Zimmer auf und ab und widmete sich ein paar sortiererischen Unaufschiebbarkeiten, bevor er – den dominanten Arbeitstisch mit großen Schritten ummessend – in seinem ledrigen, hochlehnigen Chefsessel Platz nahm. Knautschend wippte er vor und zurück, sich mit den Fingern die Kinnpartie massierend. »Wofür ich bezahlt werde, willst du sicher wissen. Gut, ich werde dir erläutern, wofür ich hier bezahlt werde. Pass auf. Eigentlich passt es mir sehr gut, dass du heute hier aufgetaucht bist, ich hatte ja sowieso mit dir sprechen wollen. Wollte halt nur noch warten, bis alles spruchreif ist und so.« Er ließ ein paar Schubladen aufsummen und holte neue, andersfarbige Papierzusammenheftungen daraus hervor. »Weißt du, was das hier ist? Ich meine: Kannst du dir vorstellen, was das hier ist?«
    »Ich habe nicht den mindesten Schimmer.«
    »Das macht ja nichts. Ich erkläre es dir. Das hier, diese beiden Blätter und der kleine Stapel hier – das hier repräsentiert die Möglichkeit eines Wechsels ... von MBMI ... von den mütterlichen Fittichen von Loud Chameleon ... zu einem der bedeutendsten, potentesten Majors der gesamten Industrie. Und ich spreche nicht nur von

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