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HalbEngel

HalbEngel

Titel: HalbEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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spaziert ist und den eigentlichen Star der Band gutgelaunt entschuldigt hat, und zwar so entschuldigt, dass einige da unten im Auditorium zu ihren Taschentüchern greifen mussten, ich kann dir sagen!«
    »Wahrscheinlich, weil ihnen der Koks aus der Nase tropfte. Nein, wirklich, das hast du gut gemacht, Wayland.«
    »Vielen Dank. Erinnerst du dich daran, wie ihr euch gewundert habt über die plötzlich angesetzte kleine Tournee in Europa? Erinnerst du dich noch daran? Das war eine Idee vom Major. Testen wir mal, wie sie in der Alten Welt ankommen, sagten sie. Also haben wir’s getan. War doch ein Mordsspaß, oder etwa nicht? Parih, enh? London calling, to the faraway towns . Erzähl mir jetzt bloß nicht, wie sehr dich dieser Trip angenervt hat. Wer außer dir hat heutzutage schon Gelegenheit, nach Paris zu reisen und auch noch Geld dafür zu bekommen?«
    »Geld.«
    »Na ja klar – Geld. Oh, ich ahne, was jetzt kommt: Geld stinkt doch, oder? Mann! Verschon mich doch! Die Blumenkinder sind längst tot oder haben sich ins Establishment eingegliedert. Ich war selbst ein Hippie, Mann! Was denkst du, wie ich ins Musikgeschäft gekommen bin?«
    »Du warst in Woodstock.«
    »So ist es. Das ist wahr, Floyd. Ich war wirklich dort.«
    »Du bist jetzt ein Heiliger für mich.«
    »Na ja. Ich war in Woodstock ein halbes Jahr nach dem Event – aber ich habe die zertrampelte Wiese noch gesehen.« Wayland lachte selber über diesen gut vorbereiteten Joke, beruhigte sich aber schnell wieder, weil Floyds Amüsiertheit sich in Grenzen hielt. Floyd sah eher käsig aus, wie einer, der gleich furchtbare, niemals zurücknehmbare Dinge sagen muss.
    »Alles, was ich sehe, ist«, begann Floyd, »dass wir auf zwei unterschiedlichen Ebenen existieren. Es ist deshalb wohl unmöglich, dass wir – egal, wie lange und wie viel wir auch immer miteinander reden – uns jemals verstehen.«
    »He, ich versteh dich doch, Floyd. Glaub bloß nicht, dass ich dich nicht verstehen könnte. Aber du gibst dir keine Mühe mit mir.«
    »Ich kann nicht. Es hat keinen Zweck. Tut mir leid. Meine Art, die Welt zu sehen, ist anders. Grundlegend anders.«
    »Ach, das ist doch Bullshit.« Donelli schnellte sich ärgerlich in die Höhe und begann wieder, auf und ab zu gehen. »Erzähl mir doch nicht, dass du ein Mutant bist oder so was in der Art. Im Musikbusiness versucht doch wirklich jeder dahergelaufene Brezelverkäufer, dir zu erzählen, dass er ein ganz außergewöhnliches Lebewesen ist. Ich kann’s schon nicht mehr hören. Als du angefangen hast mit der Musik, warst du nur ein kleiner Punk, der reich und berühmt werden wollte. Stimmt doch. Du wolltest auch mal an die guten Pussys rankommen. Also habt ihr eure eigenen Partys aufgezogen. Was zum Teufel ist daran denn so grundlegend anders, dass jemand wie ich es partout nicht verstehen könnte?«
    »Du hast recht. Als ich anfing, war ich nur ein gieriger kleiner Arsch. Als ich dann bei Reggler in der Lehre war, war ich ein gieriger kleiner Arsch mit einem erschreckenden Mangel an Talent und Durchblick. Als ich MBMI gründete, war ich immer noch ein Arsch. Aber etwas ist passiert. Dinge verändern sich, Wayl. Menschen verändern sich.«
    »Wodurch denn, zum Teufel!«
    »Keine Ahnung. Vielleicht das da-draußen-Sein, das Machen von Musik. Irgendwas kommt da zurück mit mehr Wucht, als du es von dir gibst, haut dich um und reißt dich mit sich fort. Die Bühne ist wie ein Grenzland, wie ein Krieg. Je weiter du dort gehst, desto weiter entfernst du dich von dir selbst. Es gibt kein Zurück mehr.«
    »Das ist doch esoterische Psychokacke.«
    Floyd lächelte. »Du kannst das nicht verstehen. Jemand wie du, der noch nie irgendwas zur Welt gebracht hat, das vielleicht von Anfang an nicht richtig zu kontrollieren war, kann das natürlich nicht kapieren. Genauso wenig wie ich jemals kapieren werde, dass jemand, der erwachsen geworden ist, so viel von Geld halten kann. Geld ist doch nur bedrucktes Papier, und alles, was du dir dafür kaufen kannst, macht nicht wirklich satt.«
    Donelli winkte ab. »Geschenkt. Wovon willst du leben ohne Geld? Gibt deine Les denn neuerdings auch Milch?«
    »Ja. Das war schon immer so. Ich hab’s nur nicht bemerkt. Ich hab die Milch der Les für meinen Schweiß gehalten.«
    »Gott verfluche den Tag, an dem ich beschloss, für Künstler zu arbeiten.« Der Manager hatte sich jetzt so weit abgekühlt, dass er sich wieder in seinen Sessel hechten konnte. »Hör zu, Floyd, ich kann es ja noch

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