Halbgeist: Roman
Brachiatoren waren, und positionierte den Frachtbereich im Heck unter dem Kämpfer, der kurz davor stand, sich dem Unausweichlichen zu ergeben. Tropfen rosaroten Blutes aus den Wunden beider Kämpfer sprenkelten schon jetzt die Frachtpritsche. »Ich muss nahe heran. Ein Objekt von der Größe und dem Gewicht eines Brachiators braucht nicht viel Zeit, um sich im freien Fall in ein Geschoss zu verwandeln, das uns einfach vom Himmel fegt.«
»Aber wir sind in dieser Entfernung sicher?«
Lassiter bedachte mich mit einem Blick äußerster Geringschätzung. »Anderenfalls hätte ich mich nicht darauf eingelassen, Befehlsgewalt hin oder her. Nein, ein durchschnittlicher Mann wiegt mehr als ein durchschnittlicher Brachiator, und ein paar Angeber unter unseren Leuten haben sich damit hervorgetan, aus größerer Höhe zu springen. Aber wir sollten uns alle so weit wie möglich von der Pritsche fernhalten. Bisher hatte noch niemand die Unverfrorenheit, so etwas vorzuschlagen, und ich weiß nicht, was passiert, wenn wir es tun.«
Zu fünft drängten wir uns an den vorderen Rumpf, wobei die stämmige Lassiter mehr Raum in Anspruch nahm, als ihr fairerweise zugestanden hätte. Godel, Lassiter und Oscin Porrinyard standen mit dem Rücken zur Schnittstellenkonsole. Skye und ich kauerten zu ihren Füßen und machten uns so klein wie möglich. Über uns verlor der Brachiator seinen Überlebenskampf, schrie auf, vermutlich ein Ausdruck von Qual und Verzweiflung, der nur umso herzerweichender war, da er nicht imstande war, das Offensichtliche so auszudrücken, wie Menschen es gewohnt waren. Fremdartig oder nicht, wir alle wussten, der Brachiator dachte genau das, was jede empfindungsfähige Kreatur in solch einer Lage gedacht hätte. Das kann nicht sein. So etwas darf mir nicht passieren. Mein Leben kann nicht zu Ende sein. Ich will nicht sterben.
Das leise Reißen über uns schien sich ewig hinzuziehen. Ich habe keine Ahnung, ob das Zeitgefühl der Brachiatoren den Kampf als ebenso verzögert empfand, aber der Gedanke gefällt mir nicht. Ich glaube lieber, dass sie ihre eigenen Bewegungen als schnell wahrnahmen. Anderenfalls hätte der Sterbende jeden einzelnen Augenblick in diesen langen Minuten zwischen einem Klauenschlag und dem nächsten erdulden müssen.
Was mir sonst noch an der idiotischen Art der Kriegsführung der Brachiatoren auffiel, einer Kriegsführung, gegen die die der Menschen ein beinahe vernünftiges Unterfangen zu sein schien, war, dass der Verlierer einen höllischen Lebenswillen bewies.
Dann sagte Lassiter: »Da kommt er.«
Ich hatte nichts gesehen, das diesen speziellen Augenblick von der qualvollen Warterei unterschied, die ihm vorausgegangen war, aber sie hatte recht. Der unterlegene Brachiator stürzte aus dem Überwuchs, fiel von dem Schauplatz seines letzten Kampfes zwei Meter in die Tiefe und prallte auf die Pritsche, wobei sein Rücken den größten Teil des Aufschlags aufzufangen hatte. Er zuckte nicht, wälzte sich nicht herum, wie wir befürchtet hatten. Er lag nur da, und die Überreste seiner Arme streckten sich immer noch dem Dach seiner Welt entgegen.
Die Porrinyards drückten synchron meine Schultern. »Eine Sekunde, Counselor. Ich möchte mich vergewissern, dass keine Gefahr droht.« Dann gingen sie zum Heck, stellten sich am hinteren Ende des Passagierraums auf, musterten die Gestalt auf der Pritsche und kehrten mit einheitlich ernsten Mienen zurück. »Er lebt, aber nicht mehr lange. Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas zu befürchten haben.«
»Das ist höllisch grausam«, murrte Lassiter.
»Warum sollte es das sein?«, fragten die Porrinyards. »Er wird in ein paar Minuten tot sein, ganz gleich, was passiert. Er wird diese Zeit unter Schmerzen und Angst verbringen, gleich, was passiert. Dagegen können wir nichts tun, gleich, was passiert. Wir haben nur dafür gesorgt, dass er seine letzten Minuten mit uns statt im freien Fall verbringt.«
Lassiter ließ sich nicht so einfach besänftigen. »So, wie ich das sehe, ist es schlimmer.«
»Wenn das so ist, dann werfen wir ihn eben über Bord, sobald der Counselor hat, was er braucht. Umso mehr ein Grund, sie in Ruhe arbeiten zu lassen. Counselor?«
Meine Knie krachten, als ich mich erhob. Im Angesicht des Todes war ich plötzlich von einem ungewöhnlichen Zaudern ergriffen, und das, obwohl ich schon so viele hatte sterben sehen. Ich vergeudete ein oder zwei Sekunden damit, meinen Rücken zu dehnen, ehe ich die anderen allein ließ, um
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