Halbgeist: Roman

stopfen. Das Beste an dem Plan war, dass er Ihre Vergehen wirkungsvoll verschleierte und ihn zu einem Komplizen machte, ohne dass er in irgendeiner Form aktiv hätte zustimmen müssen. Der Mann hatte nicht die geringste Ahnung, was los war, bis Robin und Li-Tsan es ihm erzählten. Und da saß er schon genauso in der Falle wie die beiden, denn er konnte Sie nicht mehr bloßstellen, ohne sich selbst und seine Leidensgenossinnen mit hineinzuziehen.«
    Gibb bebte. »Das ist ... eine abenteuerliche Theorie, Counselor.«
    »Oh, bitte«, sagte ich. »Denken Sie ernsthaft, ich würde Sie auf diese Weise konfrontieren, wenn das alles nur haltlose Vermutungen wären? Als ich das Muster einmal erkannt hatte, war es nicht mehr schwer, zwei oder drei Dienstverpflichtete auszumachen, deren Akten mir besonders verdächtig erschienen. Und die waren nur allzu bereit, im Gegenzug für Immunität und die Zusage, dass sie ihre Boni behalten könnten, eine Aussage zu machen. Den gleichen Deal habe ich auch Fish, Crin und D'Onofrio angeboten, und die haben in null Komma nichts zugestimmt. Um genau zu sein, Li-Tsan war, als sie erfahren hat, dass ihr keinerlei Konsequenzen drohen, regelrecht erleichtert. Wir sind jetzt Freunde. Ich habe ihre eidesstattlichen Aussagen bereits hochgeladen, und irgendwie glaube ich, es wird mir nicht schwerfallen, noch weitere Zeugen zu finden.« Ich rückte nahe genug an ihn heran, um den sauren Angstschweiß zu riechen, der ihm aus den Gesichtsporen drang. »Niemand ist gern Eigentum, Mr. Gibb, das weiß ich aus leidvoller Erfahrung. Manche hassen ihre Dienstverpflichtung so sehr, dass sie alles dafür tun, ihre Dienstzeit zu verkürzen. Diese Tatsache haben Sie dazu benutzt, einen Außenposten von höchster diplomatischer Bedeutung in Ihr persönliches Bordell umzuwandeln.«
    »Ich habe nie irgendjemanden gezwungen ...«, begann er.
    Ich fiel ihm ins Wort: »Denken Sie, ich habe die Absicht, Sie für die Ausbeutung dieser Leute zur Verantwortung zu ziehen? Bitte. Bleiben wir doch realistisch. Sie haben vollkommen recht: Sie haben sie nicht gezwungen. Sie alle wussten, was sie taten, und da ich Prostitution nicht zwangsläufig als Verbrechen betrachte, respektiere ich weitestgehend den Fleiß jeder Frau, die bereit ist, all ihre Aktiva einzusetzen, um ihre Zeitschuld so schnell wie möglich abzubauen. Außerdem weiß ich den guten Geschmack der Frauen zu schätzen, die Sie nur auf Basis regulärer Bestechungen in Ihre Nähe kommen lassen. Hätten Sie die beiden mit irgendeinem anderen rechtmäßigen Zahlungsmittel entlohnt, würde ich mit den Schultern zucken und mir sagen: Na ja, so hat jeder seinen Schnitt gemacht. Übereinkunft zwischen erwachsenen Menschen und so weiter.
    Meine Toleranz gegenüber der Art, in der Sie diese drei Personen faktisch gefangen gehalten und ihre Zukunft verbaut haben, ist erheblich geringer. Das finde ich ekelhaft, und es macht jede auch nur entfernt denkbare Möglichkeit zunichte, dass ich wenigstens ein bisschen Verständnis für Sie zeigen könnte.
    Aber, Sir, auch das ist nicht Ihr Verbrechen.
    Ihr Verbrechen«, fuhr ich fort und verlieh dem Wort einen explosiven Klang, »war die Veruntreuung von Zeitguthaben des Dip Corps. Das wiederum ist Eigentum der ganzen Menschheit. Sie haben es veruntreut und zu Ihrem eigenen Vergnügen vergeudet, indem Sie die angebotenen Dienste übertrieben hoch entlohnt haben.«
    Meine nächsten Worte hielt ich zurück, so lange ich konnte, und wartete darauf, dass die Situation in der Luft zwischen uns Gestalt annahm.
    Seine Lippen zuckten tonlos und formulierten einen Widerspruch, der ihm nicht viel hätte helfen können.
    »Wenn ich«, sagte ich nun, »eine bestimmte Botschaft, die bereits im Hytex-Netz steht und darauf programmiert ist, morgen an das Dip Corps geschickt zu werden, nicht aufhalte, dann wird New London diese Zeit zurückhaben wollen. Nun könnten Sie natürlich hingehen und die Zeit wieder den Verträgen all der beteiligten Frauen aufbürden, aber ich habe Ihnen verdeutlicht, dass das zu erheblichen buchhalterischen Kopfschmerzen führen und zudem eine reichhaltige Quelle für Rechtsstreitigkeiten aller Art darstellen würde, wobei auch die Frage zu klären wäre, wie bestenfalls Ihre unautorisierten Boni von allen legitimen Zeitboni unterschieden werden können, die sich die Dienstverpflichteten dieser Station möglicherweise ehrlich verdient haben. Ich werde außerdem darauf hinweisen, dass das Dip Corps, sollte es jeden