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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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öffnete, kribbelten meine Handflächen unter dem Einfluss des wieder freigegebenen Blutflusses. Was mir dumm vorkam. Panik ist kein guter Überlebensmechanismus, wenn sie sich so ahnungslos zeigt, ihren Träger zu überzeugen, er könne einen tödlichen Sturz einfach niederprügeln.
    Die kreiselnden Wolken unter mir bewegten sich langsamer und kamen schließlich zum Stillstand, nur um gleich darauf die Richtung zu ändern, als mein Tau sich entzwirnte. Dieses Mal folgten sie dem Uhrzeigersinn. Was keineswegs weniger desorientierend wirkte, aber immerhin für Abwechslung sorgte.
    In Panik zu geraten hatte keinen Sinn, also aktivierte ich mein Kehlkopfmikro. »Oscin, Skye? Ich habe, was ich brauche. Bin abholbereit.«
    Stille.
    Wieder aktivierte ich das Mikrofon. »Oscin? Skye?«
    Nun meldeten sie sich, etwas brüsk und asynchron. »Ich empfange dich, Andrea, aber ich bin gerade ein bisschen beschäftigt.«
    Das war nicht das, was ich hatte hören wollen. »Was ist los?«
    »Ich werde angegriffen.«
    Ich hatte einen Knall gehört, war aber zu sehr damit beschäftigt gewesen, meine eigene Furcht unter Kontrolle zu bringen, um in dem Geräusch irgendetwas anderes zu erkennen als das ständige Umgebungsdonnern von One One One. Nun wurde mir klar, dass das Geräusch lauter gewesen war und näher als irgendeiner der Stürme je zuvor. »Von wem?«
    »Sei bitte still, Andrea. Das hier ist schwere Arbeit, sogar für zwei Köpfe.«
    Ich kreiselte um mein Ende des Taus und suchte in der Luft nach Hinweisen auf einen bedrängten Gleiter. Für einen langen beängstigenden Moment konnte ich nichts sehen: Da war einfach zu viel Himmel, zu viele Wolken, zu viele ferne Flecken auf dem Weg zu irgendeinem unbekannten Ziel. Dann erklang gleich rechts von mir erneut so etwas wie gedämpftes Donnern, und ich wirbelte herum und suchte nach dem Ursprung des Geräuschs.
    Ich sah einen grauen Fleck, der nur einen Gleiter auf seinem Weg durch den Himmel darstellen konnte, gerade tausend Meter unter mir, und ein helles Objekt, zu klein für einen Transporter, das ihm in kurzem Abstand folgte. Zwischen ihnen erblühte eine leuchtend rote Blume und erlosch: eine Luftdetonation irgendeiner Art. Das purpurne Nachbild verblasste gerade, als das Geräusch zu mir vordrang: ein gedämpfter, beinahe drolliger Knall, der eher nach einem Blindgänger als nach einer realen Explosion klang. Noch während ich hinsah, schien es mir, als würde der Gleiter wackeln. Dann fing er an, sich um die eigene Achse zu drehen, ehe er steil nach unten schoss.
    »Nein!«, brüllte ich.
    Oscin meldete sich. Er sprach allein mit ruhiger, aber gestresster Stimme. »Bitte, Andrea. Sollten wir wirklich befürchten, dass wir sterben müssen, dann werden wir dich ganz sicher informieren.«
    Der Gleiter entschwand meiner Sichtweite, lange bevor er die Wolken erreicht hatte, und die optische Vernebelung durch die Atmosphäre verschleierte seine exakte Position in Relation zu den brodelnden Stürmen. Selbst die Explosionen waren nur noch schwer erkennbar. Als jedoch ein blendender Lichtblitz den Himmel erleuchtete, war ich so überzeugt, dass der Gleiter hochgegangen war, dass ich tatsächlich aufschrie.
    Ich fühlte, wie etwas an meinem Rücken zupfte.
    Als ich aufblickte, sah ich, dass noch mehr im Gange war. Die Brachiatoren hatten meine Sicherheitsleine erreicht und sich um sie herum versammelt. Freund der Halbgeister untersuchte sie mit seinen Klauen, während er sich bemühte, ihre Bedeutung zu erfassen. Sie mussten ein wenig verwirrt sein. Immerhin war ihre Perspektive recht einseitig: Sie sahen lediglich die Leine und ihre Verankerung, aber sie konnten nicht herabblicken und mein verwundbares kleines Ich sehen, das wie ein unnützer Anhänger am Ende einer Kette im Nichts baumelte. Und selbst wenn sie es könnten, würden sie mich vermutlich nicht wieder heraufziehen. Ihre Muskeln waren zum Festhalten geschaffen, nicht zum Hochziehen.
    Das zumindest hoffte ich.
    Wieder flammte ein Lichtblitz in der Tiefe auf.
    »Waren nicht wir«, sagte Oscin. »Aber es war knapp.«
    »Irgendeine Idee, was zu tun ist?«
    »Massenweise. Aber wir brauchen noch ein paar bessere. Das hier ist nur ein träger alter Transporter. Wir haben weder die Waffen noch die Manövrierfähigkeit, um einen Luftkampf zu gewinnen, und unser Gegner scheint nicht viel Wert auf Fairness zu legen.« Was auch immer er danach sagte, es ging in einem lauten Dröhnen unter. Ich hörte nur noch: »...

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