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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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dazu hätten sie jeden Grund. Schließlich sehen sie allein schon durch das Fehlen einer entsprechenden Alternative so schuldig aus.«
    Ich kaute an einem Fingernagel. »Vielleicht kümmert es sie nicht, ob sie schuldig aussehen.«
    »Wir können ihnen keine menschlichen Beweggründe zuweisen, aber die Möglichkeit, dass sie schuldig wären und sich nicht darum scherten, ob sie schuldig aussehen, scheint mir mehr Sinn zu ergeben, als dass sie unschuldig wären und sich nicht um einen solchen Verdacht kümmerten.«
    »Außerdem gibt es auch Sicherheitsmaßnahmen von menschlicher Seite«, sagte Lastogne. »Im Hangar hält sich ganztägig Personal bereit, drei Mitarbeiter, die mit den Bedingungen im Habitat nicht zurechtgekommen sind. Sie sind für Reparaturen, Buchführung und die Bewirtung im Zuge von Ausfallzeiten zuständig, aber sie würden auch jeden melden, der versucht, an die Werkzeuge zu kommen.«
    »Sind die drei aus irgendeinem Grund über einen solchen Verdacht erhaben?«
    »Eher sind sie des Verdachts nicht würdig«, sagte Gibb in einem Tonfall spürbarer Geringschätzung. »Die Arbeit im Habitat hat sie beinahe umgebracht. Wenn Sie denken, irgendeiner von denen hätte seine Paralyse lange genug überwinden können, um sich in das Inventurprogramm zu hacken, sich das passende Werkzeug zu suchen, sich an den KIquellen-Sicherheitssystemen vorbeizumogeln, einen Transporter ins Habitat zu fliegen und dort einen kleinen mörderischen Sabotageakt durchzuführen, ohne jeden Grund, abgesehen davon, dass er herausgefunden hat, wie es geht, dann erwarten Sie zu viel.«
    Ich fragte mich, warum die Höhenängstlichen überhaupt noch vor Ort waren. So schwierig konnte es doch nicht sein, sie auszufliegen und ihnen eine andere Aufgabe zuzuweisen. »Was, wenn der Täter nur so getan hat, als leide er unter Höhenangst, um alles für einen Mord vorzubereiten, den er später zu begehen plante?«
    »Das hätte einen gewaltigen Haufen Vorausplanung erfordert. Alle drei wurden bereits vor mehreren Handelsmonaten für nicht einsatzfähig befunden, eine sogar vor ganzen zwei Jahren, noch bevor Santiago hier angefangen hat.«
    »Ich muss trotzdem mit ihnen sprechen.«
    »Das ist Zeitverschwendung.« Gibbs illusorische Überlegenheit, die mich so sehr an den verhassten Bringen erinnerte, ging mir allmählich auf die Nerven. »Aber damit war zu rechnen. Wir gehen davon aus, dass Sie mit ihnen und mit jedem anderen sprechen, und wir haben keinen Zweifel daran, dass Sie, wenn Sie das getan haben, zu dem gleichen Schluss kommen wie wir.«
    »Die einzige wahre Macht auf dieser Station liegt bei den KIquellen«, sagte Lastogne. »Sie unterhalten überall ferngesteuerte Geräte. Flachschirme, Flieger, Wartungsbots, Überwachungskameras. Geräte, deren Größe zwischen Baumaschinen und Nanotechnik angesiedelt ist. Hier vergehen keine fünf Minuten, ohne dass irgendetwas aus ihrer Fertigung vorbeisaust, um die eine oder andere Aufgabe zu erfüllen, was bedeutet, dass sie die Mittel und jede nur denkbare Gelegenheit hatten.«
    Mein Daumennagel knackte zwischen meinen Zähnen. »Aber sie streiten jede Tatbeteiligung ab?«
    »Selbstverständlich.«
    »Wie steht es um ihr Wissen? Selbst wenn sie nichts damit zu tun hatten, müssen sie doch etwas beobachtet ...«
    Gibb wurde mit jeder Antwort mürrischer. »Sie scheinen nicht daran interessiert zu sein, Zeugnis abzulegen.«
    »Trotzdem werde ich mit ihnen sprechen müssen.«
    »Damit rechnen sie«, sagte Lastogne. »Sie haben sogar um ein Gespräch gleich morgen früh gebeten. Ich werde Sie morgen als Erstes zu dem Treffen fliegen.«
    Ich wusste nicht recht, ob ich richtig gehört hatte. »Fliegen?«
    »Ganz richtig. So, wie Sie auch hergeflogen wurden.«
    »Wollen Sie mir ernsthaft erzählen, dass Sie bei all den ferngesteuerten Geräten, die kreuz und quer durch die Station fliegen - eines alle paar Sekunden, sagten Sie wohl -, nicht in der Lage sind, eine Verbindung zu ihrem Hauptsystem einzurichten und mir den Flug zu ersparen?«, fragte ich entgeistert.
    »Nein«, sagte Gibb. »Sie wollen Sie wieder in der Zentrale haben.«
    Das war von ihrer Seite bisher das sonderbarste und unverständlichste Verhalten, das mir je begegnet war. Entfernung war nicht von Bedeutung. Ich hatte schon früher mit ferngesteuerten KIquellen-Geräten zu tun gehabt, verkörpert vorwiegend durch die allgegenwärtigen Flachschirme auf zwei Dutzend Welten. Es schien geradezu idiotisch, dass sie die Regeln

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