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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Teil war leicht. Ich irrte mich nie in Hinblick auf Namen. Ich verwechselte die Leute, aber nicht ihre Namen. Er war Peyrin Lastogne, ganz klar.
    Aber warum fand ich dann keine Daten über ihn?
    Während ich mir darüber den Kopf zerbrach, blinkte der schwebende weiße Klecks auf wie ein einzelnes Zyklopenauge, statt mir eine nützliche Antwort zu liefern. Gleich darauf explodierte er, füllte den Raum mit blendendem Licht. Als die Helligkeit nachließ, tauchte ein neues Bild auf. Es war wieder ein von mir generiertes Bild; dieses Mal sah es aus, als hätte ich schwere Prügel bezogen. Mein Gesicht war ein Haufen von Schmerzen über Schmerzen, jeder Millimeter sichtbarer Haut war geprellt und mit Blut bedeckt. Meine Augen waren zugeschwollen, die Wangenknochen eingedrückt, der klaffende Mund eine Ansammlung zersplitterter Zähne. Jegliche Verletzungen unterhalb des Halses verschwanden unter meiner schwarzen Kleidung, aber in Anbetracht der Art, wie mein Abbild da stand, scheinbar bereit, jeden Moment zusammenzubrechen, wie es das rechte Bein bevorzugte und sich mit beiden Händen die Leibesmitte hielt, mussten sie genauso brutal und genauso hässlich sein. Sie zu verbergen gab der Fantasie Raum, sich das absolut Schlimmste vorzustellen und Bilder einer Frau zu produzieren, deren Körper eine einzige offene Wunde war.
    Die Animation tat einen einzigen, blinden Schritt. Dann, wie in einer furchtbaren, hellsichtigen Erkenntnis, stieß sie einen Schrei aus, erfüllt von der Gewissheit, dass alles, was sie bis dahin erlitten hatte, nur eine seichte Vorbereitung darauf war.
    Der obere Teil des Kopfes löste sich in einer Explosion aus Blut und Rauch auf.
    Die geschlagene Version meiner selbst fiel nicht um; sie stand nur da, benommen, alles oberhalb der Stirnmitte amputiert, und aus dem von Knochensplittern übersäten Gefäß, das von ihrem Schädel geblieben war, flossen Ströme von Blut.
    Dann taumelte sie voran und verschwand, als sie aus dem Rahmen des Darstellungsbereichs fiel.
    Ich blinzelte einige Male.
    Und murmelte erneut eine stille Antwort an den unbekannten Absender.
    Wir sehen uns.

6
    PORRINYARDS
    Am Morgen bewiesen die Sonnen von One One One den Anstand, allmählich heller zu werden, statt mit einem plötzlichen Lichtblitz aufzuwarten, der jedermann in dem Habitat geblendet hätte. Nach einer Nacht ohne Schlaf verbrachte ich diese Stunde damit, die ersten Stadien der Dämmerung zu beobachten, die durch das Material meiner Hängematte zu mir hereinsickerte und meinen Schatten immer schärfer an das Zeltdach projizierte.
    Als klar war, dass ich wieder eine Nacht überlebt hatte, stellte ich fest, dass ich schon Schlimmeres gesehen hatte.
    Als der Hytex mich informierte, dass mein Transportmittel eingetroffen sei, hatte ich mich bereits schallgereinigt, hatte das Plumpsklo in der Mitte der Hängemattenstadt benutzt (nach dem vermutlich grauenhaftesten Trip zur Toilette, den ich je erlebt hatte) und mir einen frischen schwarzen Anzug übergestreift. Als ich nun den Ausstieg im Boden der Hängematte öffnete, sah ich unter mir Lastogne und die Porrinyards in einem KIquellen-Gleiter, der um einiges eleganter aussah als der von gestern.
    Lastogne winkte mir zu. Er sah immer noch aus, als hänge er einem stillen Vergnügen nach. Die Porrinyards waren schwerer einzuschätzen, ihre Mienen gaben außer Liebenswürdigkeit rein gar nichts preis. Sie waren wieder identisch gekleidet, dünne Streifen eines schimmernden silbernen Gewebes über Brust und Hüften, aber nun, da ich sie aus der Nähe sah, stellte ich fest, dass sie nicht ganz so androgyn waren, wie sie mir aus der Distanz erschienen waren. Der Lendenschurz des Größeren, Stämmigeren war gerade stramm genug, um eine vielsagende Ausbuchtung zwischen den Beinen zu offenbaren, und unter dem Brustband des Kleineren versteckten sich zwei winzige Brüste, die unter all den hypotrophen Muskeln durchaus zu erkennen waren.
    Lastogne salutierte. »Guten Morgen.«
    Die Porrinyards grüßten mich mit einem gemeinsamen: »Counselor.«
    Ich blinzelte gegen einen plötzlichen Schwindelanfall an. »Guten Morgen. Fliegen wir zusammen zum Zentrum?«
    »Mr. Lastogne sagte, Sie wünschen mich zu sprechen.« Wieder hatten die Porrinyards im Chor gesprochen. Es schien weniger eine simultane Sprache als ein Stereoeffekt zu sein, bei dem jeder der beiden Phoneme, Wortfragmente und Vokalklänge zu den komplementären Lauten des jeweils anderen beisteuerte. Dieses Zusammenwirken

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