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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Plasmamesser«, sagte Fish. »Aber es hat nichts gefehlt. Das war das Erste, was wir überprüft haben.«
    »›Wir‹ meint Ihre kleine Gruppe?«
    »Nicht nur wir. Die Porrinyards haben alles beaufsichtigt, und Mr. Lastogne hat ein weiteres Mal alles kontrolliert. Sie haben keine Unregelmäßigkeiten entdeckt.«
    »Ich werde das überprüfen.« Und das würde ich auch, aber ich bezweifelte, dass mich das grundlegend weiterbringen würde. Jeder, der imstande war, sich in das Bestandsverwaltungsprogramm zu hacken, war auch in der Lage, seine Spuren gut genug zu verwischen, um keine Beweise zu hinterlassen, die bei einer oberflächlichen Untersuchung durch Leute wie mich gefunden werden konnten. Wild nachdenkend und ein halbes Dutzend weiterer Fragen verwerfend verlegte ich mich auf das Thema, das bewiesen hatte, dass es bei all den Leuten hier die heftigsten Emotionen hervorzurufen vermochte. »Was können Sie mir über Warmuth und Santiago erzählen?«
    Die drei Exilanten begegneten dieser unbedeutenden Frage mit dem gleichen Enthusiasmus, den sie einem nicht explodierten Sprengkörper entgegengebracht hätten. Sie wechselten einige Blicke und kamen zu dem gemeinschaftlichen Schluss, dass die Frage verdächtig roch, schauten dann mich an und kamen daraufhin zu dem Schluss, dass die ganze Sache hinterhältig schien, wandten den Blick ab und sagten sich offenbar, dass die Vermeidung jeglichen Augenkontakts auch nicht besser war als all ihre übrigen Optionen. Das alles fand innerhalb von zwei Sekunden statt, an deren Ende die drei keinen fixen Punkt mehr fanden, auf den sie sich konzentrieren konnten.
    Schließlich war es Li-Tsan, die beschloss, dass unverblümte Offenheit immer noch die beste auf einer langen Liste schlechter Alternativen war. »Santiago war ein hundertfünfzigprozentiges Miststück.«
    »Sie war gar nicht so übel«, widersprach Fish, »nicht so wie einige der anderen ... aber sie war auch alles andere als freundlich.«
    »Sie war ein hundertfünfzigprozentiges Miststück«, wiederholte Li-Tsan. »Gut, sie hat uns nie direkt verhöhnt, und sie hat nie irgendetwas getan, wofür wir sie festnageln konnten ... Aber was ihre Haltung betrifft, war sie die Schlimmste von allen. Die Zeit, die sie hier war, hat sie in einem Schlafkubus verbracht, hat sich geweigert, mit uns zu sprechen, und ist nur rausgekommen, um etwas zu essen. Alles, was sie gesagt oder getan hat, hat uns gezeigt, dass sie sogar einen Haufen Müll uns vorgezogen hätte.«
    »Ich mochte sie auch nicht«, sagte D'Onofrio. »Aber ich glaube nicht, dass die Art, wie sie mit uns umgegangen ist, etwas mit unserer Höhenempfindlichkeit zu tun hatte. Ich habe mich umgehört, wann immer einer der anderen hier war, und alle haben mehr oder weniger das Gleiche über sie gesagt: dass sie jeden so behandelt hat. Sie hat gesagt, was sie zu sagen hatte, getan, was sie zu tun hatte, und sich, so schnell es ihr mit einem gewissen Maß an Anstand möglich war, von einem abgewandt.«
    »Und Warmuth?«, fragte ich.
    Li-Tsan spuckte aus. »Die war noch schlimmer. Die hat uns ständig besucht, um nachzusehen, ob es uns gut geht.«
    Da war er wieder, der Zorn. Tief, verderblich und ungetrübt, ein Zorn, der Warmuth in das Zentrum all dessen stellte, was in Li-Tsans eigener Dienstzeit schiefgegangen war. »Und das haben Sie ihr übel genommen?«
    »Sie müssen doch inzwischen längst Bescheid wissen. Sie war empathiesüchtig. Mit ihr befreundet zu sein war kein besonderer Vorzug. Sie hat sich deshalb verwundbare Menschen ausgesucht, weil ihr das Macht verliehen hat.«
    »Ja, davon hörte ich bereits. Aber ist es nicht ziemlich schwer, das von echtem Mitgefühl zu unterscheiden?«
    »Echtes Mitgefühl«, sagte Li-Tsan, »ruft nicht den Eindruck hervor, missbraucht worden zu sein. Echtes Mitgefühl hinterlässt keinen üblen Nachgeschmack. Und es sorgt nicht dafür, dass man sich mit ihm schlechter fühlt als ohne.«
    »Trotzdem«, beharrte ich, »erklären Sie mir den Unterschied.«
    Li-Tsan schüttelte nur den Kopf und zeigte so sich und der Welt ihre Fassungslosigkeit angesichts meiner Unfähigkeit, etwas derart Offensichtliches zu begreifen.
    Nicht, dass ich gedacht hätte, sie läge falsch. Ich hatte den größten Teil meines Lebens als Ausgestoßene verbracht, und ich hatte auf die harte Tour gelernt, dass einige der Leute, die sich mit mir anfreunden und mir Verständnis entgegenbringen wollten, sich nur so verhielten, weil es ihnen das Gefühl gab, sie

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