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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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wären liebenswert, großzügig, mildtätig und ganz einfach etwas Besonderes. Ich war misstrauisch gegenüber jedermann geworden, der von mir wollte, dass ich mich öffnete, und argwöhnte bereits versteckte Motive, lange bevor ich irgendeinen Hinweis darauf hatte, dass sie tatsächlich existierten. Aber diese beinahe vollkommene Einmütigkeit im Hinblick auf Cynthia Warmuth war sogar für meine Begriffe ziemlich ungewöhnlich. Entweder beherbergte One One One die ausgewählteste Gruppe von Misanthropen im ganzen Universum, oder sie hatte aufrichtige Besorgnis schlechter als jedes andere menschliche Wesen vorgetäuscht, oder ...
    Oder was?
    Da war noch etwas ... etwas, das sich mir nach wie vor entzog.
    D'Onofrio sah zu müde aus, als dass er mir hätte helfen können. »Kommen Sie schon, Counselor. Ich weiß nichts über Sie, aber irgendwann in Ihrem Leben müssen Sie doch erlebt haben, wie es ist, wenn jemand Ihnen mit Mitgefühl begegnet. Nicht nur ein bisschen, nicht nur ein paar Minuten lang. Ich meine tiefstes, hingebungsvollstes, auffälliges Erbarmen, das bei jeder Gelegenheit hervorgezerrt wird, das wieder und wieder betont wird, als wären Sie zu blöde, es gleich beim ersten Mal wahrzunehmen, um schließlich von Neuem dargeboten zu werden, wenn Sie längst erkannt haben, worum es wirklich geht.« Er atmete einmal tief durch und stand auf, entfernte sich von dem Tisch, um das Schiff zu betrachten, das zu seinem Zuhause geworden war, seinem Gefängnis und dem Symbol seines größten Misserfolgs. »Manchmal tut das mehr weh, als allein gelassen zu werden.«
    Und für einen Moment verstand ich immer noch nicht. Ich wusste, das hatte mehr mit D'Onofrio zu tun als mit den anderen, aber ich begriff einfach nicht, was es war.
    Aber dann bewegte sich das Universum, und ein kleines Puzzlestück rutschte mit einer solchen Endgültigkeit an seinen Platz, dass ich verdammt nahe dran war, ein leises Klappern zu hören.
    D'Onofrio sah das Licht aufgehen. Er wandte den Blick von mir ab, von sich selbst in einem Maße angewidert, wie er es zu keinem anderen Zeitpunkt des Gesprächs gewesen war.
    Li-Tsan lachte nur ihr hässlichstes Lachen, eine Klangfolge, die irgendwo tief aus ihrem Inneren emporblubberte und den deutlichen Geschmack puren Gifts mit sich brachte. »Sex aus Mitleid. Je erlebt, Counselor? Wenn man's richtig macht, tut es mehr weh als jede andere Art ...«

10
    LASTOGNE
    Als unser Transporter in das Habitat zurückkehrte, reichte mir der erste frische Blick auf den weiten leeren Raum, mich erneut mit den verdauungsfördernden Auswirkungen eines seelenzerfetzenden Schwindelanfalls vertraut zu machen. Das und der schlichte organische Geruch der Biosphäre hätten mich beinahe übermannt. Ich hätte mich zu gern über die Seitenwand übergeben, aber die ionischen Schilde hätten nur alles zu mir zurückbefördert. Also schloss ich die Augen, zählte in Primzahlen bis hundert und vergnügte mich damit, ein weiteres Mal im Stillen all die Gründe zu rezitieren, warum ich Ökosysteme nicht ausstehen konnte.
    Die Porrinyards besaßen genug Anstand, über mein Unwohlsein hinwegzusehen, aber Lastogne rückte es effektvoll ins Zentrum der Aufmerksamkeit. »Ihre Farbe wechselt, Counselor. Brauchen Sie Medikamente?«
    Seit meiner Zeit als Gast auf Staatskosten hatte ich es nicht erlebt, dass mir so viele Leute unbedingt irgendwelche Medikamente andrehen wollten. »Nein, aber ich wüsste es zu schätzen, wenn Sie sich das amüsierte Grinsen aus dem Gesicht wischen könnten.«
    »Kommt nicht in Frage«, entgegnete Lastogne. »Übelkeit mag keine besonders lustige Erfahrung sein, aber unter nicht betroffenen Mitreisenden erfreut sie sich seit langem der ehrenvollen Tradition eines wahren Publikumssports.«
    Ich schmeckte Magensäure. »Allmählich begreife ich Ihre Haltung in Bezug auf Freundschaften.«
    »So?«
    »Selbstschutz. Wann immer Sie etwas in dieser Art von sich geben, hält ein Fremder Sie lediglich für ein gewöhnliches Arschloch. Ein wahrer Freund würde sich verpflichtet fühlen, Sie umzubringen.«
    »Sie haben recht. Das muss der Grund sein, warum ich es stets vermieden habe, mir wahre Freunde zuzulegen.« Er zögerte, überlegte kurz und platzte dann heraus: »Und, wie waren Ihre Befragungen bisher?«
    Was die Binsenweisheit veranschaulichte, derzufolge die hiesigen Bindungen vornehmlich dazu dienten, Informationen in beide Richtungen zu kanalisieren, nicht nur in eine. Er war hier, um sicherzustellen,

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