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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Unverfrorenheit als wegen ihrer Aufrichtigkeit den Atem. Ich beschloss, nicht auf ihn loszugehen, und lieferte ihm eine Antwort, wenn auch eine nicht ganz so aufrichtige: »Ich kenne keine Alienregierung, die mich nicht an die Bocai ausliefern würde.«
    »Oh«, sagte er ernüchtert. »War nur so ein Gedanke.«
    Und kein schlechter. Aber sein adoptiertes Volk, die Riirgaaner, gehörten zu denen, die am lautesten gefordert hatten, meine Immunität aufzuheben. Unter den Tchi gab es manche, die mich mehr hassten, als Sie sich vorstellen können. Die Bursteeni hatten zugestimmt, mich mit beschränkten Befugnissen arbeiten zu lassen, aber sie waren der Ansicht, ich sollte die Sache ein für alle Male vor einem Bocaier Gericht beilegen, eine Vorgehensweise, die ich mit Selbstmord gleichsetzte. Die K'cenhowten gewährten Flüchtlingen kein Asyl. Die Cid waren schlicht und einfach gruselig. Damit fielen die Großmächte mehr oder weniger flach. Einige der weniger machtvollen Spezies brachten mir sogar Mitgefühl entgegen, aber keine hatte genug Durchsetzungsvermögen, eine konzertierte Aktion womöglich mehrerer Spezies zu meiner Auslieferung abzuwehren. Die Konföderation würde das Dip Corps wenigstens nicht zwingen, mich auszuliefern, solange ich kein heißeres Thema darstellte, als ich es derzeit tat. Das Corps mochte mich nicht gerade lieben, und es mochte auch ein halbes Dutzend Mal kurz davor gewesen sein, mich aufzugeben, aber sie hatten meine Ausbildung finanziert und konnten sich darauf verlassen, dass ich Ergebnisse lieferte. Ich war ein Aktivposten, der so lange gehalten werden sollte, wie sie Verwendung für mich hatten.
    Und dann war da noch ein anderer Punkt, den ich nicht erwähnt hatte, ein Punkt, der alle anderen überwog.
    Selbst wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, wäre ein Überlaufen einer Kapitulation gleichgekommen.
    Ich war nicht gerade verrückt nach der menschlichen Rasse oder den Leuten, für die ich arbeitete, aber ich würde nie bereit sein, den Mistkerlen diese Befriedigung zu gönnen.
    Cif Negelein löste die Werbeversprechen um seine Person vollständig ein.
    Der Name seiner Heimatwelt war mir nicht bekannt, aber es musste ein recht exzentrischer Ort sein oder einer, der ihn zu seinen exzentrischeren Söhnen zählte. Gedrungen, halslos, glubschäugig und kopflastig trug er eine extreme Form der in Hängemattenstadt modernen Beinahenacktheit zur Schau, die sich unter Verzicht auf jegliche Art von Uniform mit einem dünnen Streifen schwarzen Stoffs um die Lenden begnügte. Sein Brustkorb und seine Arme waren derart pelzig, dass weitere Bekleidung in seinem Fall so oder so weitgehend überflüssig erschien. Sein Gesicht und sein Skalp waren hingegen so haarlos wie das Material, das plastische Chirurgen auf Welten ohne Zugang zur KIquelle Medizin bei Brandopfern applizierten. Offensichtlich diente es in Negeleins Fall dazu, um auf seiner Haut Platz für ein tätowiertes Essay in den sperrigen Buchstaben von Hom.Sap-Merkantil zu schaffen, das in kleiner Schrift ein persönliches Manifest zum Besten gab, welches in Form einer Spirale von einem Punkt knapp oberhalb der Brauen ausging und in Gestalt einer Ellipse an der höchsten Stelle seines Kopfes kulminierte. Wohlwollen, Wahnsinn oder eine Geste der tiefen Hingabe an eine Religion - ich wollte nicht einmal darüber nachdenken und stellte beinahe auf der Stelle Augenkontakt her. Bei meinen ersten Versuchen, ein Gespräch mit ihm in Gang zu bringen, drängten sich dennoch die Worte, die kopfüber von Schläfe zu Schläfe verliefen, immer wieder in den Vordergrund meines Bewusstseins und brachten mich mehrfach mitten im Satz zum Schweigen. Als ich kurz davor stand, ihn in eine Rotationsröhre zu packen und die Worte zu lesen, während er um die eigene Achse wirbelte, konzentrierte ich mich schließlich auf seine Lippen, sodass keine Besonderheit oberhalb seiner Nase noch eine Chance haben sollte, mich zu überwältigen.
    Negelein, ein talentierter Landschafts- und Porträtmaler, hatte keine Möglichkeit besessen, sich in seinen bisher achtzehn Dienstjahren mit konventionellen Werkstoffen einzudecken, aber er hatte Tausende von Werken geschaffen, indem er die immateriellen Pigmente auf projizierten virtuellen Medien mit Hilfe von Implantaten in seinen Fingerspitzen manipuliert hatte. Er sagte mir, er illustriere beinahe alles mit einem Fingerzucken, aus dem all seine Werke auf One One One hervorgingen: von plastischen Kopfbildern einzelner

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