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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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mich zu setzen.
    Ich auch.
    Fünf Minuten später kehrten die Vampire zu unserem improvisierten Stützpunkt zurück. Als Erste betrat Naomi die Höhle. » Ma reine , gut, dich wach und wohlauf zu sehen! Das hatte ich kaum noch zu hoffen gewagt.«
    »Ich bin auch froh darüber«, erwiderte ich. »Aber jetzt sollten wir aufbrechen. Vorher allerdings sollten wir eines klären: Ich bin nicht deine Königin . Es gibt keinen Grund, nicht den geringsten, mich so anzureden. Ich fühle mich nicht wohl damit. Ich habenicht über dich zu bestimmen. Wir beide gehen gemeinsam eine Aufgabe an. Ich habe dein Treueversprechen akzeptiert, aber das macht mich nicht zum Boss der Gang. Du solltest mir als freies, über sich selbst bestimmendes Wesen und aus freien Stücken folgen oder gar nicht.«
    » Alors , dich ma reine zu nennen ist allein ein Zeichen meiner Zuneigung.« Naomi lächelte. »Eudoxia habe ich nie so angesprochen. Wenn es dir nicht gefällt, denke ich mir etwas anderes für dich aus.«
    »Nenn mich einfach bei meinem Vornamen. Jessica reicht mir vollkommen«, schlug ich vor.
    »In meiner Welt darf, wer Macht besitzt, nicht mit seinem tatsächlichen Namen angesprochen werden. Denn Namen sind viel zu zaubermächtig, um laut geäußert zu werden. Ich will dein Leben nicht auf diese Weise in Gefahr bringen. Also bitte mich nicht darum. Aber ich werde mir eine Anrede für dich ausdenken, die dir gefällt.«
    »Ähm, na ja, meinetwegen.« Über Gefühle lässt sich nun einmal nicht streiten. Es hatte keinen Zweck, sie von ihrer Titelmanie abbringen zu wollen. Ich wusste auch, dass Hexen ihre Eigennamen für heilig hielten. Darum hatten sie alle Spitznamen. Ich beispielsweise kannte Marcys richtigen, vollen Namen nicht, und dabei war sie meine beste Freundin. Wölfe hingegen machten sich aus Namen nicht viel. Titel zu nennen und damit die Stellung im Rudel war allerdings unter uns Zeichen von Respekt. In diesem Moment sah ich im Augenwinkel eine Bewegung. Eamon drückte sich offenbar am Eingang der Höhle herum, ohne sie betreten zu wollen. Wie stets wirkte er verärgert. Oder entrüstet. Oder irgendetwas dazwischen. ›Echauffiert‹ war wahrscheinlich die am besten passende Beschreibung: Er regte sich sicher maßlos darüber auf, dass seine Schwester keine Vernunft annehmen wollte   – oder das, was er dafür hielt. Zugegeben: Ich war überrascht, dass er überhaupt hier war. »Wird dein Bruder uns begleiten?«
    Naomi drehte den Kopf zur Seite; ihr Gesicht zeigte auch im Profil deutliche Zeichen von Ermüdung. An Brüdern konnte man sich wirklich bis zur totalen Erschöpfung abarbeiten. Ich wusste das; schließlich hatte ich auch einen Bruder. » Oh oui. Aber er ist der Meinung, er stünde nicht mehr in deiner Schuld, denn er habe sie voll und ganz abgetragen. Ich sehe das anders und habe ihm das auch deutlich gemacht. Denn als mein Blutsverwandter muss er auch für meine Schuld dir gegenüber einstehen, ebenso wie umgekehrt das, was er jemandem schuldig ist, auch zu meiner Schuld wird. So gilt es von alters her. Er hat, wenn auch widerstrebend, zugestimmt, uns bis zum Portal von Selenes Zuflucht zu begleiten. Eh bien! Danach steht es ihm frei zu wählen, ob er bleibt oder geht. Ihm macht das, was geschehen ist, große Sorgen. Wenn die Königin mein Geheimnis erfährt, wird sie als Buße unser Blut und unsere Seelen fordern. Mein Bruder aber kann ohne einen Hof nicht überleben. Er hat keine große Wahl. Er kann uns begleitet, dein Blut trinken und dir Treue geloben. Oder er kann versuchen, vor der Königin zu fliehen, und wird, wenn ihm das gelingt, den Rest seiner Existenz auf der Flucht verbringen.« Sie zog die schmalen Schultern hoch.
    »Das taugt alles nicht als Argument, um mit fliegenden Fahnen zu uns überzulaufen, ich verstehe. Was ist, wenn wir so tun, als wärst du im Kampf gegen Selene gefallen?« Vorausgesetzt natürlich, wir alle überstehen diese Konfrontation bei lebendigem Leib. »Eamon könnte dann mit dieser Geschichte an den Hof zurückkehren. Käme er damit durch?«
    Endlich ließ sich Eamon dazu herab, die Höhle zu betreten. »Und was, wenn man dort herausfindet, dass meine Schwester quicklebendig ist? Dass das Band zwischen ihr und unserer Königin auf geheimnisvolle Weise für immer zerrissen ist und sich nie mehr neu knüpfen lässt? Zu behaupten, sie wäre tot, würde mir nur etwas mehr Zeit verschaffen. Bestenfalls ein paar Monate, aber sicher nicht mehr.«
    »Ich bin überzeugt davon, dass

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